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Interview

Sänger Joris
„Ich bin am Elften Elften tief in das jecke Herz Kölns eingetaucht“

Lesezeit 3 Minuten
Am 20. März spielt der Sänger in der Live Music Hall.

Am 20. März spielt der Sänger in der Live Music Hall. 

Vor seiner Show in Köln verrät Joris die Hintergründe zu seinem neuen Album und der Extremerfahrung mit Kölner Karnevalsstars.

Im Februar erschien Ihr neues Album mit dem Titel „zu viel retro“. Was ist es für ein Album geworden?

Das ist das vierte Studioalbum mit meiner Band, und wir haben uns überlegt, dass wir in dieser Zeit, in welcher von KI geschriebene Musik eingesetzt wird und eine Art Perfektion überall Einzug erhält, genau das Gegenteil zu machen. Wir haben uns ins Studio zusammengesetzt und live zusammen wie auf einer Bühne Musik gemacht und aufgenommen. Herausgekommen ist eine Art Livealbum, sehr energetisch.

Wie kam es zu diesem Albumtitel?

Die Inspiration zu dieser Platte sind die Nullerjahre und die 2010er-Jahre. Das ist ja mittlerweile schon fast wieder Retro (lacht). Wir haben in dieser Zeit als Band einiges zusammen erlebt.

Wie kann man Ihre Musik am besten beschreiben?

Ich bin durch und durch Ostwestfale – also mit beiden Füßen auf dem Boden. Ich liebe auch das Handwerk, und das meine ich sowohl musikalisch als auch arbeitstechnisch, da ich wahnsinnig gerne als Tischler und mit Holz arbeite. Das ist ein toller Ausgleich. Zudem spiele ich viele Instrumente und liebe es, mich vielseitig auszudrücken, will es aber vermeiden, in der Musik permanent nach Perfektion zu streben. Es gibt noch etwas, was man nicht greifen oder üben kann - eine Art Magie, wenn Dinge einfach zusammenpassen. Das findet man oft in der Musik.

Sie wohnen mittlerweile in Berlin. Wo ist Ihre Heimat, und welche Verbindung haben Sie zu Köln?

In Berlin bin ich hundertprozentig zuhause. Köln hat mir aber auch immer schon gut gefallen. Mein erstes richtiges Konzert habe ich 2015 in Ehrenfeld im Underground gespielt, das war so trashig, dass der Boden da noch vom Vorabend geklebt hat. In diesem Jahr bin ich als Begleitung von Cat Ballou am Elften Elften tief in das jecke Herz Kölns eingetaucht. Das war eine Wahnsinns-Erfahrung: Zehn Konzerte an einem Tag, wir haben überall unseren Song „Wasser im Rhing“ gemeinsam gespielt - das hatte schon was von Hochleistungssport (lacht). Es ging morgens los auf dem Neumarkt und endete schließlich im Gloria.

Am 20. März machen Sie auf Ihrer Tour Halt in Köln. Was können wir bei Ihrer Show erwarten?

Ich freue mich riesig, endlich dieses Album präsentieren zu dürfen – es gehört einfach auf die Bühne. Dieses Mal werde ich sogar selber das Bühnendesign schreinern und mitbringen. Zudem führe ich auf meiner Tour die Aktion „Local Friends“ ein: In jeder Stadt geben wir lokalen MusikerInnen die Möglichkeit, die Show zu eröffnen. In Köln wird der großartige Singer und Songwriter Ijaz Ali aus Bonn am Start sein.

Deine Songs sind meist heiter, du siehst dich aber auch als politischer Mensch und forderst, dass man für die Demokratie einstehen sollte. Wie kann man das in diesen Zeiten am besten tun?

Ich engagiere mich neben der Musik für den politischen Zusammenhalt und für die Demokratie, arbeite beispielsweise mit Fridays for Future zusammen, oder bin bei vielen Konzerten gegen Rechtsextremismus aufgetreten. Die Demokratie ist für mich – auch wenn sie Optimierungsbedarf hat – die bei weitem beste Staatsform. Dementsprechend ist sie es auch wert, geschützt zu werden. Ich glaube, aktuell ist es ziemlich offensichtlich, dass es wichtig ist, seine Stimme zu nutzen – das gilt für jeden. Wir sollten aktuell nicht schweigen, sondern laut für die Demokratie sprechen und singen.


Tickets

Joris spielt 20. März in der Kölner Live Music Hall in Ehrenfeld. Tickets kosten rund 50 Euro und sind hier erhältlich.