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Fehlerhafte AngabenKölner Kliniken kritisieren Lauterbachs Klinikatlas

Lesezeit 4 Minuten
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur (Symbolbild).

Viele Kliniken in Deutschland sehen ihre Leistungen im Klinikatlas der Bundesregierung fehlerhaft dargestellt – auch in Köln (Symbolbild).

Die Kritik am Bundesklinikatlas von Gesundheitsminister Karl Lauterbach reißt nicht ab.

Das am 17. Mai gestartete Online-Tool soll Patienten dabei helfen, für bestimmte Behandlungen eine geeignete Klinik zu finden. Doch bundesweit beschweren sich Ärzte und Krankenhäuser: Die Angaben im Atlas seien fehlerhaft, unvollständig und für Laien unverständlich.

Auch Kliniken in Köln üben Kritik. Die Hospitalvereinigung der Cellitinnen (HDC), zu der acht Kölner Krankenhäuser gehören, darunter das Severinsklösterchen und das Heilig Geist-Krankenhaus in Longerich, erklärte auf Anfrage der Rundschau, der neue Klinikatlas sei „leider nicht hilfreich“ für Patienten. „Im Gegenteil: Die Angaben, die dort zu finden sind, sind an vielen Stellen mangelhaft.“

Angaben „an vielen Stellen mangelhaft“

Konkret bemängelt wird etwa, dass die Lungenklinik (Pneumologie) im Cellitinnen-Krankenhaus St. Marien im Kunibertsviertel in dem Klinikatlas gar nicht auftauche, obwohl der Standort als gemeinsames Lungenkrebszentrum mit dem St. Vinzenz-Hospital in Nippes die höchste Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) aufweise. Außerdem sei St. Marien fälschlicherweise als Akutkrankenhaus der erweiterten Notfallversorgung, Stufe 2, gelistet, obwohl das Haus de facto ein Spezialversorger sei. Auch die leistungsstarke Wirbelsäulenchirurgie im Hospital St. Franziskus in Ehrenfeld komme in dem Atlas nicht vor.

Bei den Cellitinnen ist man ob der vielen Fehler irritiert, zumal es eine dem Klinikatlas vergleichbare Suchhilfe längst gebe, nämlich das Deutsche Krankenhausverzeichnis. Es sei ein Informationsangebot für Patienten, „das fortwährend aktualisiert wird und zum Beispiel auch sehr ausführlich und gut verständlich über wichtige Qualitätskennzahlen informiert“, so HDC-Geschäftsführer Stefan Dombert.

Ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) nennt auf Anfrage weitere Beispiele für Fehler im Atlas, die von Kölner Kliniken gemeldet wurden. So habe das Evangelische Krankenhaus in Kalk „eine überregional agierende Zentrumsfunktion im Bereich der Geriatrie“ und zähle mit seinen Kompetenzen im Bereich der Alterstraumatologie zu den führenden Kliniken in Deutschland. Das bilde der Klinikatlas jedoch überhaupt nicht ab. Auch das Krankenhaus Porz bemängelte gegenüber der KGNW diverse Falschdarstellungen. Die Angaben seien teils veraltet, die genannten Fallzahlen viel zu gering und die Suche nach einer passenden Abteilung bei Rückenschmerzen/Erkrankungen der Wirbelsäule sei für Laien „schlichtweg nicht sinnvoll möglich“.

„Die unverändert hohe Fehlerquote zeigt deutlich, dass der Bundes-Klinik-Atlas ein politischer Schnellschuss war“, erklärt KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum. Gesundheitsminister Lauterbach habe sein amtliches Krankenhausregister „mit dem Anspruch größter Transparenz über die Qualität der Krankenhäuser als die verlässlichste aller Informationsquellen“ für die Patienten angekündigt. Diesem Anspruch werde der Klinikatlas „in seinem jetzigen inhaltlichen Zustand nicht einmal ansatzweise gerecht. Vielmehr führen falsche Angaben, fehlende oder unvollständige Darstellungen der Krankenhäuser und ihrer hohen medizinischen Expertise die Patientinnen und Patienten leider völlig in die Irre.“

Andere Patientenportale wie das Deutsche Krankenhausverzeichnis seien seit vielen Jahren in der Lage, die Daten korrekt auszulesen und informativ umzusetzen, betont Blum. Dagegen biete der „Pannen-Atlas“ zurzeit nur irreführendes Stückwerk. „Wäre es nicht sein eigenes Portal, wäre der Minister vermutlich der Erste, der die Einstellung dieses Angebots wegen mangelhafter Qualität fordern würde.“

Uniklinik Köln spricht von „Kinderkrankheiten“

Auch die Kölner Krankenhäuser der Maximalversorgung, die als potenzielle Gewinner der derzeitigen Klinikreformen gelten, äußerten Kritik.

Ein Sprecher der Uniklinik Köln sagte auf Anfrage, man begrüße das Ziel, mehr Informationen zur Qualität von Kliniken für alle Patienten verfügbar zu machen. „Der Bundesklinikatlas ist als zentrales Instrument hierfür ein geeigneter Weg, beinhaltet zum Start aber noch einige Ungenauigkeiten. So sind auch einige Angaben zur Uniklinik Köln bei durchgeführten Operationen und vorhandenem Personal für uns nicht schlüssig. Wir werden dies sukzessive analysieren und melden, damit diese Kinderkrankheiten zeitnah korrigiert werden.“

Die städtischen Kliniken erklärten: „Nach der Präsentation des Klinikatlas haben die Kliniken der Stadt Köln einige Fehler identifiziert, die nicht das wahre Abbild ihrer Leistungen zeigten. Diese wesentlichen Fehler wurden umgehend konstruktiv an das Gesundheitsministerium gemeldet. Wir gehen davon aus, dass mit dem aktuellen, größeren Update des Klinikatlas unsere Kritikpunkte berücksichtigt werden.“ Unabhängig davon bleibe das Vertrauen in die jeweils behandelnden Ärzte im ambulanten und stationären Bereich auch in Zukunft „von allergrößter Bedeutung, da sie regional in der Regel sofort die richtige Klinik für den entsprechenden Eingriff identifizieren können“.