- Oft hängen Zehntausende Arbeitsplätze vom Weihnachtsmarkt ab.
- Daher laufen auch vielerorts die Planungen, um eine gemütliche Weihnachtssaison trotz Corona zu ermöglichen.
- Eine Weihnachtssaison wie immer – und doch ganz anders.
Berlin/Bonn – Einbahnstraßen statt bunter Trubel, Glühwein to go statt Budenzauber und zusätzlich zu Schal und Mütze eine Maske – so könnte die Realität in der Adventszeit aussehen. „Das macht den Weihnachtsmarkt unlauschiger“, räumte ein Mainzer Sprecher ein. Doch am „unlauschigsten“ sei gar kein Weihnachtsmarkt. Ganz verzichten wollen die deutschen Städte deshalb nicht auf Eierpunsch, Lebkuchen und Co. und bereiten sich schon im Hochsommer und trotz Corona-Krise auf die Adventsmärkte vor. Die Konzepte dazu sind unterschiedlich.
Trotz großer Unsicherheiten bereiten sich die bayerischen Städte auf die Weihnachtsmarktsaison vor – neben München und Augsburg auch der berühmte Christkindlesmarkt in Nürnberg. Die größte Herausforderung werde sein, die Besucherströme zu lenken, sagte der Nürnberger Wirtschaftsreferent Michael Fraas. Dafür soll eine Art Einbahnstraßensystem mit vorgegebener Laufrichtung eingeführt werden. Anstatt die traditionellen „Drei im Weckla“ an der Bude zu genießen, soll es Essen und Trinken nur zum Mitnehmen geben. Ein Sprecher der Stadt Augsburg teilte mit, „dass die Stände auf möglichst viele Plätze in der Innenstadt verteilt werden“. So wolle man großes Gedränge vermeiden.
In anderer Form
Ein 400 Meter langer Lichtteppich aus 150 Buden, einem 20 Meter hohen Weihnachtsbaum und bunten Christbaumkugeln schmückt normalerweise den Berliner Breitscheidplatz zur Adventszeit. Nach Angaben des Veranstalters soll das nach derzeitigem Stand auch in diesem Jahr so sein – eventuell in einer etwas anderen Form.
In Sachsen will man auf die Stollenbäcker und Bergparaden im Erzgebirge nicht verzichten. „In diesem herausfordernden Jahr erst recht“, sagte der Landrat des Erzgebirgskreises, Frank Vogel (CDU). Klar fänden die Märkte unter anderen Bedingungen als in den Vorjahren statt, sie sollten aber wie immer „das heimelige Gefühl und vorweihnachtliche Stimmung“ verbreiten, betonte Sachsens Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU).
Vieles hängt von den Märkten ab
In Mainz soll der Markt räumlich entzerrt werden. Zusätzlich seien Einlasskontrollen und Maskenpflicht denkbar, auch wenn das die weihnachtliche Stimmung trübe, sagt ein Sprecher. In anderen Städten ist bislang noch völlig unklar, ob es in rund vier Monaten ein geselliges Beisammensein zwischen Holzbuden und Tannen geben wird – darunter Stuttgart, Hannover und Frankfurt am Main. Letztendlich hänge alles von der Entwicklung der Infektionszahlen ab, teilten Sprecher mit. Wenn man plane, dann nur mit Vorsicht.
Fest steht: Die Märkte sind für viele Städte und Gemeinden nicht nur Kulturgut sondern auch Wirtschaftsfaktor. Oft hängen Zehntausende Arbeitsplatze davon ab. Hotels und Gaststätten machen einen Großteil ihres Umsatzes im Weihnachtsgeschäft. Daher laufen auch vielerorts die Planungen, um eine gemütliche Weihnachtssaison trotz Corona zu ermöglichen. Eine Weihnachtssaison wie immer – und doch ganz anders.
Andere Städte noch unentschlossen
Die Städte mit den größten Märkten in NRW schätzen die Chancen unterschiedlich ein. So hieß es von der Düsseldorf Tourismus GmbH, nach aktuellem Stand gehe man weiterhin davon aus, dass die Weihnachtsmärkte in der Landeshauptstadt unter Berücksichtigung der Hygieneregeln planmäßig stattfinden werden. Aus Aachen, Dortmund und Münster hieß es, die Entscheidung sei noch nicht getroffen.
Köln, Bonn, Siegburg: Veranstalter hängen in der Luft
In Köln, wo im Advent unter normalen Umständen sechs Millionen Gäste aus dem In- und Ausland die Weihnachtsmärkte besuchen, hängen die Veranstalter in der Luft. „Wir haben derzeit keinerlei Gewissheit, warten auf die Vorgaben vom Land. Ende August brauchen wir Klarheit“, sagte Monika Flocke von der Kölner Weihnachtsgesellschaft, die den Markt am Dom veranstaltet. Ähnlich äußerte sich Hans Flock von der City Projekt Veranstaltungsgesellschaft, die den „Markt der Engel“ am Neumarkt betreibt. „Wir hoffen, dass die Märkte stattfinden, und haben alles dafür geplant und vorbereitet.“
Die Betreiber der vier größten Märkte in Köln haben der Stadt bereits ein Konzept vorgelegt, wie man die Besucherströme über Zugangskontrollen mit Vorabregistrierung per Internet steuern könnte.
Mehr Abstand und Hygiene
Dabei könnten neu entwickelte Schleusensysteme mit integrierter Handdesinfektion und Fiebermessung zum Einsatz kommen. Auf ein Bühnenprogramm wollen die Betreiber ganz verzichten, die Buden sollen in größerem Abstand aufgebaut werden. Das bedeutet entweder weniger Buden oder man vergrößert die Marktfläche auf angrenzende Straßen und Plätze.
Ein Sprecher der Stadt Köln erklärte, man könne derzeit keine Aussage zu den Weihnachtsmärkten treffen. „Ob sie genehmigt und durchgeführt werden können, hängt von der Entwicklung des Infektionsgeschehens und der aktuellen Rechtslage ab – (insbesondere der dann gültigen Coronaschutzverordnung des Landes NRW.“
Entscheidung bis Ende August
Ob der Weihnachtsmarkt in der Bonner Innenstadt in diesem Jahr stattfinden kann, hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie und den Vorgaben des Landes NRW ab. Die Stadt strebt eine Entscheidung bis Ende August an, um allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben, baut aber auch auf Vorgaben der Landesregierung.
„Nach unserem Kenntnisstand ist eine grundsätzliche Entscheidung über die Durchführung von Weihnachtsmärkten in NRW im zuständigen Ministerium in der Diskussion“, sagte Stadtsprecherin Monika Hörig. „Wir erwarten dazu in Kürze eine Entscheidung oder Handlungshilfe.“
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Auch in Siegburg ist die Entscheidung noch nicht gefallen. „Es ist für einen solch besonderen Markt nicht so einfach, den Infektionsschutz im vorgeschriebenen Maße zu wahren, ohne die Atmosphäre, von der das Geschehen lebt, zu zerstören. Ende Oktober werden wir auf Grundlage der dann geltenden Bestimmungen entscheiden, ob und wie der Markt stattfindet“, teilte Stadtsprecher Jan Gerull mit. (fu./EB)