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Fall KienitzSPD fordert Auflösung des neu geschaffenen Dezernats

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Niklas Kienitz

Köln – Nach dem Rückzug von CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz (45) als Dezernent für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales schlagen die Wellen weiter hoch. Die SPD fordert, „die Aufblähung der Verwaltung rückgängig zu machen“, das neu geschaffene „Kienitz-Dezernat“ wieder aufzulösen und die dort zusammengelegten Fachbereiche auf andere Ressorts zu verteilen.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten warf Grünen, CDU und Volt vor, sie hätten „zusammen mit Oberbürgermeisterin Reker den Verwaltungsapparat aufgebläht – einzig und allein um CDU-Mann Kienitz ein maßgeschneidertes Dezernat zuzuschustern“. Diese „Klüngel-Affäre“ müsse „schonungslos aufgeklärt werden“.

Wie berichtet, war die Bezirksregierung nach einer Prüfung zum Schluss gekommen, Kienitz sei für das Amt des Beigeordneten nicht ausreichend qualifiziert. In einem internen Papier der Kommunalaufsicht, das der Rundschau vorliegt, wird die Ablehnung vor allem mit mangelnder Führungserfahrung begründet. Kienitz führte zuletzt acht Mitarbeiter der CDU-Fraktion, davor 16 Mitarbeiter einer Immobilienfirma. In dem mit mehr als 130 000 Euro pro Jahr dotierten Job als kommunaler Spitzenbeamter hätte er Personalverantwortung für mehr als 500 Mitarbeiter gehabt.

Verwaltungsrechtler kritisiert Verfahren

Doch wie kann es sein, dass die Stadt und die von ihr beauftragte Personalberatung zfm Kienitz für den „am besten geeigneten Kandidaten“ hielten, während die Bezirksregierung zum entgegengesetzten Urteil kommt und Kienitz schlicht für ungeeignet hält? Haben die Personalberater ihre Arbeit nicht richtig gemacht? Oder spielten bei der Bewertung durch die von Gisela Walsken (SPD) geführte Kommunalaufsicht politische Motive eine Rolle?

„Die Bezirksregierung kann, muss in solchen Fällen aber nicht einschreiten. Die Gemeindeordnung NRW schreibt vor, dass Beigeordnete die für ihr Amt erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen und eine ausreichende Erfahrung nachweisen müssen“, erläutert Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Markus Ogorek (46) im Gespräch mit der Rundschau. „In diesem Fall geht es um eine wichtige Position in der Führungsspitze einer Millionenstadt. Da ist es zu begrüßen, wenn die Bezirksregierung ganz genau hinsieht“, betont der Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Universität zu Köln.

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Auffällig sei jedoch, so Ogorek, dass nach Kienitz’ Rückzug sowohl die Stadt als auch die Bezirksregierung erklärten, sie hätten zum Ergebnis der Prüfung im Fall Kienitz gar nicht miteinander kommuniziert und nun sei der Fall ja erledigt. „Dass Herr Kienitz sich samstags mit Verweis auf persönliche Anfeindungen vom Amt zurückzieht – zwei Tage, bevor das Ergebnis verkündet werden soll –, und dann montags auf dubiose Weise ein internes Papier der Bezirksregierung publik wird, das ihm die Eignung abspricht, wirft ein merkwürdiges Licht auf das Verfahren und alle Beteiligten. Leidtragende ist die kommunale Demokratie. Das Vertrauen der Bürger in die Institutionen wird massiv beschädigt.“

Der Verwaltungsrechtler betont: „Bei schweren Rechtsverstößen ist es die Pflicht der Bezirksregierung einzuschreiten, wenn sie einen Kandidaten für ungeeignet hält. Dann muss sie das aber auch korrekt tun und der Stadt ihre Einschätzung offiziell mitteilen.“ Korrekt wäre es laut Ogorek gewesen, dass die Bezirksregierung der Stadt ihre Bedenken im Fall Kienitz kundtut und um eine Stellungnahme bittet. „In diesem Fall hätte die OB erklären können, die Stadt sehe das anders, und das Verwaltungsgericht anrufen. Oder Herr Kienitz hätte sich zurückziehen können, um einen Rechtsstreit zu vermeiden.“ Für weitgehend plausibel hält Ogorek das Papier der Bezirksregierung aber schon. „Die langjährige Ratstätigkeit und politische Erfahrung von Herrn Kienitz wird darin meines Erachtens zwar zu gering gewertet, aber die mangelnde Führungserfahrung ist nicht von der Hand zu weisen.“

In der CDU gibt es Stimmen, die sich wundern, dass Oberbürgermeisterin Reker (parteilos) sich in dieser Frage nicht stärker öffentlich positioniert hat, ein Fraktionsmitglied spricht von einem „Durchdrücken“ gegenüber der Bezirksregierung. Doch dafür hätte die Stadt möglicherweise den Rechtsweg über mehrere Instanzen wählen müssen – ein Weg, der lange dauern kann, bei dem Kienitz selbst im Feuer stünde und die Dezernentenstelle auch nicht besetzt wäre.