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VideospielmesseKölner Ideen auf der Gamescom - Schlägerei im Büdchen, gemütliches Leben im Buchladen

Lesezeit 4 Minuten
Das Spiel Kiosk Simulator dreht sich um das tägliche Leben in einem Büdchen in Köln.

Das Spiel Kiosk Simulator dreht sich um das tägliche Leben in einem Büdchen in Köln.

Auch Kölner Entwicklerstudios präsentieren auf der Gamescom ihre Ideen. Der kuriose Prügel-Kiosk-Simulator beruht auf einer wahren Begebenheit in Mülheim.

So ein Leben als Kiosk-Besitzer ist kein Zuckerschlecken. Denn die Stadt wimmelt nur so vor fiesen Halunken, die es auf die Tageseinnahmen oder einfach nur auf Krawall abgesehen haben. Doch einfach so ausrauben lassen und anschließend die Polizei rufen – das ist nicht das Ding des bärtigen Protagonisten in Pixel-Optik. Er nimmt die Dinge lieber selbst in die Hand. Und schon ist die grobe Rahmenhandlung des „Kiosk Simulators“ aus der Feder des Kölner Entwicklerstudios Neptune Interactive grob umrissen. Aktuell stellt das Team ihr Spiel auf der Gamescom vor. Im kommenden Jahr soll es offiziell erscheinen.

„Die Idee des Spiels basiert auf der Geschichte eines befreundeten Kiosk-Besitzers“, erklärt Fritz Thiel, einer der vier Entwickler. Der Bekannte wurde im vergangenen Jahr in seinem Mülheimer Büdchen Opfer eines Überfalls, bewies aber großen Mut. Er stellte sich den Räubern in den Weg, scheute auch die körperliche Auseinandersetzung nicht und schlug die Bösewichte in die Flucht. Die Polizei stellte die Täter später. Die Verletzungen, die der tapfere Büdchen-Betreiber ihnen zugefügt hatte, verriet sie. Mit dieser Geschichte im Hinterkopf erscheint es durchaus logisch, dass die Prügel-Komponente im Videospiel rund um den kölschen Kiosk eine doch beachtliche Rolle einnimmt. „Wir haben das Kampfsystem zuletzt stark ausgebaut“, lacht Thiel.

Doch auch das Tagesgeschäft muss im Kiosk erstmal bewältigt werden. Der Spieler navigiert seinen Protagonisten durch den Laden, bestückt die Kühlregale mit Kölsch, sorgt sich um das Lager und erfüllt die Wünsche der Kunden. Schließlich geht es auch im Büdchen op d’r Eck am Ende des Tages darum, dass genug Geld in die Kasse fließt. Eine Flasche Schnaps hier, eine Packung Zigaretten dort. Und wieder verlässt ein Kunde glücklich der Laden. Doch dann rückt plötzlich die nächste fünfköpfige Bande an. Beherzte Faustschläge, präzise gesetzte Kopfstöße oder fliegende Bierkästen lassen das Blut der Eindringlinge spritzen. Solange bis sie fliehen oder zu Boden gehen. Normales Geschäft.

Kölnbusiness: Köln ist Gaming-Metropole

Kölner Ideen spielen auf der größten Videospielmesse der Welt an jeder Ecke eine Rolle. Denn: Köln ist Gaming-Metropole. Laut Kölnbusiness, der Wirtschaftsförderung der Stadt Köln, beschäftigen 70 Branchenunternehmen in der Stadt rund 1600 Mitarbeiter. Auch große globale Unternehmen wie Electronic Arts oder Microsoft haben sich in Köln niedergelassen. Wer aber nach rein Kölner Produktionen sucht, wird eher im Bereich von kleinen und mittleren Entwicklerstudios fündig.

Das auf der Gamescom sehr beliebte Spiel „Tiny Bookshop“ stammt vom Kölner Studio „Neoludic Games“ mit Sitz in Dünnwald.

Das auf der Gamescom sehr beliebte Spiel „Tiny Bookshop“ stammt vom Kölner Studio „Neoludic Games“ mit Sitz in Dünnwald.

Auf der Gamescom präsentiert beispielsweise das Kölner Studio „Neoludic Games“ mit Sitz in Dünnwald sein Werk „Tiny Bookshop“. Der Spieler eröffnet darin einen kleinen fahrenden Buchladen, kauft gebrauchte Bücher ein, verkauft sie wieder und lernt währenddessen die Menschen des malerischen Küsten-Städtchens „Bookstonbury-by-the-Sea“ kennen.

Klingt auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär. Soll es auch gar nicht sein. Sogenannte Cosy-Spiele – also gemütliche Spiele – liegen im Trend, erklärt Isabel Grünberg von „Neoludic“. „Es geht gar nicht so sehr darum, was das Spiel macht, sondern wie es einen fühlen lässt. Es ist nicht hektisch, nicht super aufregend, sondern einfach entschleunigend.“ Auch auf der Gamescom findet der kleine Buchladen jede Menge Fans. In der Indie Area, dem Bereich für kleinere unabhängige Entwickler, gehört der Stand von „Neoludic Games“ zu den am meisten nachgefragten.

„Nuromedia“ verbindet Spiel und realen Anwendungsfall

Dass in Videospielen noch viel mehr stecken kann als reine Unterhaltung, beweist das Unternehmen „Nuromedia“, das in der Schaafenstraße beheimatet ist. Auf der Gamescom präsentieren die Kölner das vom Bund geförderte Spiel „Fantasy Fitness Fights VR“. „Die Grundidee ist ein Spiel im Fantasy-Optik, kombiniert mit körperlicher Aktivität“, sagt Projektmanager und Game Designer Boris Kroeber-Irmscher.

Die virtuelle Realität (VR) ermöglicht die Kombination. Mit VR-Brille auf dem Kopf muss der Spieler auf der Stelle laufen, um ans Ende des Levels zu gelangen. Zwischendurch muss sich der Protagonist mit heimtückischen Monstern herumschlagen. Je mehr Kniebeugen der Spieler innerhalb einer bestimmten Zeit schafft, desto kräftiger fällt der Angriff aus. Bei der Entwicklung half ein Sportmediziner mit.

Game Designer Boris Kroeber-Irmscher präsentiert das Spiel„ Fantasy Fitness Fights VR“.

Game Designer Boris Kroeber-Irmscher präsentiert das Spiel„ Fantasy Fitness Fights VR“.

„Nuromedia“, gegründet 2006, beschäftigt mittlerweile 40 Mitarbeiter. „Wir machen jegliche Art von Software“, sagt Portfolio-Manager Christian Tismer. Bei einem Projekt mit der Polizei digitalisierte das Unternehmen einen Tatort, um den Ermittlern die Rückkehr an den Ort eines Verbrechens zu ermöglichen. Für die Industrie entsteht ein Projekt für selbstfahrenden Gabelstaplern. Im Gesundheitsbereich gibt es unter anderem ein VR-basiertes Training für Patienten mit Depressionen – inklusive Therapeuten-Anbindung.

Für zwei Universitäten in Mailand und Athen entwickelte das Kölner Unternehmen ein virtuelles Labor. „Dort gibt es das Problem, dass es zu wenig Raum für die Studierenden gibt. Während eines Semesters kann ein Student nur einmal in einer Fünfergruppe eine bestimmte Übung machen“, erklärt Tismer. Den realen Anwendungsfall mit spielerischen Elementen zu verknüpfen, ist einer der Schwerpunkte bei „Nuromedia“. „Der Mensch will spielen“, sagt Tismer. „Das ist ganz tief in unserer Natur.“