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Hilferuf von Vitali Klitschko120 Paletten aus Köln sind unterwegs nach Kiew

Lesezeit 3 Minuten
Hilfsgüter für die Ukraine

Sie stehen für viele, die gespendet haben: OB Henriette Reker, Susanne Fabry (Rheinenergie) und Linda Mai (v.l.)

Köln – Konserven, Hygieneartikel/Kinder, Babynahrung, Schlafsäcke oder einfach nur Wasser. So sind die Pakete auf den Paletten gekennzeichnet. Die lebensnotwendigen Hilfsgüter werden gerade von der Lagerhalle am Niehler Molenkopf in einen von vier bereitstehenden 7,5-Tonnern verladen. Sie sollen in der umkämpften Stadt Kiew die größte Not der Menschen lindern helfen. In zweieinhalb Tagen, wenn denn alles gut geht.

Vitali Klitschko fragte OB Reker direkt um Hilfe

Vor gut zwei Wochen hatte sich der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko mit einer dringenden Bitte um Hilfe an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt; beide hatten sich 2015 bei der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises kennen gelernt. Die Stadt startete einen Spendenaufruf, schrieb gezielt Unternehmen an. Das Ergebnis: 120 Paletten. Allein die Belegschaft der Rheinenergie hatte 20 Paletten finanziert. Die türkische Supermarktkette Karadag beteiligte sich ebenso wie das Unternehmen Imhoff und der Logistiker Schenker. Großen Anteil an der Lieferung hat auch die Initiative Blau-Gelbes-Kreuz, die von Spendengeldern der Kölnerinnen und Kölner finanzierte dringend benötigte Medikamente, Hygieneartikel und Babynahrung beisteuerte.

Messehallen derzeit kaum genutzt

170 Menschen waren am Donnerstag in der Messehalle 3 untergebracht; die Halle 4 muss derzeit nicht belegt werden. Dies gelinge aber nur, weil regelmäßig Verlegungen aus der Messe erfolgen, so eine Stadtsprecherin. Im Schnitt kommen täglich zwischen 100 und 300 Geflüchtete an, die zunächst nur kurzzeitig untergebracht werden. Kranke, schwangere und behinderte Menschen werden direkt in gemietete Hotels vermittelt.

In Systembauten, Wohncontainern, Mehrfamilienhäusern, Leichtbauhallen, Hotels und der Messe werden die Geflüchteten derzeit untergebracht. Neben etwa 3000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine leben derzeit 5759 Menschen, die aus anderen Ländern geflüchtet sind, in städtischen Unterkünften (Stand Februar 2022).

Landesintern werden 21 Prozent aller Geflüchteten, die NRW nach dem Königsteiner Schlüssel aufnehmen muss, nach der Quotierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes verteilt. Der sieht für Köln 5,6 Prozent aller NRW zugewiesenen Geflüchteten vor. Bei deutschlandweit aktuell rund 280 000 registrierten Ukraineflüchtlingen sind das für Köln gut 3300 Menschen. (bos)

Am Donnerstagnachmittag sind die Laster vom Gelände der Häfen und Güterverkehr Köln aus losgefahren. In Seddin nahe Berlin werden die Güter in Container umgeladen und via Schienenbrücke der Deutschen Bahn weitertransportiert. „Das letzte Stück übernehmen ukrainische Fahrer“, sagt Alex Haseloer, der beim Blau-Gelben-Kreuz als Ehrenamtler für die Logistik zuständig ist. „Sie riskieren bei diesen Transporten ihr Leben.“ Die meisten Hilfsgüter kämen an, aber sichere Korridore gebe es nicht.

„Ohne die Ehrenamtlichen hätten wir das nicht fertig bekommen“, sagt die OB. Und: „Wir dürfen nicht aufhören zu helfen.“ Das wünscht sich auch Linda Mai vom Blau-Gelben Kreuz. „Im Moment kommen etwas weniger Spenden. Aber die Menschen brauchen umso mehr Hilfe, wenn ihre Städte zerbombt sind und es selbst das Allernötigste nicht mehr gibt.“ Zugleich ist sie sehr berührt davon, wieviele Menschen dem Blau-Gelben-Kreuz ehrenamtlich helfen.

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Ehrenamtliche sind auch in der Begleitung der geflüchteten Frauen und Kinder unverzichtbar, die in Sammelunterkünften untergebracht sind. Hier gibt es jetzt die zusätzliche professionelle Hilfe, die der Rat der Stadt am 17. März per Dringlichkeitsantrag gefordert hatte. Ab der kommenden Woche sollen schrittweise 20 Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen in Vollzeit in den Messehallen und später auch in der Zeltstadt am Südstadion zur Beratung und Hilfe für Geflüchtete zur Verfügung stehen, so Martina Schönhals von der Diakonie Köln. Gemeinsam mit der Caritas und dem Roten Kreuz ist die Diakonie für den Betrieb dieser Unterkünfte verantwortlich. Die Pädagogen werden zudem Freizeitangebote für junge Geflüchtete machen, ihnen nach Krieg und Flucht eine paar Stunden „normale Kindheit“ ermöglichen.

Gefordert hatte etwa Caritas-Chef Peter Krücker solche regelmäßigen „Spiel- und Schutzräume“. „Diese ’Brückenprojekte’ für geflüchtete Kinder und Jugendliche haben sich 2015/16 in Köln sehr bewährt. Viele Träger haben das Personal schon lange bereitstehen.“ Was fehlte, war das „Go“der Verwaltung.