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Wegen Corona-Variante OmikronSitzungskarneval in Köln fällt aus – Umzüge noch unklar

Lesezeit 5 Minuten

Blick in einen vollen Festsaal zu Karneval 

Köln – Die meisten Witze waren schon ausgedacht, viele Pointen erprobt. Doch nun wird Volker Weininger wieder keine Gelegenheit haben, seine Büttenrede als ordentlich angeheiterter „Sitzungspräsident“ in den Sälen der Stadt vorzutragen. „Die Situation ist sehr frustrierend, denn wieder Mal ist ein halbes Jahr Arbeit für die Tonne“, stellt Weininger betrübt fest. Die Inzidenz, da ist er sich sicher, „müsste nicht da sein, wo sie jetzt ist. Vieles wäre vermeidbar gewesen“, sagt er. Doch der Kabarettist ist zugleich erleichtert. „Ohne die Aufnahme des Karnevals in den Kulturfonds wäre es für viele Künstler existenzbedrohend geworden“, ist er sich sicher.

Es gibt noch offene Fragen – darf die Lachende Kölnarena stattfinden?Normalerweise hilft beim Sitzungspräsidenten in so einer Situation nur noch Alkohol. Doch im echten Leben hat Weninger zuletzt nüchtern und ernsthaft für eine finanzielle Abfederung für Künstlerinnen und Künstler gekämpft, sollte der Sitzungskarneval erneut nicht stattfinden. Neben Vertretern von Veranstaltungsagenturen, Festkomitee und Künstlern gehörte er zu einer Arbeitsgemeinschaft, deren Forderungen nun größtenteils in die Tat umgesetzt werden sollen. „Natürlich hätten wir uns alle gewünscht, dass der Karneval stattfindet. Aber nun war es das Ziel, einen vernünftigen Notausgang zu schaffen“, sagt Horst Müller, Mit-Inhaber der Agentur „Alaaaf.de“, die Künstler betreut und Sitzungsprogramme für zahlreiche Vereine im Rheinland organisiert.

Das Kölner Motto lautet „Alles hät sing Zick“

Für diese Session hatte das Festkomitee in Köln das Motto „Alles hät sing Zick“ ausgerufen, doch erneut werden als Folge der Coronapandemie auch im Winter 2021/22 keine Sitzungsveranstaltungen stattfinden. „Nicht verantwortbar“ nennt Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den Karneval als „Massenveranstaltung“. Über den Straßenkarneval soll aber noch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Christoph Kuckelkorn, Päsident des Festkomitees Kölner Karneval, wünscht sich eine Entscheidung „in den ersten Januarwochen“. Denn in Köln hat der Bau der Persiflagewagen für den Rosenmontagszug längst begonnen. Seit November wird gewerkelt.

Noch vor einem Jahr hatte die Politik für ein generelles Verbot von Karnevalsveranstaltungen ausgesprochen, wenige Wochen später folgte die Verhängung der Ausgangssperre. Doch in diesem Jahr ist die Situation eine andere. Eine allgemeine Absage des Karnevals gibt es nicht. Stattdessen bitten die karnevalistischen Dachverbände ihre Vereine, alle Sitzungen in Eigenregie abzusagen. Die Kosten für bereits gemietete Säle, Veranstaltungsprogramme und beauftragte Sicherheitsfirmen sollen die Vereine aus dem „Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen“ erstattet bekommen. Um Kosten erstattet zu bekommen, müssen Veranstaltungen spätestens bis zum 23. Dezember gemeldet werden. Im Auftrag des Festkomitees hatten die Boston Consulting Group und die Fachhochschule Köln schon vor einigen Jahren die Wirtschaftskraft des Kölner Karnevals auf rund 600 Millionen Euro beziffert.

Vorige Session waren Künstler noch leer ausgegangen, Saalbetreiber, Veranstalter und Künstler hatten in gegenseitigem Einvernehmen auf Vertragsvereinbarungen verzichtet. Um die größte finanzielle Not zu lindern, war bei einer kurzfristig organisierten Spendenaktion mit großem Bühnenprogramm an Weiberfastnacht in der Kölner Lanxessarena rund eine Million Euro gesammelt worden, das Geld war anschließend auch an Ton- und Lichttechniker verteilt worden, die in finanzielle Nöte geraten waren.

