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Kölner TanzbrunnenHelge Schneider bleibt sich treu

Lesezeit 3 Minuten
Helge Schneider plus Band improvisieren musikalisch, Sergej Gleithmann untermalt dies durch graziles Turnen.

Helge Schneider plus Band improvisieren musikalisch, Sergej Gleithmann untermalt dies durch graziles Turnen.

Helge Schneider bleibt sich treu, ohne berechenbar zu sein: Im Kölner Tanzbrunnen gibt er eine wunderbare Vorstellung jenseits aller Gattungsgrenzen.

In der deutschen Musik- und Comedylandschaft hat sich über die letzten drei Jahrzehnte viel verändert: Tabuthemen, hohe Ticketpreise sowie unzählige TV-Comedians haben die Szene nachhaltig verändert. Nur einer macht seit über 30 Jahren sein Ding, auf unnachahmliche Weise. So auch am Freitagabend im Tanzbrunnen, wo Helge Schneider einmal mehr Improvisationstalent, musikalische Freiheit, Blödeleien und dadaistische Elemente zu einem Helge-typischen Cocktail mixte.

Nach 16 Studioalben und 30 Singles hatte der Schneider so manchen alten Hit im Gepäck, der ihm vor Jahrzehnten zu Bekanntheit und Erfolg verholfen hatte: „Katzeklo“ oder „Telefonmann“ waren in den Neunzigern TV-Hits, die jeder Schuljunge mitträllern konnte. Und so ist sein Publikum auch mit ihm älter geworden – reifer ist Helge jedoch lange nicht. Unter dem Deutzer Abendhimmel machte er immer noch die unvorhergesehenen Dinge, die sein Publikum liebt, egal ob 16 oder 60.

In ständiger Bewegung

Nach einem musikalischen und jazzigen Einstieg würzt Helge seine Intros und Ankündigungen gerne mit Erzählungen aus dem Alltag und speziellen Anspielungen.  In seinem viel zu engen Anzug im verblassten Rotton ist Helge in ständiger Bewegung auf der Bühne, beobachtet das Publikum ganz genau („Die drei Damen, die eben aufgestanden sind, werden sicherlich gleich hinter die Bühne geleitet.“) oder schweift in seinen Kommentaren ab. („Das nächste Lied heißt Horses. Ich fahre ja immer auf der Autobahn mit Tempo 80 hinter den Pferdetransportern her, auf der mittleren Spur.“)

Wer den Meister gnadenloser Ironie nur an seinen alten Hits misst, tut ihm unrecht. Zum einen, weil er auch viel Neues von seinem aktuellen Album „Toronto“ im Gepäck hat. Zum anderen, weil er ein wunderbarer Jazz-Musiker ist, der schon mit vielen internationalen Größen gejammt hat, und auch in Deutz Hits von Dizzy Gillespie (Night in Tunisia“) und Arthur Crudup („My Baby left me“) in ganz eigenen Versionen präsentiert.

Immer wieder neue Details

Zu den musikalischen Höhepunkten gehört die Darbietung des Titelstücks „The Last Torero“, mit Helge an der Gitarre im Duett mit seinem Gitarristen Sandro Giampietro, begleitet von Willy Ketzer am Schlagzeug und Reinhard Glöder am Bass. Als Stargast begeistert einmal mehr Sergej Gleithmann: Zum einen an der kratzigen Violine bei „Meisenmann“, wie auch als Turner im hautengen, knatschblauen Turnanzug. Nebenbei erwähnt Helge, dass ihm die Band am Morgen vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellt wurde, er Schlagzeuger eigentlich nicht mag, weil seine Freundin im Alter von 15 Jahren mit einem Schlagzeuger durchgebrannt sei und er nur deswegen einen in der Band habe, weil es so im Vertrag stehe.

Über zwei Stunden lang fesselt Helge Schneider gemeinsam mit seiner Band das Publikum, mit einer langen Pause zwischendurch. Es gibt einiges an diesem Abend unter dem Titel ,,Der letzte Torero – The Big L.A. Show“ am Tanzbrunnen, das man zum x-ten Mal gehört und gesehen hat bei Helge Schneider. Und dennoch entdeckt man immer wieder neue Details beim fast 68-jährigen Künstler, immer wieder gelingen ihm auch originelle neue Lieder und Texte („L.O.T.C.“, „The Wizard“). Schneider erschafft sich seit über 30 Jahren seinen eigenen chaotischen Kosmos, der dennoch Struktur und Wiedererkennungseffekt genug besitzt, um als Erfolgsrezept durchzugehen und jedes Mal aufs Neue zu begeistern.