Die Stadt Köln befindet sich in einer veritablen Finanzkrise. Das bekommen die Bürger bald zu spüren. Denn jetzt werden massiv Leistungen gekürzt, Gebühren erhöht und Projekte zurückgestellt.
HaushaltskriseWo die Stadt Köln jetzt überall kürzt und Gebühren erhöht
Noch kann sich Köln über wachsende Steuereinnahmen freuen, doch die Ausgaben steigen schneller als die Erträge. Schon fürs laufende Jahr rechnet Kämmerin Dörte Diemert mit einem Haushaltsloch von 321 Millionen Euro. Und danach wird es nicht besser – im Gegenteil.
Gemäß dem Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/2026, den die Stadtverwaltung am Donnerstag vorgelegt hat, drohen in den nächsten Jahren Defizite von bis zu 485 Millionen Euro (siehe Grafik). Die Stadt muss also sparen und sich anstrengen, um nicht in die Haushaltssicherung abzurutschen.
Das hat Auswirkungen auf allen Ebenen: Gemäß der Pläne der Stadtverwaltung, die zum Teil schon beschlossen sind, wird das Kita-Essen teurer, die Gebühren für die Stadtbibliothek und die Rheinische Musikschule sowie die Eintrittsgelder der Museen werden erhöht. Der Preis für Anwohnerparkausweise wurde bereits von 30 auf 100 Euro heraufgesetzt, die Gebühren in den städtischen Parkhäusern sollen auf das Niveau privater Parkhäuser angehoben werden.
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Im Bereich der Offenen Ganztagsschulen werden die Elternbeiträge erhöht – sozial ausgewogen und zum ersten Mal seit 2016, wie die Stadt betont. Für Einkommen bis 100.000 Euro sei eine Erhöhung um drei bis sechs Prozent geplant. In der höchsten Stufe steige der Beitrag auf 228 Euro im Monat, im Gegenzug würden Familien mit Einkünften bis 36.813 Euro beitragsfrei gestellt.
Haushaltskrise: Stadt Köln erhöht Gebühren und legt Projekte auf Eis
Der Bau weiterer öffentlicher Toiletten wird zurückgestellt, nur die sieben bereits geplanten WCs im Domumfeld und am Neumarkt werden noch gebaut. Auch die geplante Errichtung von 18 weiteren Trinkwasserbrunnen wird auf Eis gelegt.
Zu spüren bekommen die Haushaltskrise insbesondere Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die von den Dezernaten für Bildung, Jugend und Sport sowie für Soziales, Gesundheit und Wohnen künftig keine Fördermittel mehr erhalten. Auch viele Kulturprojekte verlieren die städtischen Zuschüsse. Die Förderungen wurden laut Stadt daraufhin überprüft, ob sie zwingend notwendig sind, und dann priorisiert. Angebote zur Berufsorientierung führe man nicht fort, weil sich das Jobcenter wegen gekürzter Bundesmittel aus der Kofinanzierung zurückgezogen habe.
Gestrichen ab 2025 ist auch die erst vor wenigen Jahren begonnene Förderung des Kölner Renn-Vereins 1897 e.V., der die Pferderennbahn in Weidenpesch gepachtet hat und betreibt. Mittelfristig sollen die „Akademie der Künste der Welt“ und die „Acht Brücken GmbH“ aufgegeben werden. Der Aufbau eines Tanzensembles wird verschoben.
Auch bei angemieteten Immobilien will die Stadt sparen. In teuren Depots eingelagerte Kulturobjekte sollen in günstigere Lager umziehen. Die Interimsausstellung des Römisch-Germanischen Museums soll das ehemalige Belgische Haus an der Cäcilienstraße verlassen und ins gegenüberliegende Kulturzentrum am Neumarkt wechseln.
Stadt Köln will wegen Finanzkrise beim eigenen Personal sparen
Außerdem will die Stadt durch Homeoffice und Desksharing die Zahl der benötigten Bürogebäude reduzieren. Auch beim Personal spart die Stadt. Es wird kein zusätzliches Budget zur Schaffung neuer Stellen geben, und freiwerdende Stellen sollen ab sofort nur dann nachbesetzt werden, wenn dies zwingend erforderlich ist. Die mehr als 20.000 Stellen in der Verwaltung sollen ab 2027 um drei Prozent reduziert werden. Auch bei der Politik will die Stadt kürzen – bei Repräsentationsmitteln, Zuwendungen für die Fraktionen sowie der Zahl und Größe der Fachausschüsse des Rats.
