Im Herzzentrum wurde eine 69-jährige Patientin aus Wiehl mit einer neuen Methode operiert - mit Erfolg.
Zum dritten Mal weltweitBesondere Herzklappen-OP an der Uniklinik Köln durchgeführt

Auf dem Weg der Besserung nach einer besonderen Herzklappen-OP ist Evelin Thiemig-Königsfeld aus Wiehl.
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Evelin Thiemig-Königsfeld ist eine ganz besondere Patientin an der Kölner Uniklinik: Die 69-Jährige aus Wiehl ist einer von drei Menschen weltweit, bei dem ein neuartiger Eingriff an den Herzklappen durchgeführt wurde. Herzkrank ist die gelernte Krankenschwester bereits seit einigen Jahren. „Ich saß am Schreibtisch und kriegte auf einmal Herzklopfen, bis in den Hals rein. Obwohl ich vom Fach bin, habe ich mich richtig erschrocken“, erinnert sie sich. 2012 wurde die Inhaberin eines privaten Pflegedienstes das erste Mal an der Herzklappe operiert: Damals wurde ihr eine mechanische Aortenklappe aus Metall eingesetzt. „Meine Lebensqualität war wieder da. Bis es mir vor einem Jahr wieder sehr schlecht ging. Warum und wieso sich das von jetzt auf gleich so verschlechtert hat, werden wir nicht erfahren“, sagt Evelin Thiemig-Königsfeld.
Ein menschliches Herz hat vier Herzklappen. Die Klappen funktionieren wie Ventile und verhindern einen Rückstrom des Blutes in die falsche Richtung. Bei Patientin Thiemig-Königsfeld waren nicht nur die Aortenklappe, sondern auch zwei weitere Herzklappen beschädigt: Die Mitralklappe und die Trikuspidalklappe. Mit einer rein durch Katheter-Technik über die Leiste durchgeführten Operation wurde im vergangenen Jahr eine der beiden Einlassklappen, die Trikuspidalklappe repariert - am schlagenden Herzen und Herz Lungenmaschine unter alleiniger Verwendung von 2 Klammern, sogenannten Clips. Doch das brachte kaum Lebensqualität zurück. „Ich habe nur noch gelegen, hatte Luftnot und gar keine Kondition mehr“, berichtet Evelin Thiemig-Königsfeld. Dazu kamen Wassereinlagerungen im Bauch und in den Beinen.

Die OP im Herzzentrum der Uniklinik Köln wurde von Dr. Matti Adam und Professor Dr. Stephan Baldus geplant und durchgeführt.
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Zum Einsatz kam nun eine Prothese zur Behandlung der Schwesterklappe, der Mitralklappe: Ein noch relativ neu entwickeltes Herzklappenimplantat, welches minimalinvasiv und ebenfalls kathetergestützt – also ohne die Notwendigkeit den Brustkorb chirurgisch zu eröffnen – über einen kleinen Schnitt an der Brustwand eingesetzt wurde. Diese Herzklappe funktionierte sofort einwandfrei, die Mitralklappe zeigte jetzt vollkommene Dichtigkeit. Aber auch durch diesen Eingriff ergab sich nur eine minimale Besserung der Lebensqualität der Patientin. Die immer noch bedeutsame Undichtigkeit der nur mit Clips reparierten Trikuspidalklappe verhinderte eine Besserung der Beschwerden und einen Rückgang der Wasseransammlungen. Eine Besserung der Situation war nur zu erreichen durch einen Klappenersatz der Trikuspidalklappe. Ende 2023 wurde so ein Implantat aus einem Drahtgeflecht und einem Herzbeutelgeweb eines Rindes an der Uniklinik erstmalig über die Leiste eingesetzt. „Das Verfahren ermöglicht es, auch Patienten, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen sowie des Allgemeinzustandes und des Alters ein erhöhtes Operationsrisiko haben, erfolgreich an ihrer defekten Herzklappe zu behandeln“, erklärt Professor Dr. Stephan Baldus, Direktor der Kardiologie im Herzzentrum der Uniklinik Köln.
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Dass aber eine bereits mit Klammern vorbehandelte Herzklappe durch eine neuartige Prothese ersetzt wird, wurde zuvor nur zweimal weltweit versucht. „Die Medizin hat sich in diesem Feld so rapide entwickelt, dass wir innerhalb einer Patientengeschichte sehen, wie sich die Behandlungsmöglichkeiten erweitern“, so Prof. Baldus. Damit die besondere Herzklappen-OP stattfinden konnte, brauchte es jedoch einige Vorplanungen. „Dieses ist das A und O“, so der Mediziner. Hilfe und Expertise holte man sich auch per Videochat aus den USA.
Noch mehr Patienten sollen von dieser Art der OP profitieren
Am vergangenen Donnerstag war es dann so weit: In einer komplizierten Aktion wurden die beiden bereits angebrachten Klammern mit einer Schlinge per elektrischem Strom von einem der Segel der kranken Herzklappe abgetrennt - sodass Platz für das neue Implantat der Trikuspidalklappe gemacht werden konnte. „Das Material, was wir da benutzen, ist Nitinol. Man kann es in kaltem Wasser so zusammenpressen, dass es in Form bleibt. Sobald es 37 Grad Körpertemperatur entwickelt, dehnt es sich wieder aus. Darüber entstehen Radialkräfte, um die Prothese zu fixieren“, erklärt Dr. Matti Adam, Oberarzt und Leiter des Herzklappenprogramms in der Kardiologischen Klinik der Uniklinik Köln. Aktuell werden jährlich rund 1000 Patientinnen und Patienten an der Uniklinik mittels Kathetertechnik an einer Herzklappe operiert. „Insgesamt werden noch mehr Patienten von dieser Art der Prozedur profitieren können“, so Dr. Adam.
Nach mehr als zwei Monaten darf Evelin Thiemig-Königsfeld das Krankenhaus am Freitag wieder verlassen. Am meisten freut sie sich auf ihre beiden Enkel. „Meine beiden Sonnenscheine“, sagt die 69-Jährige mit Tränen in den Augen. Die Entscheidung für diese besondere OP bereut sie nicht. „Ich hatte sehr viel Vertrauen in die Ärzte. Aber ich muss sagen, dass ich auch große Angst davor hatte.“ Trotzdem sei sie mit einem großen Optimismus in den OP gegangen. An ihrer Seite immer ihr Mann Ralf, „meine Lebensstütze“, wie sie sagt. „Ich hatte keine Alternative. Ich wäre alle paar Wochen wieder hier gewesen. Oder letztendlich wäre ich gestorben.“