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Erinnerungsorte in KölnWolfgang Niedecken nimmt uns auf eine Zeitreise mit

Lesezeit 4 Minuten
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Wolfgang Niedecken

  1. Wolfgang Niedecken zeigt der Rundschau vor seinem 70. Geburtstag Erinnerungsorte.
  2. Wir zeigen historische Aufnahmen im ersten Teil unserer 5-teiligen Mini-Serie zu Wolfgang Niedecken.

Köln – Den Chlodwigplatz hat Wolfgang Niedecken als seinen „Nabel der Welt“ besungen. Hier, wo er als Kind auf den Trümmern neben der Torburg gespielt hat, wo das Roxy-Kino Sehnsuchtsort war und wo er heute noch wie ein Nachbar aus dem Veedel gegrüßt wird. Vor seinem 70. Geburtstag am 30. März spaziert er mit der Rundschau durch die Südstadt, eine Zeitreise zu neun Erinnerungsorten.

Alteburger Straße

Was hätte Frau Herrmanns wohl gesagt? In der Altentagesstätte an der Alteburger Straße hat Wolfgang Niedecken seinen Zivildienst abgeleistet.

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An der Alteburger Straße 

Morgens um 10 Uhr ging es los, 70 Mahlzeiten in Stanniol-Verpackung mussten bis zum Mittag ausgeliefert werden. An der Hausnummer 107 hat er aber auch „Leev, Frau Herrmanns“ gespielt, ein Stück, das er in seinem Raritäten-Archiv wiederentdeckt hat. „Der erste kölsche Text, den ich geschrieben habe.“ Gewidmet war und ist er Frau Herrmanns, die an der Lothringer Straße wohnte. Im Seniorenhaus gab es Kaffee und Kuchen. „Es war nett hier.“ Heute sind die Jalousien heruntergelassen.

Bonner Straße

Am Kurfürstenhof ist der Song „Wahnsinn“ entstanden. „Ich kannte den Laden schon als Kunststudent“, sagt Niedecken. Mit Manfred „Schmal“ Boecker, dem langjährigen Begleiter, ging er hier schon mal mittags ’ne Frikadelle essen und Billard spielen.

Kurfürstenhof

Im Kurfürstenhof ist 1979 der Song „Wahnsinn“ entstanden, der sich auf dem ersten BAP-Album findet.

Irgendwann wurde die Kneipe zum Szeneladen. Mit schwarzen Wänden, Neonröhren und vergitterten Fenstern. „Wahnsinn. Do jommer och hin“, heißt es in dem Stück.

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Wolfgang Niedecken vor dem Kürfürstenhof

„Wir haben uns über die Szene, aber auch über uns selbst lustig gemacht“, sagt Niedecken. „Das war eine unserer Stärken.“ Heute sind die Gitter längst wieder ab. Einen Irokesenschnitt trägt niemand.

Chlodwigplatz

Anders als heute lag das Chlodwig-Eck an der Bonner Straße/Ecke Chlodwigplatz.

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Wolfgang Niedecken am Chlodwig-Eck

1978 hat Wolfgang Niedecken’s BAP das erste Mal vorgespielt. Wirt Clemens Böll wollte die Aufkleber, die der Sänger zu Buchungszwecken fleißig an Automaten hinterlassen hatte, wieder entfernen: Er verwechselte den Schriftzug aber mit dem der Europäischen Arbeiterpartei (EAP).

Chlodwigeck

Im Chlodwig-Eck hatte die Band die ersten Auftritte, erst zur Matinee, dann durften sie abends ran.

„Er war so in Rage“, erinnert sich Niedecken lächelnd. Er konnte ihn beruhigen. BAP durfte weiterspielen, zur „Matinee“ und dann auch abends (3 Mark Eintritt).

Severinstorburg

Der Vater hatte sich das Lebensmittelgeschäft im zerbombten Viertel sorgfältig ausgesucht: Er schaute, wo die meisten Leute von der Torburg aus entlang gingen – und machte dort sein Geschäft auf.

Lebensmittelladen

Direkt an der Severinstorburg hat Josef Niedecken seinen Lebensmittelladen betrieben

Nebenan gibt es auch heute noch die Bäckerei Brochmann, in der Mutter Hubertine („Tinny“) gearbeitet hat und wo sie von Vater Josef umgarnt wurde. Die Familie wohnte im zweiten Obergeschoss, später im ersten, die Toilette lag überm Flur.

