Der Chef der Kinderkardiologie der Uniklinik Köln, Professor Konrad Brockmeier, geht in den Ruhestand. Er blickt zurück auf seine Profession - und wie er eigentlich nur durch ein Versehen zu den Kinderherzen kam.
Professor Konrad BrockmeierChef der Kinderkardiologie verlässt die Kölner Uniklinik
Wenn Eltern zum ersten Mal bei Professor Konrad Brockmeier im Büro sitzen, ist ihr ungeborenes Kind im Ultraschall meistens gerade mal so groß wie eine Aubergine. Der Kinderkardiologe betreut Familien mit Kindern mit komplexen Herzfehlern ab der Mitte der Schwangerschaft, manchmal sogar noch früher - und begleitet ihren Weg oft bis zum 18. Geburtstag.
Nach 21 Jahren verlässt Professor Brockmeier nun seinen Posten als Chef der Kinderkardiologie der Uniklinik Köln und geht in den Ruhestand. Die Beratungen von werdenden Müttern und Vätern hat er stets persönlich übernommen. „Das war mir wichtig. Es hat eine unglaubliche Bedeutung, wenn Eltern klar beschrieben bekommen, was wir machen können, was die Chancen sind und wie es den Kindern später gehen wird“, sagt der Mediziner. Auf dem Tisch steht ein Modell von einem Herzen, an dem er erklärt, wie das Organ funktioniert. „Die Eltern, die hier sitzen, die wollen, dass alles gemacht wird. Hier wird nicht über Abtreibung gesprochen. Die Entscheidung wird vorher getroffen.“
Eine Visitenkarte führte ihn nach New York
Arzt werden wollte Brockmeier schon immer, auch wenn er aus einer Juristenfamilie stammt. Geboren wurde er in Hamm, wuchs in Bielefeld und Münster auf. Mit 19 Jahren ging er freiwillig zur Bundeswehr. Bei den Panzerführern lernte er fürs Leben, wie er rückblickend sagt: „Wenn ich das kann, dann könnt ihr das auch. Diese motivierende Einstellung als Führungskraft habe ich damals für mich mitgenommen.“
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Sein Medizinstudium absolvierte er in Berlin, erlebte den Mauerfall und wurde dort Vater von zwei Kindern. Zur Kinderkardiologie kam er durch ein Versehen: Im zweiten klinischen Semester, so erzählt er, wollte er den Bereich der Kardiologie kennenlernen. „Ich bin über Umwege an die Visitenkarte von einem Kardiologen in New York gekommen und wollte bei ihm hospitieren. Ich hatte nur nicht gelesen, dass da das Wort ,Pediatric', also Kinder davor stand“, erinnert er sich. „Nachdem ich ihn einen Tag begleitet hatte, war ich schon am Haken.“
Sein Spezialgebiet: Einkammerherzen
1997 ging Brockmeier als Oberarzt nach Heidelberg und habilitierte dort. 2002 kam er nach Köln. „Die Ausschreibung für Köln las ich in der Zeitung. Als ich dann das erste Mal hier war, war ich richtig enttäuscht“, erzählt er. „Die Kinderklinik hatte keinen Anstrich und der Hörsaal, in den ich kam, war ziemlich heruntergekommen.“ Doch man versprach ihm, in zwei Jahren ein neues Herzzentrum zu bauen. 2007 wurde es dann eröffnet. „Wir fühlen uns nach wie vor sehr wohl hier. Wir hätten nur darauf drängen sollen, es größer zu bauen“, sagt Brockmeier mit einem Augenzwinkern.
Spezialisiert haben sich Professor Brockmeier und sein Team auf die Betreuung von Neugeborenen, besonders ist die Expertise im Bereich der univentrikulären Herzen, den sogenannten Einkammerherzen. „Wir haben angefangen an Lösungen zu arbeiten, die damals in Köln noch nicht verfügbar waren“, so der Kinderkardiologe. Gelernt habe er dabei vor allem, das gemischte Team immer wieder zu motivieren, in einer nicht immer einfachen Umgebung, die auch belastend sein könne. „Es geht hier um kleine Kinder, es geht um große Hoffnung von Eltern mit unendlich vielen Wünschen.“ Auch damit müsse man lernen, umzugehen. „Arbeit mit Kindern ist auch immer Arbeit mit Eltern. Man ist im Grunde immer gleich eine Gruppe. Darauf muss man sich einlassen.“
Den Kindern sehe man oft nicht an, dass sie einen Herzfehler haben. Arbeitet die linke Herzkammer nicht richtig, findet die erste Operation schon in der ersten Lebenswoche statt, nach einem halben Jahr folgt die zweite Operation, die dritte nach drei Jahren. „Die Überlebenschancen sind gut. Aber von fünf, die kommen, verlassen nur vier lebend die Klinik. Das ist leider die harte Realität“, sagt der Professor. „Die Verläufe sind nicht immer linear, es gibt auch Rückschläge. Das ist manchmal wie auf der Achterbahn.“ Über die Jahre wurde auf seiner Station auch ein psychosoziales Team aufgebaut. Schon vor der OP gehen die Mitarbeitenden mit den Eltern auf die Intensivstation, damit sie diese kennenlernen. Es gibt eine Kunst- und eine Musiktherapie. Auch Geschwisterkinder werden begleitet.
Nicht einen Tag ohne Krawatte in die Klinik
Vermissen werde er vor allem sein Team, sagt Brockmeier. Am Freitag war sein letzter Tag in der Klinik, auch eine Abschiedsfeier in seinem Garten wurde schon gefeiert. „Ich habe richtig geweint“, sagt der Professor, der in 21 Jahren nicht an einem Tag ohne Krawatte in die Klinik gekommen ist. Besonders eng arbeitet er mit den drei Kinderherzchirurgen zusammen, außerdem gibt es ein spezielles Kinderanästhesieteam. „Wir versuchen die Hierarchien so flach wie möglich halten“, so Brockmeier, dessen Tür immer offen steht. Ebenfalls vermissen werde er die Lehre: An der medizinischen Fakultät hielt er Vorlesungen, und auch auf dem afrikanischen Kontinent half er Studiengänge mit aufzubauen und andere Mediziner auszubilden.
Ein bisschen Kinderkardiologe bleibt er trotz Ruhestands aber: Samstagsvormittags wird er in der Klinik eine Sprechstunde für langjährige Patienten anbieten. Ansonsten habe er ein altes Auto und ein altes Motorrad zum Schrauben, einen Garten und große Lust zu reisen.
Nachfolger
Ab 1. September übernimmt Dr. Markus Khalil die Leitung der Kinderkardiologie an der Uniklinik Köln. Der Kinderarzt studierte Medizin in Mainz und Dijon und absolvierte Praktika auf der ganzen Welt. Er arbeitete in Heidelberg und Köln in der Kinderkardiologie, zuletzt war er leitender Oberarzt in Gießen.