Golrokh Esmaili Akkus ist interkulturelle Trauerbegleiterin und steht Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen in schweren Zeiten zur Seite.
„Wir sind Köln“Kölnerin bietet Unterstützung für trauernde Menschen verschiedenster Kulturen
Mit Trauer kennt sich Golrokh Esmaili Akkus aus. Ihre Omas und Tanten starben, als sie 5000 Kilometer entfernt von ihr waren. „Das ist erschwerte Trauer“, sagt sie. Wenn Menschen Angehörige verlieren, aber nicht vor Ort seien, erschwere das den Trauerprozess. Sie können oft nicht auf die Beerdigung gehen, einen letzten Blick auf den geliebten Menschen werfen und Abschied nehmen.
Das könne zu Verdrängung führen: „Man kann das hier ausblenden, aber dann überrollt es einen“, so Akkus. Beziehungsorte oder Rituale geben der Trauer einen Raum und helfen dabei, in Verbindung mit den Verstorbenen zu bleiben. Akkus praktiziert dafür Dankbarkeitsrituale. „Die Frauen in meiner Familie waren sehr stark, mutig und unabhängig“, sagt die 47-Jährige. Das habe sie geprägt: „Die sind immer um mich herum.“
Trauerbegleiterin veranstaltet Wein-Abende für Betroffene
Akkus ist interkulturelle Trauerbegleiterin im Trostteam in Köln. Sie steht Menschen in Trauerprozessen zur Seite. Interkulturell bedeute Vielfalt. „Ich möchte Menschen mit Migrationshintergrund die Hemmungen nehmen“, sagt sie. In einigen Kulturen sei der Tod stark tabuisiert, so wie im Iran. Dort seien die Menschen immer nach vorne gerichtet, positiv. Viele lernen nicht, über Trauer zu sprechen, aber sie wollen reden. Man müsse nur die Bedingungen schaffen, so Akkus.
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Dazu hat sie ein Set an Trauerkarten entwickelt, das auch Motive wie eine Moschee oder Chanukkaleuchter abbildet. „Damit sich jeder wiederfinden kann“, sagt sie. Trauernde suchen sich ein passendes Motiv aus, das zu ihrer Gefühlslage passt. Darüber kommen sie ins Gespräch. Mit ihrer Kollegin und ebenfalls Journalistin Lisa Harmann veranstaltet sie ab August Wein-Abende in Köln, an denen Trauernden gemeinsam weinen können.
Kölnerin setzt sich für eine gerechtere Welt ein
An der Uniklinik Köln koordiniert Akkus das Projekt „Letzt-Helfer:innen am Arbeitsplatz“, in dem erforscht wird, wie sich ein sensibler Umgang mit Sterben, Trauer und Tod am Arbeitsplatz gestalten lässt. Dafür gibt sie Kurse in Unternehmen. „Es braucht einen offenen Umgang, Vertrauen und eine Person, an die sich Betroffene wenden können“, sagt Akkus.
Für den Tod habe sich die Kölnerin schon früh interessiert. „Mit meinem Vater haben wir uns damals um die Traueranzeigen gekloppt“, erzählt die 47-Jährige. Ihre erste Trauererfahrung sei der Verlust ihrer Heimat gewesen. Als Kleinkind kam sie nach Deutschland. Ihre Familie musste aus dem Iran fliehen. „Für meine Mutter war es schwer“, erzählt sie, aber sie wurden warmherzig in Deutschland empfangen.
Bereits in der Schülerzeitung klärte sie über die Todesstrafe auf und schrieb über die Organisation Amnesty International für Menschenrechte. Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung als Erzieherin. Danach studierte sie Kommunikation und gründete eine Agentur, in der sie bis heute die Social-Media-Kanäle für iranische Filmfestivals betreut. Seit 13 Jahren arbeite sie auch als Online-Redakteurin für das Känguru Stadtmagazin.
Zu Hause in der Kölner Südstadt
Seit 25 Jahren lebt sie nun in Köln. Die Südstadt ist ihr Zuhause. „Köln ist auch meine Heimat. Es ist schon ein bisschen ein Dorf“, sagt die zweifache Mutter. In ihrer Freizeit engagiert sie sich mit Herzblut in sozialen Projekte. Immer wieder veranstaltet sie Aktionen wie den Spendenaufruf 2021, bei der sie mit Kölner Initiativen und Hilfsorganisationen einen LKW voller Lebensmitteln für das Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos organisierte.
Auch „Dance for Peace“ im Friedenspark in der Südstadt hat sie ins Leben gerufen. Auf der Veranstaltung treffen sich Menschen und tanzen für den Frieden. „Das ist mein Herzensding, weil man über die Musik und das Tanzen alle Menschen erreichen kann“, sagt sie. Ihre Vision ist eine gerechtere, friedlichere Welt, in der kein Kind mehr Hunger muss. „Wir müssen alle etwas dafür tun“, sagt sie.
„Ich kann nicht still sein. Was sagen meine Kinder in 20 Jahren über mich, wie ich mich positioniert habe?“, so Akkus. Wie sie das alles unter einen Hut bekommt: „Wenn man Herzensdinge tut, dann schafft man das auch. Ich habe tolle Menschen, mit denen ich mich austauschen kann. Ich meditiere auch.“ Dennoch wünsche sie sich oft, dass der Tag sechs Stunden mehr hätte, sagt sie und lacht herzlich.