Jedes Jahr erscheinen weit über 300 kölsche Songs. Wir haben geschaut, welche versteckten Perlen abseits der großen Bands in der kölschen Musiklandschaft schlummern.
Frische Klänge, Rapper und WikingerWas die kölsche Musiklandschaft abseits der etablierten Bands zu bieten hat
In den Sälen sind es dann doch immer wieder die gleichen Bands, die das Programm der großen Gesellschaften füllen. Kasalla, Höhner, Bläck Fööss, Brings und Cat Ballou sind ganz einfach die sichere Bank auf jeder Sitzung. Wie breit die kölsche Musiklandschaft ist, die hinter den großen Aushängeschildern der Branche schlummert, dürfte nur wenigen in seiner Vollständigkeit klar sein. Weit über 300 kölsche Lieder erscheinen jedes Jahr. Die Mitsing-Initiative „Loss mer singe“ (Artikel unten) hat sich in diesem Jahr sogar knapp 390 Titel angeschaut. Wir haben uns ohne Anspruch auf Vollständigkeit durch das Angebot gewühlt.
Anders als in vielen anderen Jahren, spielt das Sessionsmotto („FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“) nur in wenigen Songs eine Rolle. „Wenn Dräum widder blöhe“ heißt der erste Song des Samplers „Kölsch & Jot“ der Plattenfirma Spektacolonia, für den sich Eldorado und Jörg. P Weber zusammengetan haben. Entstanden ist eine schunkelbare Hoffnungsbekundung an eine Zukunft, in der die multiplen Krisen ein Ende finden. Eine versteckte Perle ist „Ne kleine Dräumer“ der Gruppe Höösch, ein Liebeslied auf die Melodie von „Daydream Believer“ (1967) von The Monkees. Höösch ist auch personell eine spannende Formation. Teil der Truppe sind neben Sänger Dirk Meierlücke auch Ilja Engel und Robin Duns, Sohn und Enkel von Tommy Engel.
Kölsche Musik: Heimatliebe und viel „Döpdöpdöp“
Das Heimat-Thema ist und bleibt das naheliegendste in der Mundart-Musik. So ist es wenig verwunderlich, dass jedes Jahr Dutzende Werke den Markt fluten, die sich wahlweise um Heim- oder Fernweh, Dom, Rhing und die unverwechselbare kölsche Art drehen. „Kölsch Bloot“, „La kölsche Vita“, Zoröck noh Kölle“, „Heimweh en Kölle“ oder „Ich ben en Kölle“ heißen die Titel in diesem Jahr unter anderem. Schnell driften die Texte ins Austauschbare und Tausendmal-Dagewesene ab, das kann auch etablierten Bands so ergehen. Dass das Thema textlich und musikalisch auch frisch und neu interpretiert werden kann, zeigen insbesondere die jüngeren Bands. Die erst seit einem Jahr bestehende Band Favorit widmet dem „schönsten Ort der Welt“ den Titel „Nie jedaach“, Zesamm' feiert mit viel „Döpdöpdöp“ ihr geliebtes „Bella Colonia“, Bohei singt in der schunkelbaren Ballade „Kind des Karnevals“ über bleibende Erinnerungen im Fastelovend.
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Zu all diesen Bands der Zukunft gehören auch die Musiker von Scharmöör, die in dieser Session auf das starke und irisch angehauchte „Hätz voll Jold“ setzen. Oder King Louie, die mit viel Energie und „Konfetti in der Hand“ ein eher jüngeres Publikum ansprechen. Ebenfalls unverhältnismäßig unter dem Radar befinden sich Bel Air („Glanz und Gloria“) , die seit einigen Jahren sehr stabile Pop-Rock-Nummern abliefern.
Zumindest ein wenig Bewegung gibt es neben Kempes Feinest um Nici Kempermann, die Funky Marys oder Pläsier seit einigen Jahren bei den weiblichen Stimmen in der kölschen Musik. Mätropolis um Sängerin Linda Teodosiu haben sich in den vergangenen beiden Jahren schnell einen Namen gemacht und sind mit der abgedreht-mitreißenden „Rakete“ erneut auf dem Sampler „Karneval der Stars“ gelandet.
Niederländischer Einfluss im Kölner Karneval
Eine spannende Geschichte lässt Katja Henz in den Kölner Karneval einfließen. Als Tochter einer Maastrichter Mutter und eines Vaters aus der Eifel sammelte sie vor allem in den Niederlanden Bühnenerfahrung. „Danzbein“ heißt ihre energiegeladene Nummer, bei der es schwerfällt, nicht mitzuwippen.
Eine neue weibliche Stimme im Kölner Karneval ist auch die von Romy Helmich, deren Duo „Stadtjeföhl“ vom Festkomitee als Nachwuchskünstler gefördert wird. Die emotional vorgetragene Piano-Ballade „Heimweh“ lässt das Potenzial der Newcomer erahnen.
Wikinger-Kaperfahrt im Fastelovend
Mit dem Trinklied „Leuchturm op Kölsch“ landete die Mittelalterband Kupfergold um die Hürther Sängerin Bonnie Banks im vergangenen Jahr überraschend auf Platz sieben der „Loss mer singe“-Kneipentour. „Met Kasalla us Valhalla“ heißt der zweite Ausflug in den Kölner Karneval und beschreibt eine Wikinger-Kaperfahrt im Fastelovend.
Neben Dom, Rhing und Sunnesching finden sich in den Unweiten der diesjährigen Werke immer wieder auch innovative und kreative Texte und Themen. Die Band Pimock sorgt sich in „Zapp, Zappes zapp“ um die Kölner Kneipenkultur, Die Brassband Druckluft singt in „Immer widder“ über die kölsche Playlist, die das ganze Jahr an jedem Ort „auf Repeat“ läuft. Die Rhythmussportgruppe liefert mit „Kein Kölsch (Imi Yeah)“ den Soundtrack für alle Imis, die sich im Karneval integrieren wollen. Sprachlich wie gewohnt ans Maximum gehen die Zwei Hillije, Bernd und Wolfgang Löhr, die sich in „Fahrzeug*innenreinigung“ an der Gender-Debatte abarbeiten.
Beeindruckend ist auch in diesem Jahr die musikalische Vielfalt. Karnevallica gehört definitiv zum Rockigsten, was der Kölner Karneval zu bieten hat. Mitreißende E-Gitarren-Riffs prägen die Sessionsnummer „Definitiv Villeich“ über das Phänomen „Gegensätze ziehen sich an“ in der Liebe und der Freundschaft. Für Abwechslung sorgen auch die lateinamerikanisch-kölschen Klänge der Band Amago („Dat Kaff“).
Als Vertreter des Kölsch-Raps schickt Hans Danz die kreativ-launige Nummer „Jeck Infekt“ ins Rennen, die den krankheitsbedingten post-karnevalistischen Totentanz auf den Kölner Straßen beschreibt: „Damit wieder Bässe vibrieren, müssen wir heftige Viren desinfizieren.“ Eine mehr als ernstzunehmende Rap-Produktion ist auch „Südstadt“ von Fred Denote, LMB und MC Cologne, eine Liebeserklärung ans „jeilste Veedel dieser Stadt“.