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„Die Menschen feiern uns“AWB-Einsatzleiter berichtet vom Kampf gegen den Müll an Karneval

Lesezeit 4 Minuten
Müllberge auf der Uniwiese nach dem Elften Elften.

Müllberge auf der Uniwiese nach dem Elften Elften.

Rosenmontag ist eine Herausforderung für die AWB. Gerhard Bittdorf meistert sie seit über 40 Jahren.

Jahr für Jahr verschlägt es über eine Million Jecke über Fastelovend nach Köln. Fünf Tage lang steht Köln auf dem Kopf. Dabei hinterlassen die Feiernden zwischen 400 und 500 Tonnen Müll. Um die Reinigung kümmern sich seit Jahrzehnten Gerhard Bittdorf von der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) und seine „Kehrmännchen“.

Zerbrochene Bierflaschen, leere Plastiktüten und liegengebliebene Kamelle - da kommt ein Berg von Abfall zusammen, von dem Bittdorf sich aber nicht nervös machen lässt. „Ich mache diesen Job seit über 40 Jahren, der Einsatz ist mittlerweile Routine“, sagt er gelassen. Schon drei Monate vor der jecken Zeit bereitet er sich mit seinem Team auf den Großeinsatz vor. Die Stimmung ist entspannt, als Bittdorf durch die große Fahrzeughalle läuft. Die Mitarbeiter arbeiten Hand in Hand, wie ein gut geöltes Räderwerk. Es müssen Tonnen und Behälter beschafft und Einsätze geplant werden. Und mag auch vieles Routine sein, diese besondere Aufgabe ist dann doch nicht ein Job wie jeder andere. „Ich gebe zu, auch wir bei der AWB sind ein wenig jeck, die Einsatzfahrzeuge werden zum Karneval dekoriert“, sagt Bittdorf. Eine Plane mit Konfetti-Muster wird aufgezogen, der Schriftzug Alaaf prangt auf den Wagen. „Es braucht alleine einen Tag, um die Einsatzfahrzeuge für den Rosenmontag dem Ereignis anzupassen“, berichtet der Einsatzleiter weiter.

Gerhard Bittdorf macht der Einsatz zu Karneval nicht mehr nervös. Er hat Routine.

Gerhard Bittdorf macht der Einsatz zu Karneval nicht mehr nervös. Er hat Routine.

Müll an Karneval: Enger Austausch mit dem Festkomitee

Für die Koordination an den fünf tollen Tagen besteht ein enger Austausch zwischen Bittdorf, dem Festkomitee, der Stadt Köln und den Einsatzleitungen von Polizei und Feuerwehr. Doch bei aller Planung am Grünen Tisch - nichts ersetzt den Blick des Fachmanns vor Ort. Kurz vor dem Rosenmontagszug läuft Gerhard Bittdorf die komplette Strecke einmal ab. Bei der Reinigung können falsch geparkte Fahrzeuge, Fahrradleichen oder ungesicherte Baustellen schnell zum Hindernis werden.

Erstmalig arbeiten die Reinigungsteams bei den karnevalistischen Großeinsätzen in einer Früh-, Spät und Nachtschicht. Als Einsatzleiter koordiniert Bittdorf Trupps, die den Rosenmontagszug unterteilt in sechs Abschnitte säubern. Der Rosenmontagszug mag für die Jecken der Höhepunkt sein, für Bittdorf und seine Leute ist jedoch der Karnevalssonntag der Haupteinsatztag - gehen dann doch parallel 24 Veedelszüge. Eigentlich müssten sich seine Mitarbeiter an diesem Tag in Stücke reißen, um überall sein zu können. Aber jahrelange Erfahrung bei der Planung sorgt für breite Präsenz.

Die Säuberung der Grünflächen stellt eine Herausforderung dar. „Da die Reinigung mit Kehrmaschinen hier nicht möglich ist, müssen die Party-Überreste von uns mit Hand und Rechen aufgesammelt werden“, erläutert er. Denn Abfall ist nicht gleich Abfall. Das Kamelle-Papier ist schnell aufgefegt. Glasscherben hingegen können zu einer Sisyphos-Arbeit werden, erst recht in Grünflächen. Dabei geht es für die Reinigungstrupps gerade bei Glasscherben nicht um die reine Sauberkeit, sondern vor allem auch um die Sicherheit: „Sie bergen einerseits eine Gefahr für Feiernde, die sich an ihnen verletzen können. Andererseits besteht ein Risiko für Reifenschäden unseren Reinigungs- und Rettungsfahrzeugen“, erklärt der Karnevalspezialist.

Vieles hängt für die AWB vom Wetter ab

Und dann kommt da noch die große Unbekannte ins Spiel: die Wetterverhältnisse. „Solange ich diesen Job noch mache, wünsche ich mir kalte, trockene Karnevalstage,“ witzelt der Einsatzleiter. Kälte treibt die Jecken von der Straße in die Kneipen und reduziert so den Müll. Das ist eigentlich auch der Effekt bei Regen. Doch auf nasser Straße wird jedes Kamelle-Papier zu einer aufgeklebten Briefmarke.

Man könnte glauben, Bittdorfs Job hat sich in den vergangenen 40 Jahren nicht wesentlich verändert. Der Müll muss weg - damals wie heute. Doch es gibt mittlerweile eine veränderte Sensibilität bei Thema Müll. „Der Fokus der AWB liegt zwar bei der Reinigung, wir beschäftigen uns aber durchaus mit dem Thema Nachhaltigkeit. Die Kartonage aus den Umzügen wird separat gesammelt und verwertet, statt in die Müllverbrennung zu kommen“, bestätigt das Bittdorf. Doch Bittdorf und seine Teams können nur den zweiten Schritt machen- sowohl bei der Nachhaltigkeit, als auch bei der Entsorgung. Den Ersten müssen die Jecken machen. „Ich habe das Gefühl, es gibt da ein Umdenken. Flyer und Konfetti verteilen die Jecken fast gar nicht mehr und Glasflaschen werden eher neben den Papierkorb für Flaschensammler gestellt, anstatt sie achtlos wegzuwerfen“, berichtet er.

All die Mühe und der ganze Abfall, das klingt für Außenstehende erstmal nach wenig Spaß. Was motiviert den Einsatzleiter und sein Team, jedes Jahr die Stadt wieder auf Vordermann zu bringen? Für Gerhard Bittdorf und sein Team ist die Reaktion der Feiernden genug Motivation. „Die Menschen feiern uns regelrecht, wenn wir kommen, wir erleben ein hohes Maß an Wertschätzung für unsere Arbeit“, erzählt er stolz.