Ein satirischer Kommentar zur gestörten Sichtachse auf dem Dom vom Rastplatz der Bundesautobahn in Frechen aus.

Glosse über einen StrommastenDie vergrämte Sichtachse auf den Kölner Dom

Der Strommast in der Sichtachse zum Dom
Copyright: Thomas Banneyer
Wenn die Erde eine Scheibe wäre, müsste man von überall den Kölner Dom sehen können. Dieses Gefühl kann einen in dieser Stadt beschleichen. Denn das Wahrzeichen der Stadt mit ihrer 2000-jährigen Geschichte steht stets im Mittelpunkt, vor allem aber bei der Übersicht der Blickbeziehungen auf den Dom und die romanischen Kirchen der Stadt.
Auf dem Sternenplan sind die Sichtachsen auf die Kathedrale von mehreren Standorten im und um das Stadtgebiet markiert. Sternenförmig verteilen diese sich in alle Himmelsrichtungen. Besonders großzügig sind dabei die Autobahnen und Bahntrassen eingezeichnet.
Ausgerechnet im wilden Westen ist einer der wohl fadesten Orte der Region eingetragen, von dem laut städtischer Karte eine „wichtige Blickbeziehung auf den Dom“ ausgeht: Der Rastplatz der Bundesautobahn in Frechen. Wenn der Disneyklassiker „König der Löwen“ in „Kölle“ spielen würde, hätte Mufasa seinem Sohn Simba erklärt, dass dies das Schattenreich ist, wo er niemals hingehen dürfte: Es liegt außerhalb des geweihten Landes. Wer bei Google Maps nach Köln sucht, wird feststellen, dass das gesamte Umland drei Grautöne tiefer dargestellt wird.
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Sichtachse in Frechen gestört
Ausgerechnet diese Sichtachse ist nun vor den Toren von Köln gestört. Ein Strommast steht genau zwischen Rastplatz und Dom. Dem ein oder anderen mag er hinter den riesigen Straßenschildern, die den Dom während der Fahrt immer wieder verstecken, kaum aufgefallen sein. Für andere ist der Strommast der Anlass, die Verwaltung in Frage zu stellen. Dabei gehen die Befugnisse der Verwaltung hinter der Stadtgrenze gegen Null.
Auf eine Anfrage der Kölner FDP hin fühlte sich die Verwaltung dennoch genötigt, Rechenschaft abzulegen. Die Stadt liefert zu diesem Witz die Pointe gleich selbst ab: „Je nach Standort ist das Vorschieben des Strommastes vor den Kölner Dom unglücklich.“ Ein Satz, der so ziemlich auf jeden anderen Ort ebenfalls anwendbar wäre.
Doch dem noch nicht genug: Die Kölner Verwaltung versucht, den schwarzen Peter weiterzuschieben und erklärt, dass die planfeststellende Behörde die Einwände nicht anerkannt habe. Doch warum gibt es überhaupt einen schwarzen Peter in dieser Geschichte? Denn ein Strommast für eine für die Energiewende wichtige Versorgung der südlichen Landesteile könnte eventuell eine höhere Priorität haben als die Sicht auf den Dom bei Cheeseburger und Apfeltasche am Rastplatz.
Der eigentliche Witz ist, dass Kölner Unternehmen, die der Stadt jedes Jahr Millionen von Euro an Gewerbesteuer überweisen, tief in die Tasche greifen müssen, um diese Sichtachsen gründlich analysieren zu lassen. So tief in die Tasche, dass im Geldbeutel auch die Karte des schwarzen Peters klingeln könnte: Rund 90 000 Euro kostet ein Gutachten zur Verträglichkeit eines Hochhausvorhabens mit dem Weltkulturerbe Dom. Wer sich jetzt fragt, wofür es den Sternenplan überhaupt gibt und warum Blickpunkte außerhalb des Stadtgebiets darauf markiert sind, bei denen die Verwaltung der Karnevalshochburg eh „nix zo kamelle hät“, der wird allerdings ratlos zurückgelassen.