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An der Severinstorburg

In der Nachbarschaft lagen noch die Trümmer des Krieges – ein Abenteuerspielplatz.

Severinstraße

Der Geruch in der Südstadt schwankte zwischen dem der Maische der Reissdorf-Brauerei (An St. Magdalenen) und dem des Kakao aus der Stollwerck-Fabrik.

Kleiner Junge

Seine ersten Schritte machte Niedecken als kleiner Junge auf der Severinstraße

Die Severinstraße war die tägliche Erlebnisstrecke, die Fahrt mit dem Vater zum Rheinauhafen, wo Dosenmilch und andere Lebensmittel abgeholt wurden, schon die große weite Welt.

Severinskirche

Es ist Markttag auf dem Kirchplatz. Vor über sechs Jahrzehnten war Wolfgang Niedecken Messdiener, ging zur Erstkommunion. „Die Elvis-Frisur hat mir die Frau Ryssel aus der 3.Etage gemacht.

Kommunion in der Severisnkirche

Bei der Kommunion in der Severinskirche mit Vater Josef und Mutter Tinny. Die Elvis-Tolle legte eine Nachbarin.

Die Kommunion sei toll gewesen, „ein Initiationsritus, ein wichtiger Schritt.“ Im katholischen Internat wurde Niedecken Missbrauchsopfer, in den 80er Jahren trat er aus der Kirche aus. Zur Aufarbeitung der Kirche sagt er: „Die Männer und Frauen, die sich in der Kirche engagieren, tun mir leid.“

Annostraße

Hier hat BAP am 28. November 1979 das erste Album „Wolfgang Niedecken’s BAP rockt andere kölsche Leeder“ vorgestellt. Hier stand der Anno-Saal, der zur Stollwerck-Fabrik gehörte, er wurde trotz Denkmalschutz abgerissen.

Plakat

Das erste Album stellte BAP 1979 im Anno-Saal vor. Mit der Stollwerck-Fabrik wurde er abgerissen.

„Es war eine unheimlich düstere Straße. Man ging hier nicht gerne lang.“ Die Platten wurden frisch aus dem Presswerk herübertragen. „Die waren noch warm.“ Einen Karriereplan gab es nicht.

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Wolfgang Niedecken auf dem Gelände des ehemaligen Anno-Saals

„Schmal“ Boecker (Percussion/Saxofon) sagte: „Malen oder Musik, ist doch egal, womit wir kein Geld verdienen. “

Zwirnerstraße

„Die Erinnerung stellt manchmal Fallen“: Auf der Grundschule Zwirnerstraße hat Niedecken die ersten Schuljahre verbracht. „Ich habe schöne Erinnerungen, aber es war eine harte Szene. Das war die Bronx, da ging man nicht freiwillig hin.“

Erster Schultag

Die Grundschule Zwirnerstraße besuchte Niedecken als Kind, die Gegend galt als heißes Pflaster.

Auf dem Schulhof trennte eine Linie Mädchen und Jungs. Lehrer Flügel musste mal dafür büßen, dass er einen Schüler nicht nur geschlagen, sondern auch beschimpft hatte: „Du bist doch in der Pissrinne groß geworden.“

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An der Ecke Biberstraße, Zwirnerstraße 

Der Junge ist nach Hause gelaufen, kurz drauf stand der Vater vor der Lehrertür – und schlug zurück. „So was wurde sizilianisch gelöst.“

Biberstraße

Heimspiel von BAP 1978 an der Biberstraße/Ecke Zwirnerstraße. Auf dem Foto sieht es aus wie der Soundcheck: „Es war aber das Konzert.“ Die Bürger-Initiative südliche Altstadt (BISA) wollte die „Zogaß“-Kirmes neu beleben und wehrte sich gegen den Abbruch des Stollwerck-Geländes.

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An der Ecke Biberstraße, Zwirnerstraße spielten BAP 1979 für die Bürgerinitiative südliche Altstadt, der Andrang war noch überschaubar.

„Leider hatten wir unsere Verstärker-Anlage nicht unter Kontrolle. Wir mussten uns entscheiden zwischen Textverständlichkeit und Rocken. Entweder oder – es war ein ständiges Dilemma.“