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Neues KompetenzzentrumHier werden krebskranke Leistungssportler in Köln behandelt

Lesezeit 3 Minuten
Ein Läufer läuft auf einer Tartanbahn

Der Krebs läuft mit: Leistungssportlerinnen und -sportler werden während des Trainings und der Therapie eng begleitet.

An der Uniklinik Köln wurde das Deutsche Kompetenzzentrum Leistungssport und Krebs gegründet.

Vielleicht hätte es Felix Wittmann nach Paris geschafft. Er wäre auf der Tartanbahn im Stade de France gelaufen. Hätte auf eine Medaille gehofft. Die Olympischen Spiele waren sein großer Traum. 2022 ist Wittmann fit wie nie zuvor, gerade ist er mit einer Bestzeit U-23 Deutscher Meister über die 800 Meter geworden. Dann kommt die Diagnose: Hodenkrebs. Felix Wittmann aus Eschweiler ist zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt. „Laufen war immer mein Leben“, sagt er.

Wenn Athletinnen und Athleten wie Felix Wittmann an Krebs erkranken, entsteht häufig eine Versorgungslücke. Denn ihr sportmedizinisches Netzwerk ist auf eine solche Diagnose oft nicht vorbereitet. Andersherum sind die behandelnden Onkologen zu wenig auf Leistungssportler eingestellt. Um diese Lücke zu schließen, wurde im Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) der Uniklinik Köln jetzt in Kooperation mit der Deutschen Sporthochschule Köln das „Deutsche Kompetenzzentrum Leistungssport und Krebs (KLiK)“ gegründet.

Dr. Nora Zoth, Leiterin des Deutschen Kompetenzzentrum Leistungssport und Krebs an der Uniklinik Köln

Die Leiterin des Zentrums, Dr. Nora Zoth, ist die Schnittstelle zwischen den Experten: Im Fall von Felix Wittmann holt sie Urologen, Onkologen, Sportmediziner und die Trainer des Olympiastützpunkts NRW an einen Tisch. „Jeder Verlauf ist bei einer Krebserkrankung individuell zu betrachten“, sagt Dr. Nora Zoth, „gerade bei Leistungssportlern ergeben sich viele Fragen.“ Die vielleicht größte: Wird es ein „danach“ geben?

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„Manche Ärzte raten den Sportlern zur Ruhe während der Behandlung“, sagt Zoth. „Einigen reißt aber gerade das noch mal mehr den Boden unter den Füßen weg. Hochleistungsathleten haben oft ihr ganzes Leben auf den Sport ausgelegt.“ Seit vier Jahren kümmert sich die 44-Jährige, die selbst aus dem Leistungssport kommt, an der Uniklinik um Berufssportler und ambitionierte Freizeitsportler mit einer diagnostizierten Krebserkrankung. Die Gründung des Kompetenzzentrums bündele nun noch einmal mehr die Expertisen: Therapie- und Trainingskonzepte werden individuell aufeinander abgestimmt. Vor allem die Nebenwirkungen von Medikamenten haben die Experten im Blick.

Individuelle Reintegration in den Leistungssport

Die Fälle, in denen das Zentrum berät, sind vielfältig: Die Fechterin, die durch die Chemotherapie Gefühlsstörungen an Händen entwickelte und den Degen nicht mehr halten konnte. Der Schwimmer, der mit bestrahlten Stellen wieder ins Wasser möchte. Der Radfahrer mit Leukämie, den ein Ergometer im Isolierzimmer durch die schwerste Zeit gebracht hat. Oder der Profifußballer, der Angst hat, nach der Diagnose plötzlich alleine dazustehen.

Der Schwerpunkt des Kölner Zentrums liegt auf der individuellen Reintegration in den Leistungssport. Eine Garantie auf die Fortführung der ausgeübten Sportart kann Zoth jedoch nicht geben. „Wir hatten einen Fall, in dem ein Sportler einen Hirntumor hatte. Für ihn war die Karriere beendet“, sagt die promovierte Sportwissenschaftlerin. „Aber auch diese Klarheit kann hilfreich sein.“ Auch die psychosoziale Komponente in der Beratung sei nicht zu unterschätzen, so Zoth. „Viele brauchen einfach jemanden, der sagt: Es ist noch nicht vorbei.“

Manche Ärzte raten den Sportlern zur Ruhe während der Behandlung. Einigen reißt aber gerade das noch mal mehr den Boden unter den Füßen weg. Hochleistungsathleten haben oft ihr ganzes Leben auf den Sport ausgelegt.
Dr. Nora Zoth, Leiterin des Deutschen Kompetenzzentrum Leistungssport und Krebs

Inzwischen haben einige Spitzenverbände des deutschen Leistungssports Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem „KLik“ signalisiert. Bereits jetzt kommen Sportlerinnen und Sportler aus ganz Deutschland an die Uniklinik, um sich dort behandeln zu lassen. Rund 60 krebskranke Profi- und Hobbysportler waren es in den vergangenen vier Jahren. „Die Struktur, die wir in Köln mit Uniklinik und Sporthochschule haben, ist einzigartig“, sagt die Leiterin.

Felix Wittmann rettete vielleicht eine Dopingkontrolle das Leben. Bei dieser fiel ein erhöhter Hormonwert in seinem Blut auf. Frühzeitig erkannt, kann Hodenkrebs oft erfolgreich behandelt werden. Nach einer erfolgreichen Entfernung des Hodens und einer Chemotherapie nahm der Sporthochschulstudent und 800-Meter-Läufer das Training unter Aufsicht der Experten wieder auf. Mit kardiologischer Betreuung waren sogar tägliche Zehn-Kilometer-Läufe möglich. Felix Wittmanns nächstes Ziel sind die Olympischen Spiele in vier Jahren: Los Angeles statt Paris.