AboAbonnieren

Karneval in KölnTausende Jecken unterwegs in den Kölner Schull- und Veedelszöch

Lesezeit 4 Minuten
19.02.2023
Köln, NRW
Schull- und Veedelszöch (Schul-und Stadtteilzüge)
Hauptschule Bilderstöckchen

Die Sonne strahlte aus dem Zug heraus - weniger vom Himmel

Farbenfroh, fantasiereich und voller Frohsinn zogen die Schull- un Veedelszöch durch die Stadt − den Start aus Deutz verfolgten eher wenige Jecke.

Bunte Karusselle auf dem Kopf, sich windende giftgrüne Schlangen oder Kraken, die unter dem Müll im Meer leiden. Prächtige bunte Fantasiegestalten zogen bei den Schull- un Veedelszöch durch die Stadt. Allerdings: Beider Passage über die Deutzer Brücke passierten sie eine eher trostlose Kulisse. Nur einige hundert Jecken säumten die Brücke. „Der Start aus dem Rechtsrheinischen hat uns rund 64 000 Euro extra gekostet, hinzu kommen noch die Sanitätskosten. Dennoch hat sich der Brückenschlag zum Jubiläum absolut gelohnt“, sagte Bernhard Conin, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums, dem Veranstalter. Im Linksrheinischen drängelten sich Tausende kostümierte Jecken am Zugweg.

Bunte Kostüme und gute Laune gab es auf den Schull- un Veedelszöch

Bunte Kostüme und gute Laune gab es auf den Schull- un Veedelszöch

Umwelt- und Klimaschutz sind die großen Themen, die die 42 Schulen dieses Jahr aufs Korn nehmen. Bienen, Bäume, Blumen, Imker und Schmetterlinge sind auffallend häufig unterwegs unter den rund 3800 Teilnehmern aus den Schulen. Aber auch Miseren an den Schulen werden angeprangert: Das Hölderlin-Gymnasium klagt ebenso wie das Hansa-Gymnasium, das einen tollen Wagen mit einem Geld fressenden Drachen hat, über den schleppenden Schulbau. Das Erich-Kästner-Gymnasium hätte gerne das marode Dach über der Pausenhalle repariert. Die Förderschule Belvedere hat immer noch kein stabiles WLAN.

„Dat waren bis jetzt die Schönsten“, urteilt ein Koch am Alter Markt über die grünen Papageien. Das Rhein-Gymnasium thematisiert die Halsbandsittiche, die die Schule regelmäßig besuchen. Für Stimmung sorgt die Band auf dem Wagen der Kölner Domsingschule „M’r tröte dem Corona jet“, ist das Motto der Grundschule. Erstmals aus Brüssel dabei ist die Gruppe „Kölsche Pänz us Brüssel“. Sie sind mit den Farben der Europaflagge, blau und gold, unterwegs. Ihre Eltern arbeiten für die EU in Brüssel und haben ihre Wurzeln in Rheinland.

Halsbandsittiche

Halsbandsittiche vom Rhein-Gymnasium

Während Schulen und Veedel in der Altstadt noch direkt hintereinander unterwegs waren, sah das an der Severinstraße anders aus. Eine so große Lücke war entstanden, dass Zuschauer bereits nach Hause gingen, in der Annahme es komme niemand mehr. Aber sie kamen natürlich noch. 46 Veedelsgruppen, die allermeisten davon als Fußgruppe unterwegs, liefen den ganz anderen Zugweg. Die Energiekrise hat auch sie erreicht: Das Thema wurde gleich mehrfach auf kunterbunte Kostüme übertragen.

Klimaschutz und Umwelt

So schob der Stammdesch Südstadtjecke kölsche Feuertonnen zum Aufwärmen vor sich her, die Fidelen Höhenberger leuchteten als Kerzen verkleidet auch ohne Strom. Kreative Ideen, um die Krise zu überstehen, gab es viele: Knollendorfer Kölschkränze, die als Windräder am Dom Energie erzeugen, oder die Karnevals-Kraftwerke der löstigen Reechterinne mit „Alaaf-Power“-Batterien.

Wie bei den Schulen hatten sich auch hier viele Gruppen Klimaschutz und Umwelt auf die Fahnen geschrieben. Die Löstije Eierköpp trugen Blömcher auf dem Kopf, die Jecken Öhrcher fuhren einen Wagen, auf dem es nur so krabbelte und Käfer auf eine übergroße Biene Maja trafen. Bei der Kölner Klutengarde waren Eisbären mit einer Sonne auf den Köpfen unterwegs, die ihre Eisschollen zum Schmelzen bringt.


Drei Sieger für den Rosenmontagszug

25Personen gehören zu der Jury, die alle Veedelsgruppen des Zuges bewertet. Vertreten sind das Festkomitee, die Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums und Medien.

Alle Sieger gehen im Rosenmontagszug mit und erhalten Wurfmaterial von Ehrengarde, Prinzen-Garde und Roten Funken.

Den Originalitätspreis sicherten sich der „Stammdesch Kölsche Sonnenkinder“. Seriensieger der vergangenen Jahre mit dem Motto „Unser Stammbaum – su sin mer all he hin jekumme“. Der Goldene Lappenclown des Festkomitees ging an den Stammdesch Kölsche Klüngel. Den Kostümpreis gewann die katholische Jugend Chlodwigplatz. (tho)


Wie in jedem Jahr wurden auch wieder Themen aus den Veedeln selbst aufgegriffen. Die Schnieke-Funke aus Ehrenfeld flogen aus der Wohnungsnot im Viertel mit einer Rakete ins All. Die Gruppe Bocklehoma brachte aus Frust über eine fehlende Eckkneipe in Bocklemünd Kölsch und Halven Hahn als Kopfbedeckung mit. Musik gab es von mehreren Musikgruppen, auch die Bands Salooon und King Loui fuhren auf eigenen Wagen mit. Bei den raderdollen Merheimern sang Ex-Höhner-Gitarrist Franz Martin Willizil als Gastmusiker.

Auch wenn es immer wieder Wartepausen im Zoch gab, für manche Kostüme zogen die Gruppen zu schnell vorbei. Zu gerne hätte man das kölsche Monopoly-Spiel der Katholischen Jugend rund um den Chlodwigplatz genauer gesehen, während Ereigniskarten wie Oper oder Rheinauhafen vorbeirauschten. Oder die 22 Partnerstädte Köln, die von der CologneAlliance auf den Köpfen getragen wurden.