Nach 52 Jahren verabschieden sich die letzten beiden Gründungsmitglieder der Bläck Fööss. Bömmel Lückerath und Erry Stoklosa spielten groß auf - und wollen nicht so ganz gehen.
Bläck-Fööss-SilvesterkonzertSo emotional verabschieden sich Bömmel und Erry
Arm in Arm steigen Erry Stoklosa und Bömmel Lückerath die Treppen zur Mittelbühne in der Lanxess-Arena hinauf zu ihrer Band. Tosender Applaus der 12 500 Konzertbesucher empfängt die letzten beiden Gründungsmitglieder der Bläck Fööss, die sich in dieser Silvesternacht verabschieden werden. Der kurze feierliche Moment löst sich schnell auf in die Ausgelassenheit einer Jahreswechselsause. Erry eröffnet die Show mit dem Jubiläumslied „50 Johr“, einem Medley aus den größten Hits der Mutter aller kölschen Bands. Es hat aufgrund der Pandemie 50 plus zwei Jahre gedauert bis die legendäre Mundart-Band endlich ihr Bühnenjubiläum feiern konnte: mit drei spektakulären Konzerten auf dem Roncalliplatz und zum krönenden Abschluss an Silvester in der Arena. Den ganzen Abend über soll es so bleiben, dass der neue Sänger Mirko Bäumer überwiegend Erry Stoklosa die Frontmann-Position überlässt.
Früh in dem dreieinhalbstündigen Konzert kommen Hits wie „Drink doch ene met“, „Unsere Stammbaum“, „Kölsche Bröck“ oder „Pütze Hein“. Bömmels Solo „Wenn et Leech usjing im Roxy“ bringt das Publikum zum Tanzen. Dazwischen gibt es neuere Lieder wie „Jupp vom Zoll“ mit Mundharmonika-Einlage von Erry und die Ballade „Buchping vun Heimwih“ vom Jubiläumsalbum, für die Komiker Hape Kerkeling Pate stand. Ein freudiges Raunen, dann Jubel, läuft durch die Arena, als Mirko Bäumer „Katrin“ ansagt. Doch die Mischung von Fööss-Klassikern und neuen Liedern gefällt nicht allen. „Ich bin etwas enttäuscht, erst beim Buuredanz habe ich wieder so richtig zugehört“, sagt Wilma, 73, die mit Nichte Angelika, 64, aus dem deutschsprachigen Belgien angereist ist, in der ersten Pause.
„Die Stimmung im Publikum ist schön bei den alten Liedern, bei den neuen weniger“, meint auch Angelika, deren Vater gebürtiger Kölner ist. Wilmas Erwartungen sollen sich bald erfüllen. Bömmel singt die rockig aufgepeppte Hommage ans rechtsrheinische Köln „Schäl Sick“, Erry den Cha-Cha-Cha von 1978 „En d“r Kaffeebud“. Dezent weist der 75-jährige Erry auf das hin, was die Nachfolge-Generation Neues zu bieten hat. „Raudi, du musst zu deinem Eierschneider zurück“, fordert er Christoph Granderath auf, sich für „Lange Samstag en d“r City“ die Lap-Steel-Gitarre auf den Schoß zu legen.
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Der Hawaiigitarren-Sound findet so viel Anklang, dass Erry den scherzhaften Warnhinweis ausgibt: „Klatscht nicht zu viel, sonst will der morgen mehr Geld.“ Dem eigenen Alter, das der Grund für den Abschied von der großen Bühne ist, gewinnt der 73-jährige Bömmel humorvolle Seiten ab. „Wir haben uns vor den Spiegel gestellt, um zu luure, wie wir uns in den 52 Jahren verändert haben und haben festgestellt: eigentlich kaum“, löst eine Lachsalve aus, die ins Schunkeln zu „He deit et wih un do deit et wih“ übergeht. Die beiden letzten Ur-Fööss drehen umso mehr auf, je näher der Höhepunkt rückt. In der Pause fürs Neujahrsfeuerwerk spielt sich Romantisches ab.
Dudelsackspieler Martin Fischer, eben noch bei „Du bes die Stadt“ zu hören, macht die Musik zum Heiratsantrag zwischen Maggie Hüllenhütter und Michael Königshoven. Vor acht Jahren hat sich das Paar am selben Ort verlobt. Und sie sind nicht die einzigen, die bei einem Bläck-Fööss-Konzert ein familiäres Ereignis feiern: Im Publikum hat die Band bereits das Silberhochzeitspaar Petra und Holger begrüßt. „Wir lieben euch“, ruft das Publikum Bömmel zu, der sein altes rotes Jackett übergestreift hat für „Moni hat geweint“, ein musikalisches Heino-Erbstück. „Ich liebe mich auch“, kontert der Ur-Fooss. Das Meiers Kättche radelt noch vorbei, das Wasser vun Kölle wird gepriesen, auf die Achterbahn und nach Spanien geht es noch, bevor der Abschied naht. Erry und Bömmel werden auf Barhockern platziert. „Schön dat mir noch zosamme sin“ singt Mirko Bäumer. Zuckende Mundwinkel und die Hand auf dem Herzen verraten Rührung. Handylichter gehen an in der Arena.
„Ich möchte mich bei euch allen bedanken, dass wir so lange musizieren und euch Freude machen durften“, sagt Erry. „Kriesch doch nit“ Anflüge von Wehmut lösen sich nach „Bye bye my love“, dem Ahl-Säu-Samba und „En unserem Veedel“. Erry und Bömmel lächeln beim letzten Song „Kriesch doch nit“. Blumen und Porträts aus Pixeln von Fotos aus ihrer langen Karriere schenkt die Band. Den Musiker-Kollegen und dem Publikum, das mit Taschentüchern winkt und Danke-Schilder hochhält, applaudierend drehen sie Runden um die Bühne. Doch niemals geht man so ganz: In kleinem Rahmen, im Karneval und auf Brauchtumsveranstaltungen, soll es ein Wiedersehen mit Erry und Bömmel geben.