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Die Sitzungsprogramme bei vielen Sitzungen in Köln und der Region kosten die Vereine durchschnittlich zwischen 15 000 und 20 000 Euro, darunter fallen Gagen für Bands, Redner und Tanzgruppen, hinzu kommt die Saalmiete. „Es gibt aber auch noch ungeklärte Fragen. Was ist beispielsweise mit Senatsabenden, die im Grunde keine öffentlichen Veranstaltungen sind, für die aber auch Programme gebucht wurden“, gibt beispielsweise Rudi Fries, Vorsitzender des Literatenstammtischs in Köln zu bedenken.

„Lachende Kölnarena“ könnte noch stattfinden

Unklar ist beispielsweise auch, ob die „Lachende Kölnarena“ unter Einhaltung der Beschränkungen für Großveranstaltungen stattfinden darf. Oder nicht. Arena-Chef Stefan Löcher ist weiterhin davon überzeugt, sichere Großveranstaltungen durchführen zu können. „Bei der Bewertung von Veranstaltungen muss zwischen kleinen Sälen für rund 1500 Personen und der Infrastruktur von Deutschlands größter Multifunktionsarena mit einer Maximalkapazität von 22 000 Plätzen unterschieden werden“, sagt Löcher und verweist neben der leistungsstarken Lüftungsanlage auf die „durchweg positiven Erfahrungen“ des bisherigen Corona-Veranstaltungsbetriebs mit mehr als 300 000 Besuchern ohne jegliche Infektion.

Zwischen dem 28. Januar und dem 27. Februar sind bislang 15 Veranstaltungen geplant. Diesen Donnerstag soll bereits die Stunksitzung im Kölner E-Werk Premiere feiern. Vor Weihnachten würden vier Veranstaltungen stattfinden. Nach der geltenden Corona-Schutzverordnung dürften 1070 statt 1200 Gäste dabei sein, am heutigen Mittwoch will das Ensemble eine Entscheidung verkünden.

Die Arbeitsgemeinschaft mit Künstlern und Veranstaltern hat bereits an einer Lösung gearbeitet, um die Vereine nicht in finanzielle Bedrängnis zu bringen. „Wichtig ist, dass Künstler nicht mehr Geld erhalten als die Vereine, von denen sie gebucht worden sind. Die Vereine sollen die Künstler erst bezahlen, wenn sie das Geld aus dem Fonds erhalten haben“, erklärt Horst Müller und ergänzt: „Das Heft des Handelns bleibt bei den Vereinen. Das ist der Unterschied zur vergangenen Session“, so Müller.

Viele Vereine planen nun im Freien

Viele Vereine in Köln haben bereits Pläne für Veranstaltungen im Freien in den Schubladen, denn im Unterschied zur vergangenen Session gibt es dieses Mal keine Abstandsregelungen oder Kontaktbeschränkungen. Auch die Proklamation des Kölner Dreigestirns, die zu Beginn dieses Jahres als „Roadmovie“ für das WDR-Fernsehen inszeniert worden war, soll stattfiden. Nicht im Gürzenich, sondern woanders und anders. Mehr verrät das Festkomitee noch nicht. Das Fernsehen sei erneut in die Planungen involviert, ist zu hören.

In der vergangenen Session hatte das Kölner Dreigestirn notgedrungen Videobotschaften aus der Hofburg in der Kölner Innenstadt verschickt und sich bei einer Karnevalssitzung im Autokino feiern lassen. Erstmals in der Geschichte des Kölner Karnevals durfte das Trifolium angesichts der vielen Ausfälle eine Ehrenrunde drehen und nochmal das Ornat tragen. „Unsere Aufgabe als Karnevalisten wird es nun sein, trotz der Absage von Saalveranstaltungen kleine, kreative Formate zu finden, die den Menschen in dieser nach wie vor schwierigen Zeit ein wenig Karnevalsjeföhl bringen“, sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn.Für viele ist das ein schwacher Trost