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Laurenz CarréDroht jahrelanger Stillstand auf Baustelle am Kölner Dom?

Lesezeit 4 Minuten
Visualisierung eines geplanten Bürohauses im Laurenz Carré am Kölner Dom.

Ein Vorzeigeprojekt in absoluter Top-Lage am Kölner Dom. So präsentiert sich das Laurenz Carré in einer Visualisierung.

Nicht erst seit der Insolvenz des Projektentwicklers Gerchgroup wird auf der Baustelle des Laurenz Carré nicht mehr gearbeitet. Droht jetzt jahrelanger Stillstand?

„Hier entsteht ein Quartier zum Leben, Arbeiten und Genießen“, heißt es auf dem Bauzaun gegenüber dem Kölner Dom. Daneben zeigen Hochglanzbilder, wie das neue Quartier Laurenz Carŕe mit Büros, Hotel und Wohnungen einmal aussehen soll. Doch die Baustelle dahinter liegt verlassen da, alle Zufahrten sind verrammelt. Und das nicht erst seit Mittwoch, als die Nachricht von der Insolvenz des Projektentwicklers Gerchgroup aus Düsseldorf die Runde machte. Schon seit Wochen tat sich praktisch nichts mehr auf der Baustelle. Nun stellt sich die bange Frage: Was wird aus dem Projekt in absoluter Top-Lage? Droht ein jahrelanger Baustopp? Fragen und Antworten.

Ist das Laurenz Carré von der Insolvenz betroffen?

Die Gerchgroup erklärte, sie habe „aufgrund drohender Zahlungsfähigkeit“ beim Amtsgericht Düsseldorf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Dem habe das Gericht am 23. August entsprochen. Betroffen seien „zunächst“ nur vier Dachgesellschaften, „jedoch nicht die einzelnen Immobilienprojektgesellschaften“. Somit ist die Projektgesellschaft Laurenz Carré bisher nicht unmittelbar betroffen. Fraglich ist jedoch, ob sie genug Kapital hat, um sich aus eigener Kraft zu sanieren.

Wie geht es jetzt weiter?

Bei einer Sanierung in Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung im Amt und handlungsfähig. Das Gericht hat ihr einen Sachwalter zur Seite gestellt: Jens M. Schmidt von Runkel Rechtsanwälte Wuppertal. Er wird von Experten der Kanzlei Görg und der Unternehmensberatung Montag & Montag unterstützt. „Unser primäres Ziel ist es, trotz der derzeitigen Krise in der Baubranche alle Immobilienprojekte umzusetzen und am Markt zu platzieren. Dafür starten wir ein umfassendes Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm“, betont Gerch-Vorstandschef Mathias Düsterdick. Ob dies im Falle des Laurenz Carré greift, ist unklar. Denkbar ist ein Verkauf des Projekts, doch das könnte dauern.

Die verwaiste Baustelle des Laurenz Carré am Kölner Dom.

Verwaist: Die Baustelle des Laurenz Carré am Tag nach der Nachricht, dass der Projektentwickler Gerchgroup Insolvenz angemeldet hat.

Was sagt die Stadt Köln zur Insolvenz der Gerchgroup?

Man bedauere das sehr, sagte Baudezernent Markus Greitemann auf Anfrage. Die Stadt halte „weiterhin engen Kontakt mit der Projektgesellschaft der Gerchgroup“. Zum Laurenz Carré erklärte er: „Die Baustelle ist durch Bauzäune abgegrenzt, so dass die Sauberkeit und Ordnung gegeben ist. Wir sind zuversichtlich, dass das Projekt in absehbarer Zeit wieder Fahrt aufnimmt, denn bei dem Grundstück handelt es sich deutschlandweit um ein echtes Sahnestück.“ Die Stadt habe alles getan, damit gebaut werden kann. „Somit besteht von unserer Seite höchstmögliche Beinfreiheit. Es existieren Planrecht und Baugenehmigung für das Laurenz Carré“, so Greitemann.

Wieso geraten derzeit viele Projektentwickler in Schieflage?

In den vergangenen Wochen haben etwa der Luxus-Immobilienentwickler Euroboden in München, die Nürnberger Project Immobilien und die Düsseldorfer Immobilienunternehmen Centrum und Development Partner Insolvenz angemeldet. Hinweise auf Probleme gab es schon länger. „Nachdem es die vergangenen zehn Jahre stets bergauf ging, hat sich die Lage für die deutsche Baubranche in den letzten Monaten erheblich verschlechtert. Die hohen Zinsen und die deutlich gestiegenen Baupreise bremsen den Neubau von Gewerbeimmobilien nun deutlich aus, die Stornierungen von Projekten häufen sich“, sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland der Atradius Kreditversicherung.

Das bekämen auch die Projektentwickler immer stärker zu spüren. Ihre Liquidität ist laut Liebold zuletzt stark dahingeschmolzen, wie die Rückmeldungen von Kunden zeigten. „So haben die Nichtzahlungsmeldungen, die unsere Kunden nach Lieferungen in die deutsche Baubranche bei uns eingereicht haben, in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um rund 33 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugenommen“, so Liebold.

Das sorgt für Verkaufsdruck. Doch große Investoren warten womöglich ab, setzen auf weiter sinkende Preise. Im März scheiterte der Verkauf des Laurenz Carré durch Gerch an die Kapitalgesellschaft Corestate.

Visualisierung des sanierten Senatshotels im Laurenz-Carré.

So soll das Senatshotel (l.) im Laurenz Carré nach der Sanierung aussehen.

Wie geht es in der Immobilienbranche weiter?

Atradius geht davon aus, dass sich das Zahlungsrisiko in der Baubranche in den kommenden Monaten weiter erhöhen wird. „Noch leben die Unternehmen häufig von den Auftragsbeständen, doch das könnte sich ab dem Herbst verschärfen. Insbesondere die kleineren Bauunternehmen dürfte es treffen“, so Liebold. Sie seien bei abrupten Auftragsrückgängen weniger resilient. 85 Prozent der deutschen Bauunternehmen haben weniger als 20 Beschäftigte.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Die Pleite von Projektentwicklern oder Bauträgern trifft finanzierende Banken und Immobilienkäufer, die auf halb fertigen Wohnungen sitzen. Der Verbraucherverband Wohnen im Eigentum fordert eine bessere Absicherung. Entweder sollte der Bauträger bis zur Bezugsfertigkeit auf Abschlagszahlungen verzichten oder diese sichern, etwa durch eine Versicherung.