- Buchhändlerin Susanne Weiß-Margis hat, was die KVB nicht rausrücken will: Fahrgastzahlen zum Expressbus.
Köln – Ein Gespräch, zwei Männern an einem Kiosk an der Aachener Straße Ecke Gürtel abgelauscht: „Luur ens, do sitz doch tatsächlich einer im 172er.“ Die Expertise ist den beiden Herren nicht abzusprechen. Sie können sich auf nahezu tägliche Beobachtungen der sogenannten Expressbuslinien 172 und 173 auf der Aachener Straße berufen. Aber es geht noch besser: Susanne Weiß-Margis, Inhaberin der Klarenbach-Buchhandlung, hat Protokoll geführt.
Seit der Einführung der neuen Linien zum Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember. Bus für Bus. Minutengenau. Und die Fahrgastzahlen am Ende jeder Zeile lassen einen Verdacht aufkommen, warum die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) sich hartnäckig weigern, Zahlen zu nennen. Denn die sprechen ein vernichtendes Urteil über den von CDU, Grünen und der Ratsgruppe Gut beschlossenen Expressbus (siehe Kasten).
Mindestens ein Jahr
„Es braucht mindestens ein Jahr, bis sich eine neue Linie etabliert.“ Das Mantra der KVB auf die Frage nach Fahrgastzahlen. Sollte der Verkehrsbetrieb allerdings hoffen, im Dezember Zahlen liefern zu können, die den Beschluss des grün-schwarzen Ratsbündnisses und den „Guten“ gutheißt, braucht es wohl noch ein Wunder.
Der 9. Januar 2020 war ein Donnerstag. Das Arbeitsleben in Köln hatte nach den Feiertagen wieder Fahrt aufgenommen. Aber nicht mit dem Expressbus. Der Eintrag von Susanne Weiß-Margis: Um 16.50 Uhr befindet sich an diesem Tag ein Fahrgast in der Linie 173. Um 18.05 ist der Bus sogar leer. Kaum besser geht es auf der 172 zu. 16.29: Fünf Fahrgäste.
Tage ähneln sich
Es könnten wahllos weitere Tage und Uhrzeiten aus dem Protokoll ausgewählt werden. Es ändert sich nicht viel. Am 17. Januar um 17.25 Uhr ein einsamer Spitzenwert. 30 Fahrgäste befinden sich nach Zählung der Geschäftsfrau und ihres Teams in dem Gelenkbus. Der ist 18 Meter lang und könnte gemütlich 140 Menschen aufnehmen.
Sollte das Wunder bis Dezember wider Erwarten nicht mehr eintreten, die KVB hat ein Argument zur Hand: „Corona verzerrt die Zahlen“, sagt bereits jetzt ein Sprecher. „Im Lockdown haben wir die Linien teilweise sogar ausgesetzt.“ Man könnte böse kontern: Damit sich Fahrgastzahlen signifikant verändern , müsste es erst einmalsignifikante Fahrgastzahlen geben. Susanne Weiß-Margis schaut in ihren aktuellen Listen nach. 10. August 2020, Linie 172, 16.20 Uhr: Zwei Fahrgäste. 18.27 Uhr: Fünf Fahrgäste.
Keinen Sinn auf der Aachener
„Absoluter Quatsch“, lautet folglich das Urteil der Buchhändlerin zu den Expresslinien Sie hat nichts gegen Busse. „Da, wo sie Sinn machen.“ Auf der Aachener würden sie keinen Sinn machen und sie sei die Leidtragende: „Die Klarenbach-Buchhandlung gibt es seit über 70 Jahren. Wir haben Stammkundschaft auch im Umland. Aber wegen der Expressbusse kann bei uns keiner mehr parken.“
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Ines Buschmann, Apothekerin und Sprecherin der IG Braunsfeld kennt die Zahlen von Susanne Weiß-Margis. Und ich weiß, dass es in der Stadtverwaltung auch Fahrgastzahlen gibt“, sagt sie. Um so weniger kann sie verstehen, dass nun die Expressbuslinie sogar noch umgebaut werden soll.
Die Verwaltung plant, im Bereich der Hermann-Pflaume-Straße eine Nase des Bürgersteigs, die in die Straße ragt, zu entfernen, damit der Bus besser durchfahren kann. „Ein Bus, in dem keiner sitzt. Da fasst man sich doch an den Kopf.“