Köln – „Chaos in der Aktenarbeit“ und „grob unvollständige Akten“. Bei der Fortsetzung des Drach-Prozesses hat die Verteidigung die Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Der Anwalt des Mitangeklagten, Wolfgang Heer, sagte dass ihm Fotos und Unterlagen aus den umfangreichen polizeilichen Ermittlungen in den Akten nicht vorliegen würden.
Fehlende Fotos von Fluchtfahrzeugen
Dabei gehe es unter anderem um Fotos eines Fluchtfahrzeuges nach dem Überfall an Aschermittwoch im Jahr 2019 am Flughafen Köln/Bonn. Der Wagen war ausgebrannt an der Jägerstraße entdeckt worden. Auch Fotos vom Tatort beim Überfall auf Ikea Godorf im Jahr 2018 würden der Verteidigung nicht vorliegen. Die Kölner Staatsanwaltschaft widersprach dem. Sie wisse nicht, ob die Verteidigung glaube, die Staatsanwaltschaft hocke auf einer „Kiste mit geheimen Ermittlungen“, sagte die Staatsanwältin. „Ich habe nichts zurückgehalten“, betonte die Anklägerin.
Fehlende Akten sollen nun besorgt werden
Auf Nachfrage der Verteidigung sagte sie, bei der Kriminalpolizei nicht nachgefragt zu haben, ob dort noch Unterlagen liegen würden. „Dies ist ihre verdammte Pflicht“, entgegnete Anwalt Heer weiter. Die Anklägerin will nun bei der Polizei nachfragen. Angesichts der fehlenden Akten möchte die Verteidigung die Beweisaufnahme verschieben, bis die fehlenden Akten vorliegen. Doch das am kommenden Mittwoch die Beweisaufnahme verschoben wird, gilt als unwahrscheinlich. Der Vorsitzende Richter lud beim zweiten Prozesstag in öffentlicher Sitzung keine Zeugen ab. Wo die fehlenden Unterlagen nun sind, blieb am Montag noch unklar.
Schlagabtausch zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft
Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach war gekennzeichnet von einem Schlagabtausch von Verteidigung und Staatsanwaltschaft, aber auch von mehreren Anträgen. Das Landgericht Köln lehnte allerdings mehrere Anträge der Verteidiger vom ersten Prozesstag ab. In einem davon ging es um eine Aussetzung der Hauptverhandlung für wenigstens drei Wochen. Der Argumentation der Verteidigung, die Einsendung weiteren Aktenmaterials vor Beginn des Prozesses habe eine ausreichende Einarbeitung in den gesamten Fall zeitlich nicht ermöglicht, folge die Kammer nicht, sagte der Vorsitzende Richter.
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Auch abgelehnt wurde ein Antrag, der Verteidigung Datenträger mit Tonaufzeichnungen des Prozesses auszuhändigen, Datenträger entsprechend zu bespielen oder eigene Aufnahmen der Anwälte zu erlauben. Dies sei weder aus „Rechtsgründen noch auch Zweckmäßigkeitsgründen“ geboten.
Drach werden in dem Verfahren Überfälle auf vier Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen. Bei zwei der Taten soll er jeweils einen Wachmann angeschossen haben. Die Anklage lautet unter anderem auf versuchten Mord und besonders schweren Raub. Der 61-Jährige bestreitet die Vorwürfe. Drach kam am Dienstag mit Jogginghosen und Sweat-Shirt und machte einen gelösten Eindruck. Ein mutmaßlicher Komplize ist in dem Verfahren mitangeklagt.
Am Mittwoch sollen die ersten Zeugen in dem Mammutverfahren aussagen, teilte die Verteidigung mit.