Das Kölnische Stadtmuseum präsentiert im früheren Modehaus Sauer eine komplett neu konzipierte Dauerausstellung. Acht emotionale Fragestellungen ersetzen den chronologischen Ansatz.
Völlig neu konzipierte AusstellungKölner Stadtmuseum im Interim feierlich wiedereröffnet
Fast drei Jahre ist es her, dass das Kölnische Stadtmuseum im alten Zeughaus endgültig seine Pforten schloss, schon 2017 war der Ausstellungsbetrieb nach einem Wasserschaden praktisch zum Erliegen gekommen. Und auch der Umbau des früheren Modehauses Franz Sauer gegenüber der Minoritenkirche zu einem Übergangsquartier für das Museum zog sich angesichts zahlreicher Lieferprobleme in die Länge. Doch nun hat das Warten ein Ende.
Am Freitagabend wurde die völlig neu konzipierte Dauerausstellung feierlich eröffnet – sie katapultiert das Museum mit einem Schlag auf eine ganz andere Ebene. Anstatt die 2000-jährige Geschichte der Stadt bloß chronologisch nachzuerzählen, haben die Kuratoren Stefan Lewejohann und Sascha Pries, unterstützt von Vize-Direktorin Silvia Rückert und Direktor Matthias Hamann, der erst vor fünf Monaten die Leitung übernahm, die Präsentation anhand von acht emotionalen Fragestellungen strukturiert: Was lieben wir? Was glauben wir? Was verbindet uns? Was bewegt uns?
Dieser Ansatz erlaubt ungewöhnliche Kombinationen aus unterschiedlichsten Objekten. So hängt der glänzende Harnisch des Reitergenerals Jan von Werth aus dem Jahr 1640 – herrlich inszeniert vor einem rosa Hintergrund – vis-à-vis des gleichnamigen Autos von 1902, und nicht weit entfernt können Besucher selbst ausprobieren, wie es ist, eine Hänneschen-Stockpuppe zu führen. Auch die düsteren Kriegszeiten werden nicht ausgespart – von preußischer Pickelhaube über Adenauers Kriegsbrot bis zur originalen KZ-Kleidung ist alles dabei.
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„Das Team hat sich entschlossen, die Dramen und Komödien des Zusammenlebens in dieser Stadt als ein Nebeneinander und Miteinander zu inszenieren. Das kann natürlich nur geschehen, wenn die Bestände es hergeben, und unsere Bestände, die das Haus seit 1888 sammelt, geben das her“, stellte Hamann selbstbewusst fest. In der Erzählung, die man vorschlage, stehe „der Kampf um Macht, stehen Hochmut und Demütigung, Liebe und Fürsorge, Stolz und Leidenschaft, Lust und Genuss in einem engen Beziehungsgeflecht zueinander“.
Los geht es im Foyer, das als „Open Space“, als offener Raum, ohne Eintritt öffentlich zugänglich ist. Wobei sich der Eintritt mit fünf Euro für Erwachsene und ermäßigt drei Euro ohnehin in einem niedrigschwelligen Bereich bewegt. Neben Kasse, Schließfächern und Museums-Shop bietet das Foyer Platz für Veranstaltungen und kleine aktuelle Präsentationen. Man plane zum Beispiel etwas anlässlich der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft, kündigte Rückert an.
Ein halbes Geschoss darüber können sich die Besucher einen kurzen Überblick über Kölner Stadtgeschichte verschaffen – in rund 30 Minuten. „Wer schnell ist, schafft es in 20 Minuten“, so Hamann.
Im Zentrum wartet hier das große Stadtmodell des mittelalterlichen Kölns auf die Besucher, das schon früher im Zeughaus ein Publikumsmagnet war. Neu ist aber eine digitale Anwendung. Mit Hilfe von Tablets und einer „Augmented Reality“-Software kann man sich zum Beispiel die Ausdehnung der Stadt in verschiedenen Epochen oder den Wasserverbrauch seiner Bürger im Laufe der Geschichte anzeigen lassen. Bei den Römern waren es übrigens rund 685 Liter pro Person und Tag – weitaus mehr als heute. Jedenfalls so lange, wie der Aquädukt aus der Eifel noch intakt war.
Barrierefreiheit wird groß geschrieben
In dem kurzweiligen Raum sind einige absolute Highlights aus der Stadtgeschichte zu bestaunen, darunter das gotische Stadtsiegel von 1288 und gleich daneben der Verbundbrief von 1396 – „das beste erhaltene Exemplar, das wir überhaupt noch haben“, betonte Hamann. Und es gibt auch ein spezielles Angebot für Sehbehinderte. Sie dürfen eine Nachbildung einer Büste der Agrippina mit ihren Händen erkunden. Überhaupt legt das Haus großen Wert auf Barrierefreiheit, etwa mit taktilen Leitsystemen und speziellen Audioguides.
Es ist kein Zufall, dass sich in dem Raum auch historische Kopfbedeckungen vom Römerhelm bis zur Mütze aus der französischen Revolutionszeit befinden. Immerhin befinde man sich ja in einem ehemaligen Modehaus, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei der Eröffnung mit einem Augenzwinkern. Und mit einem Augenzwinkern solle man hier auch auf die Stadtgeschichte blicken, so Reker.
Doch so schön die neue Präsentation auch geworden sei – ein Standort auf Dauer werde die 750 Quadratmeter große Ausstellung nicht sein, unterstrich die OB. „Es ist kein Dauerdomizil. Unser Ziel ist es, für das Kölnische Stadtmuseum einen neuen langfristigen Wirkungsort zu finden und zu gestalten, der weit über dieses Schaufenster hinausgeht.“ Reker brachte erneut das Zeughaus ins Spiel. Doch erst dürfte die Suche nach einem Raum für große Sonderausstellungen andauern. Der fehlt nämlich.