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„Einer von den Unkaputtbaren“Roncalli-Direktor Bernhard Paul wird 75

Lesezeit 4 Minuten
Bernhard Paul wird 75

Bernhard Paul, österreichischer Zirkusdirektor, Regisseur, Clown und Mitbegründer des Circus Roncalli

Köln – Als Bernhard Paul als kleiner Junge aus der österreichischen Provinz noch zur Schule ging, hatte es die Zirkus-Branche nicht leicht. „Wenn du nicht lernst, wirst du beim Zirkus enden“, habe seine Mutter ihm gesagt, wenn ihr die schulischen Leistungen ihres Sohnes nicht gepasst haben. Allein das sage genug aus, welches soziale Ansehen die Zirkus-Branche damals hatte, sagt Paul heute.

Dem Zirkus Poesie und neues Leben eingehaucht

Rund sechs Jahrzehnte später sieht das anders aus. Und das hat auch mit dem Lebenswerk von Bernhard Paul und seinem Circus Roncalli zu tun. Paul ersetzte das zu Anfangszeiten bekannte Credo „Menschen, Tiere, Sensationen“ durch Poesie, Traumsequenzen, schillernde Bilder und anrührende Musik. Er machte vieles anders und hauchte dem Zirkus damit neues Leben ein. Über die Jahrzehnte hat Paul aus dieser Grundlage eine emotional aufgeladene Marke erschaffen. Gerne wird Roncalli auch als große Traumwelt bezeichnet. „Ich habe dafür gesorgt, dass der Circus Roncalli wieder auf den Kulturseiten und im Feuilleton erschienen ist“, sagt Paul selbstbewusst.

Zur Person – Clown und Staatspreisträger

Bernhard Paul, geboren am 20. Mai 1947 im österreichischen Lilienfeld, studierte zunächst Hoch- und Tiefbau und dann Grafik.

Um seinen Traum vom eigenen Zirkus zu verwirklichen, kündigte er seinen gut bezahlten Job als Art Director bei einem großen Wiener Magazin und baute seit 1975 den Circus und das Unternehmen Roncalli auf.

Lange Zeit stand Bernhard Paul als Clown Zippo in der eigenen Manege, Teil des aktuellen Programms ist er aber nicht mehr.

Mit seiner Frau Eliana hat er drei Kinder: Vivi, Adrian und Lili. Wenn sich Paul eines Tages zurückzieht, sollen seine drei Kinder die Leitung des Zirkus’ übernehmen.

2018 verlieh Armin Laschet ihm den Staatspreis des Landes NRW. „Ihm ist es in jahrzehntelanger intensiver Arbeit mit Fantasie und Kreativität gelungen, den Zirkus und das Varietétheater wiederzubeleben“, hieß es in der Begründung. Weitere Auszeichnungen sind das Bundesverdienstkreuz oder die Ehrung als Kulturbotschafter des Landes NRW. (sim)

Die Traumwelt beschränkt sich schon lange nicht nur auf die neunmonatige Tournee durch sieben Städte in Deutschland und Österreich. 1989 betrat Roncalli auch die Welt des Varietés, in diesem Jahr feiert das Apollo-Varieté in Düsseldorf 25-jähriges Bestehen. Paul sieht sich zudem als Erfinder von Dinner-Shows, bei denen ein kulinarisches Menü das Programm auf der Bühne ergänzt. 1990 feierte „Roncallis Panem et Circenses“ mit diesem Konzept Premiere. 2000 ging der erste Roncalli-Weihnachtsmarkt in Hamburg an den Start. Weitere Formate sind Roncallis historischer Jahrmarkt, das Roncalli-Café in Hamburg oder Roncalli-Kreuzfahrtschiffe. Gemeinsam mit den Höhnern entwickelte Paul die „Höhner Rockin Roncalli Show“.

Dass sich als Zirkus-Unternehmen auch außerhalb von Manege, Bühne und Veranstaltungen Geld verdienen lässt, hat das Unternehmen Roncalli schon lange verstanden. Der Online-Shop des Zirkus umfasst rund 150 Produkte: Schmink-Sets, Seifenblasen, T-Shirts, Halsketten, Tassen, Kühlschrankmagnete oder alte Programmhefte und Poster. Es geht darum, dass sich jeder, der das möchte, den Circus Roncalli auch nach Hause holen kann. Dazu sollen auch die vielen Kooperationen dienen, die der Zirkus immer wieder gemeinsam mit anderen Unternehmen präsentiert: zuletzt ein Gin in Roncalli-Design.

Die Worte des Zirkus-Direktors Paul klingen bei jeder neuen Kooperation ähnlich. „Wir lieben es, Menschen auf immer wieder neue Weise in unsere Roncalli-Traumwelt zu entführen“, hieß es Anfang Mai zum neuen Gin. Auch der „Drink-Genus“ gehöre schließlich zu einem magischen Erlebnis dazu“. Als Roncalli während der Pandemie eine Roncalli-Armbanduhr entwickelte, hieß es: „Vielleicht brauchen wir die gerade jetzt, wo Zeit bei vielen Künstlern das kritische Maß aller Dinge ist.“ 2011 brachte Volkswagen eine Roncalli-Version seines Caddy auf den Markt. Immer noch im Online-Shop erhältlich ist der Roncalli-Zirkuswagen von Playmobil.

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„Es klappt nur mit Dingen, die in unser Gefüge passen“, sagt Paul dazu. „Heute sind wir ein moderner Circus, der gesunde Dinge unterstützt und vieles macht, was heute selbstverständlich sein sollte.“ Was er damit auch meint: Der Circus Roncalli ist nun schon einige Jahre plastik- und tierfrei.

Ans Aufhören ist nicht zu denken

Damit stellt sich die Frage: Was ist die nächste große Entwicklung, die dem Zirkus bevorsteht? „Als erstes fällt mir dazu die Energie ein“, sagt Paul „Wir überlegen ständig, wie wir Energie sparen können und die Umwelt nicht verschmutzen.“

Der Circus Roncalli ist das Lebenswerk von Bernhard Paul. Am heutigen Donnerstag wird er 75 Jahre alt. Ans Aufhören denkt er aber noch lange nicht, auch an Ideen mangele es ihm nicht. „Ich bin einer von den Unkaputtbaren. Kreativität und Kunst kennen kein Alter.“