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Kölner U18-Wahlwoche„Jede, wirklich jede Stimme zählt“ - Jugendring richtet  50 Veranstaltungen aus

Lesezeit 4 Minuten
Köln, RSK, U18-Wahl Diskussion an der Katharina-Henoth-Gesamtschule mit OB Reker

Köln, RSK, U18-Wahl Diskussion an der Katharina-Henoth-Gesamtschule mit OB Reker

Ein großer Tisch, Jugendliche und eine Oberbürgermeisterin, die sich Zeit nimmt. Wir haben mitgehört.

„Auf Augenhöhe“ ist hier keine Floskel, sondern Fakt. 20 Jugendliche sitzen zusammen mit ihrer Oberbürgermeisterin an einem großen Tisch, um den Auftakt der vom Kölner Jugendring ausgerichteten U-18-Wahlwoche zu gestalten. Der findet in der Mensa der Katharina-Henoth-Gesamtschule statt, und Henriette Reker nimmt sich Zeit für die jungen Kölner und Kölnerinnen. „Was kann eine Oberbürgermeisterin überhaupt verändern?“, „Wie sind Sie OB geworden?“, „Haben Sie wegen des Überfalls auf Sie Angst, alleine auf die Straße zu gehen?“, „Was tun Sie für Menschen, die beim Hochwasser in Porz-Lind ihre Zimmer verloren haben?“ und: „Wollten Sie schon immer Bürgermeisterin werden?“ Nein, wollte sie nicht, sagt Henriette Reker schmunzelnd. „Als kleines Mädchen wollte ich unbedingt Astronautin werden.“

Das rege Gespräch ist die erste von 50 Veranstaltungen in Schulen, Jugendzentren und bei Jugend verbänden, mit denen der Kölner Jugendring jungen Menschen Politik und diejenigen, die sie im Auftrag der Wählenden machen, nahe bringen möchte. Und ihnen zugleich zeigt, wie alles abläuft, wenn man zum ersten Mal wählen geht und das Prozedere nicht kennt. Deshalb hat der Kunstkurs der Gesamtschule zwei Wahlkabinen und zwei Wahlurnen gebaut, in denen die Jugendlichen, die noch keine 18 Jahre alt sind und bei der Bundestagswahl nicht wählen dürfen, ihre Stimme am Ende der Veranstaltungen abgeben werden.

Jede nicht abgegebene Stimme ist eine Stimme für die AfD.
Bastian (17)

So wie Bastian. Der gerade noch 17-Jährige hat Glück. Er wird am 15. Februar 18 Jahre alt und kann bei der vorgezogenen Wahl sein Votum abgeben. Das werde er in jedem Fall tun, denn „jede nicht abgegebene Stimme ist eine Stimme für die AfD.“ Das ist auch für Delin (18) ganz klar. „Jede, wirklich jede Stimme zählt und kann den Unterschied machen, wenn viele Menschen so denken. Und sie kann unsere Lebensbedingungen ganz entscheidend verändern“, sagt sie. Die beiden wünschen sich eine Politik, in der der Mindestlohn auf 15 Euro erhöht wird, „damit man die immer teurer werdenden Lebensmittel und Mieten überhaupt zahlen kann“. Bastian fände es gerecht, wenn die Steuerlast der Geringverdienenden gesenkt und die der Großverdiener erhöht würde, „damit die Ungleichheit nicht mehr so groß ist wie jetzt“.

Im Gespräch: Henriette Reker und die Gesamtschüler.

Im Gespräch: Henriette Reker und die Gesamtschüler.

Großes Interesse an Politik und ihrer Oberbürgermeisterin haben auch schon die Jüngeren am Tisch. Ihnen hatte die OB gleich zur Eröffnung der Gesprächsrunde gestanden, dass sie lange auch für das Wahlrecht ab 18 Jahren war, sich ihre Einschätzung aber geändert habe. „Man kann auch mit 16 Jahren schon sehr aktiv und an Politik interessiert sein. Oder mit 24 Jahren völlig uninteressiert daran.“ Deshalb habe sie ihre Meinung geändert und sei für eine Wahlberechtigung ab 16. Jahre.

Wir wollen den jungen Menschen vermitteln, dass die Menschen auf den Plakaten nicht irgendwelche Photoshop-Animationen sind, sondern Menschen wie du und ich.
Thorsten Buff, Geschäftsführer des Kölner Jugendrings

Das fordert der Kölner Jugendring, bei dem sich auch viele Jugendliche ehrenamtlich engagieren, seit langem – auf der Basis einer mehr als zehnjährigen Arbeit mit jungen Menschen. „Am besten wäre es, wenn sie ab 14 Jahren mitbestimmen dürften“, ist sich Thorsten Buff, Geschäftsführer des Kölner Jugendrings, sicher. Wer früh in politische Prozesse eingebunden sei, bleibt auch dabei aktiv dabei. Und für die Wahlbeteiligung sei entscheidend, das man sich gut informiert fühlt. Deshalb lädt der Jugendring auch Politiker und Politikerinnen zum Gespräch mit den jungen Kölnerinnen und Kölnern ein. Oder bittet sie, wie bei der Abschlussveranstaltung der U-18-Wahlwoche, in die Bütt. „Wir wollen den jungen Menschen vermitteln, dass die Menschen auf den Plakaten nicht irgendwelche Photoshop-Animationen sind, sondern Menschen wie du und ich, die auch mal einen Witz machen können und mit denen man sich ganz normal unterhalten kann.“

Mit der Katharina Henoth Gesamtschule habe der Jugendring eine richtig gute Kooperation, weil hier aktuelle politische Themen im Unterricht angesprochen würden, sagt Thorsten Buff. „Etwa der Begriff Brandmauer. Was bedeutet das überhaupt? Und welche Argumente gibt es dafür, sie aufrecht zu erhalten?“ „Ich bin froh, dass so viele Menschen mit ihren Talenten in unser Land kommen“, sagte Henriette Reker dazu, „auch, weil Deutschland sonst ein völlig überaltertes Land wird“. Eine der Schülerinnen gab ihr dazu einen Wunsch mit auf den Weg. „Ich fände es sehr gut, wenn es vor den Wahlen so eine Art Planspiel gäbe. Dazu, wie es wäre, wenn in Deutschland die SPD, die CDU oder die Grünen regieren. Oder die AfD.“ Viele Jugendliche seien durch die Sozialen Medien leicht manipulierbar. „Aber mit so einem Spiel würde es einem richtig deutlich werden, was die eigene Wahlentscheidung für das Leben bedeutet.“

Die U-18-Wahl ist für alle offen. Informationen dazu, wo Jugendliche unter 18 Jahren ihre Stimme abgeben können sowie über weitere Veranstaltungen, gibt es auf der Internetseite des Kölner Jugendrings.