Benni Bauerdick begleitet Menschen in ihrer Trauer. Er erzählt von seinen Erfahrungen mit dem Tod und dem Umgang mit Verlusten.
„Der Mensch ist nicht weg, er lebt in uns weiter“1Live-Moderator organisiert Wein-Abende für Trauernde
Aus seiner Ledertasche nimmt Benni Bauerdick ein Stück Holz. Eigentlich möge er keinen Kitsch, sagt der 1Live-Moderator mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht, den man sonst mit einem eher lockeren Spruch aus der Morningshow mit seiner Kollegin Freddie Schürheck kennt. Aber die hölzerne Form hat einen symbolischen Charakter: Das Herz besteht aus zwei Teilen, die durch Magneten miteinander befestigt sind. Er löst die Stücke voneinander, dreht sie auf den Kopf. Es sind zwei Tränen, sagt er. Fügt man sie wieder zusammen, bleibt ein Schlitz. Wie eine Narbe, die verheilt, aber spürbar sei, wenn man sie mit dem Finger streift.
Trauer hat viele Facetten
So ähnlich sei es bei emotionalen Wunden. Sei es der Tod eines geliebten Menschen, ein Beziehungsaus oder der Umzug in eine andere Stadt. „Trauer ist ein großes Feld“, sagt der 34-Jährige, der seit 2015 bei 1Live moderiert. Schon früh kam Bauerdick mit dem Tod in Berührung. Seine ersten Erfahrungen machte er in einem Kinder- und Jugendhospiz. Während seines Zivildienstes begegneten ihm Eltern und Kinder, die lebensmutig waren. Sie lachten und weinten, waren dankbar, wütend und traurig. Jedes Gefühl durfte sein. Demut dem Leben gegenüber habe er dort gelernt.
Vor sieben Jahren trafen ihn selbst gleich zwei Schicksalsschläge auf einmal. Erst verstarb sein Vater, drei Tage später seine Oma. „Es war eine Situation, die mich ziemlich mitgenommen hat“, so Bauerdick. Damals glaubte er, die Trauer höre irgendwann auf. Heute sagt er, dass sie nicht vorbeigehe, man lerne aber damit umzugehen. Seine eigenen Erfahrungen bewegten ihn dazu, sich weiterzubilden. Nun arbeitet der Moderator auch als Trauerbegleiter und hilft Menschen durch schwere Zeiten.
Verdrängte Gefühle können zu Trauma führen
„Über den Tod lernt man auch sehr viel über das Leben“, so Bauerdick. Er betreffe uns alle, dennoch spreche man wenig darüber. Das Unbekannte mache Angst. Niemand könne sagen, was danach passiert. Es führe die eigene Endlichkeit vor Augen. Außerdem werde Trauer wie das Weinen oft mit Schwäche assoziiert. Doch wenn wir Gefühle verdrängen, hat das Folgen: „Trauer kann zu Trauma führen, wenn man sie unterdrückt“, sagt er. In seinem Podcast „Fenster oder Gang“ thematisiert der Moderator Ängste, Selbstzweifel, Depressionen und Scheitern. Er möchte vermeintliche Tabus brechen, damit sich Betroffene nicht allein fühlen. Mit Offenheit könne man etwas in der Gesellschaft verändern.
Freunde und Familie können den Schmerz nur bedingt auffangen, so Bauerdick. Trauernde haben oft ein schlechtes Gewissen, wollen ihr Umfeld nicht belasten. Aus Angst, dass sich nahestehende Personen abwenden, ziehen sie sich zurück. Angehörige können ein offenes Ohr haben, Angebote schaffen und da sein. Gespräche über den verstorbenen Menschen und die gemeinsame Zeit können den Verarbeitungsprozess unterstützen. Man solle sich nicht davor scheuen, Fragen zu stellen, aber auch nichts erzwingen, sagt er.
Wein-Abende für Trauernde in Köln
Als Trauerbegleiter sei der Fokus nicht wie in einer Therapie, Prozesse anzustoßen, sondern in erster Linie zuzuhören. Er arbeitet mit verschiedenen Methoden, um besser an die Gefühle heranzukommen. Aus einer kleinen Schachtel nimmt er bunte Taschentücher mit verschiedenen Motiven. Fußbälle, Gummibärchen, Schmetterlinge. Die Trauernden können sich etwas aussuchen, das zu ihrer Stimmungslage passt. So könne man über aufkommende Emotionen und Gedanken sprechen.
Jede Person trauere auf ihre Weise. Die einen sind rational, andere fühlen, wieder andere handeln. Jeder Trauertyp sei in Ordnung, Vergleiche bringen nichts. Seine Schwester sei mit dem Tod ihres Vaters anders umgegangen als er, erzählt Bauerdick. Ihm selbst habe das Weinen am meisten geholfen. Es habe eine reinigende Funktion, wie die Flüssigkeit in einer Vase mit Schnittblumen. Irgendwann rieche es muffig, müsse weggekippt und mit neuem Wasser aufgefüllt werden.
Mit Wein-Abenden will Bauerdick einen sicheren Raum schaffen, damit Trauernde ihren Gefühlen freien Lauf lassen können. „Man darf auch kommen, wenn man keinen Wein trinken oder nicht weinen möchte“, sagt er und lacht herzlich. Trist seien die Abende nicht: „Wir haben viel Spaß“, berichtet der 34-Jährige, „Meistens wird geweint, weil man über etwas redet, man ein Bild vor Augen hat und Erinnerungen schafft. Dann sind es meistens die schönen Momente, die einem ins Gedächtnis gerufen werden.“ Der Mensch sei nicht weg, er lebe in uns weiter, so Bauerdick.
Die Wein-Abende finden in der Neustadt-Süd statt. Die Termine werden über eine WhatsApp-Gruppe organisiert, der nächste findet am 28. Juli statt. Interessierte können sich an Benni Bauerdick wenden: www.bennibauerdick.de