Weil die Verwaltung Zeit brauchte, um die Sparvorschläge zu erarbeiten, wurde der Doppelhaushalt drei Monate später als geplant eingebracht, beschlossen wird er voraussichtlich am 13. Februar. „Die Rahmenbedingungen haben uns vor größere Herausforderungen gestellt, als es sie jemals gegeben hat“, erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor Journalisten. Köln sei mit seiner Haushaltskrise ja nicht allein, vier von zehn Kommunen in NRW drohe die Haushaltssicherung.
OB Reker erwartet bei Wünschen der Politik Vorschläge zur Finanzierung
„Wir werden uns nicht alles leisten können“, betonte die OB. „Die Realität muss ja mal zur Kenntnis genommen werden. Und das ist auch nicht schön.“ Köln werde aber „weiter stark in Bildung und Schulen investieren“, kündigte Reker an. „Nie wieder dürfen wir es zulassen, dass unsere Schulen durchweg so marode werden, wie sie es noch zu meinem Amtsantritt waren.“ Sie betonte auch, Köln werde nicht zur unsozialen Stadt oder geringschätze die Kultur, weil es in diesen Bereichen Einsparungen gebe.
Es bleibe „das Königsrecht des Rats“, den Haushaltsplanentwurf so zu verändern, wie er es für richtig erachte. Doch da es darum gehe, „die finanzielle Handlungsfähigkeit unserer Stadt zu bewahren, erwarte ich, dass Änderungswünsche auch mit konstruktiven Gegenvorschlägen daherkommen. Das heißt für mich: Jeder Wunsch der Politik muss auch mit einer Gegenfinanzierung hinterlegt sein“, stellte die OB klar.
Kämmerin Dörte Diemert unterstrich: „Wir befinden uns in Köln mitten in einer veritablen Finanzkrise.“ Dennoch sei es gelungen, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen, der „eine ausgewogene Beratungsgrundlage für die Politik“ darstelle. Die Stadt sei mit „massiven Aufgabenzuwächsen und Kostensteigerungen“ konfrontiert. „Vieles, aber nicht alles konnten wir über neue Schulden finanzieren“, so Diemert.
Die Liquiditätskredite, die die Stadt benötigt, um zahlungsfähig zu bleiben, werden sich von 911 Millionen Euro im Jahr 2023 bis 2029 auf 4,1 Milliarden Euro mehr als vervierfachen. Die Investitionskredite wachsen im selben Zeitraum von 2,0 auf 6,7 Milliarden Euro an, zusammen steigt das Kreditvolumen auf mehr als zehn Milliarden Euro (siehe Grafik). Allein für die städtischen Kliniken sehe man von 2025 bis 2029 Investitionen in Höhe von 736 Millionen Euro vor, erklärte die Kämmerin. Für eine Absenkung der Hebesätze der Grundsteuer gebe es keinen Spielraum.
Damit der 6,5 und 6,7 Milliarden Euro schwere Haushalt 2025/2026 überhaupt genehmigt werden kann, muss die Stadt auf ein neues Instrument zurückgreifen, das die Landesregierung geschaffen hat: den sogenannten globalen Minderaufwand. Das bedeutet, dass sie vom erwarteten Defizit noch einen Betrag abziehen darf im Vorgriff darauf, dass sie plant, noch Kosten einzusparen, zum Beispiel in der Verwaltung. Diese zunächst nur versprochenen Einsparungen müssen später konkretisiert werden. Trotz dieser Abzüge wird das Defizit die Fünf-Prozent-Grenze zweimal hintereinander übersteigen. Das Abrutschen in die Haushaltssicherung kann die Stadt daher nur vermeiden, in dem sie Verluste in folgende Jahre vorträgt.
In ihrer Rede im Stadtrat betonte Diemert: „Die Folge der hohen Verschuldung wird sein, dass ein immer größerer Teil unseres Vermögens nicht mehr uns, sondern den Banken gehört.“ Bis 2029 verliere Köln 1,4 Milliarden Euro Eigenkapital von ursprünglich 5 Milliarden - ein Verlust von rund 30 Prozent. „Wenn das in diesem Tempo weitergeht, wird Köln bald überschuldet ein.“ Man müsse daher aktiv gegensteuern und den Konsolidierungskurs konsequent fortsetzen. An die Ratsmitglieder gerichtet, sagte sie: „Es braucht Mut und Entschlossenheit, das Ruder umzulegen.“