Köln – Glanzvolle Gala im Lindner Hotel Plaza: Erstmals seit 15 Jahren ist die Willi-Ostermann-Medaille in Gold wieder verliehen worden. Die größte Ehre für einen Kölner Karnevalisten wurde dem Flitschvirtuosen, Jazzgitarristen, eigenwilligen Entertainer und frechen Humoristen Jörg Paul „JP“ Weber zuteil. Die Medaille wurde 1967 zu Ehren Willi Ostermanns (1876-1936) als höchste Auszeichnung des kölschen Liedguts gestiftet und wird seitdem in unregelmäßigen Abständen für besondere Verdienste in der Kölschen Kultur verliehen. Zu den Preisträgern gehören Ludwig Sebus, Willy Millowitsch, die Bläck Fööss oder die Höhner.
Am 2. Februar 2022, genau 55 Jahre nach der ersten Verleihung, wurde das Kuratorium der Medaille neu gegründet. Zu den Mitgliedern zählen Ex-OB Fritz Schramma, die frühere Hänneschen-Intendantin Frauke Kemmerling und Isabelle Assenmacher. „Tradition ist nicht Anbetung der Asche, sondern das Weitergeben des Feuers. Deswegen war es uns wichtig, diese wichtigste Ehrung für Kölsche Kultur wieder zum Leben zu erwecken“, sagte Hendrik Biergans, Vorsitzender des Kuratoriums, bei der Verleihung.
Dagmar Eichberg-Weber, Vize der Muuzemändelcher, betonte in ihrer Laudatio die kreative Vielseitigkeit Webers und erinnerte dabei auch an das „Herrengedeck“ mit Volker Weiniger und Martin Schopps und an seinen kürzlich vorgestellten Fastelovendsknigge „Wo jeiht et he op de Bühn?“ (siehe Infobox) Die Laudatorin: „Aber vor allem ist es seine Begabung, immer wieder mit sehr jazzigen Harmonien Lieder zu begleiten, die wir so noch nie gehört haben: Vertraut und doch heutig!“ Ein besonders gelungener Brückenschlag zur Jugend sei Webers moderne Version des über 100 Jahre alten Ostermann-Liedes „Einmal am Rhein“.
Ein Knigge für den Fastelovend – Zeitreise und Identitätssuche
Als Autor sieht sich Jörg Paul „JP“ Weber auch, nachdem er sein erstes eigenes Buch im Marzellen Verlag veröffentlicht hat, nicht. „Ich bin Redner“, sagt er.
Deshalb machte Weber sich mit einigen wenigen Notizen ans Werk und sprach „mehr oder weniger frei Schnauze 90 Minuten aufs Band. Michael Knipprath brachte die gesprochenen Sätze in Form und schrieb sie nieder.
Inhaltlich bezeichnet „die Flitsch“ sein Buch als eine Art Knigge für den Karneval, angereichert mit vielen Anekdoten.
Weber berichtet in elf Kapiteln und in kölscher Mundart über seine Vorbilder und die Suche nach seiner eigenen Identität auf der Bühne und als Protagonist im Kölner Karneval.
Aber auch darüber, wie man als Redner einen Auftritt dynamisch gestaltet, wie man sein Publikum hält, wie wichtig im ganzen Trubel in der Session mit bis zu acht Auftritten an einem Tag eine Pause ist oder wie man erkennt, ob ein Auftritt gut gelaufen ist oder nicht. „Für mich war das Projekt wie eine Zeitreise“, berichtet Weber.
Weil 90 Seiten deutlich zu wenig für ein Buch waren, das Projekt aus Webers Sicht aber schon rund war, gibt es ab Seite 93 nun noch einen Zugabenteil: die Büttenrede 2021 und drei Liedtexte.
Auch ein Hörbuch wird es geben. „Dazu habe ich 90 Minuten Jazzgitarre als Hintergrundmusik eingespielt – extra auf den Text abgestimmt.“
„Wo jeiht et he op die Bühn?“, JP Weber, 108 Seiten, Marzellen Verlag, 12,95 Euro. Das Hörbuch gibt es nur digital zum Streamen oder als Download. (sim)
Eichberg-Weber überreichte „JP“ ein ganz besonderes Geschenk: Eine Electrola-Erstpressung von „Ich ben ene kölsche Jung“, komponiert von ihrem Vater Fritz Weber, gesungen von Horst Muys. Fritz Weber wurde im Rahmen der Prinzenproklamation 1975 mit der Ostermann-Medaille ausgezeichnet.
Grandseigneur Sebus, bei der Gala-Eröffnung mit Standing Ovations begrüßt, würdigte die „außergewöhnliche Begabung“ Webers . Der 97-Jährige erhielt die Ostermann-Medaille zum zweiten Mal, war ihm doch die erste bei einer Karnevalssitzung verloren gegangen.
JP Weber zeigte sich im Gespräch mit der Rundschau sehr gerührt: „Das ist eine große Ehre. Wenn ich an all die berühmten Vorgänger denke, wird mir ganz schwindelig. Ich bin meinen Weg unabhängig und mit Mut zum Risiko gegangen. Die Verleihung der Ostermann-Medaille ist nun eine sehr bewegende Bestätigung, eine große Verpflichtung und ein motivierender Ansporn für die Zukunft.“
Den glanzvollen kölschen Abend rundeten Auftritte von King Size Dick, King Loui, den Hellige Knäächte und Mägde und dem Ensemble des Hänneschen-Theaters ab.