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Drogenhund am Kölner Flughafen„Finch“ – Vom Junkie-Hund zur Top-Spürnase

Lesezeit 5 Minuten
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Drogenspürhund Finch und sein Herrchen Roger

Köln – Einen Mitarbeiter wie Finch wünscht sich wohl jeder Arbeitgeber: Top ausgebildet und hoch qualifiziert erscheint er täglich mit Tatendrang am Arbeitsplatz. Nörgeln, Lustlosigkeit, oder gar widerspenstiges Verhalten – all das ist Finch fremd. Seine Aufgaben verrichtet er immer mit Elan, die Freude an seiner Arbeit ist ihm anzusehen, zumal sie für ihn keine Arbeit ist. Er will doch nur spielen. Ein Spiel, das für die Verlierer im härtesten Fall Gefängnis bedeuten kann – und das nicht wie bei Monopoly für ein paar Runden auf dem Spielfeld.

Finch ist einer von 14 Rauschgiftspürhunden beim Kölner Zoll und findet mit seiner Supernase immer wieder brisante Frachten. Nicht immer solche Jackpots wie am 2. Juli 2020, aber dafür in beeindruckender Regelmäßigkeit (siehe Infotext). An jenem Sommertag vor einem Jahr gelang Finch ein Fund, der ihn mediale Beachtung bescheren sollte: Rund 30 Kilogramm Rohopium mit einem Straßenverkehrswert von etwa 400.000 Euro konnten dank dem Rüden beschlagnahmt werden. Gefunden wurde die illegale Fracht in elf Nähmaschinen, die aus dem Irak in Bonn ankamen.

Drogenfunde

Der Kölner Zoll konnte bei nahezu allen Betäubungsmittel-Delikten im vergangenen Jahr deutlich größere Mengen aus dem Verkehr ziehen als im Vorjahr.

49,8 Kilogramm Heroin konnte der Zoll 2020 beschlagnahmen – 2019 waren es dagegen „nur“ 14,6 Kg. Auch Crystal Meth wurde im Corona-Jahr mit 31,4 Kilogramm häufiger als im Jahr zuvor entdeckt – nämlich mehr als viermal soviel (7,6 Kg).

Bei anderen Drogen nahm die sichergestellte Menge ebenfalls deutlich zu: Während etwa vor zwei Jahren 121,6 Kilogramm Amphetamine beschlagnahmt wurden, waren es vergangenes Jahr 275,8 Kilogramm. Auch Haschisch (2019: 30,2 Kg, 2020: 104,7), Marihuana (2019: 339,5 Kg, 2020: 1165,3 Kg) und Ecstasy (2019: 91 699 Stück, im Jahr 2020: 117 207 Stück) wurde häufiger gefunden. Lediglich bei Kokain (2019: 115,8 Kilogramm , 2020: 58,5 Kilogramm) und bei den sonstigen entdeckten Betäubungsmitteln (2019: 3395,1 Kg, 2020: 1639,2 Kg) ging die Zahl zurück. (roe)

Mit Drogen ist der fünf Jahre alte Schäferhund großgeworden. Sein erstes Lebensjahr hatte er bei einem Junkie verbracht, bevor er beschlagnahmt wurde und im Tierheim Koblenz landete. Während seine frühen Bekanntschaften mit Rauschgift ihn zwar nicht automatisch für seinen heutigen Job prädestinierten, waren es andere Verhaltensauffälligkeiten, die dazu führten, dass das aufgeweckte Kerlchen dem Zoll angeboten wurde, der ihn schließlich zum Drogenspürhund ausbildete. Eine kombinierte Ausbildung zum Schutzhund stand dagegen nicht zur Debatte. Finch hat nämlich ein ausgesprochen liebes Gemüt und ist immer für eine Streicheleinheit zu haben.

Es sind vielmehr andere, seltene Qualitäten, die Finch zum vierbeinigen Erzfeind eines jeden Drogenschmugglers machen: ein unbändiger Beute- und Spieltrieb. Wenn Herrchen Roger einen seiner geliebten Gummibälle herausholt, kennt der Rüde nichts anderes mehr. „Bei der Ausbildung habe ich so eine Wette gewonnen“, erzählt der 49-jährige Zollbeamte, der aus Selbstschutzgründen seinen vollen Namen in Kombination mit seinem Beruf nicht nennen will. „Ich habe den Ball vor Finchs Schnauze gehalten, knapp 20 Meter entfernt wurde ein Schuss abgegeben, aber er hat das Spielzeug nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen.“

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Drogenspürhund Finch wartet am Flughafen Köln/Bonn darauf, seinen Job erledigen zu können

Sechs Tiere hatte sich Roger, der seit 21 Jahren beim Zoll und davon 13 Jahre Hundeführer ist, angesehen, bevor mit Finch der passende Nachfolger von Cindy gefunden wurde. Das Labradorweibchen war Rogers erster Diensthund und ist dieses Jahr mit 16 Jahren verstorben. Vier Jahre konnte sie noch ihr Hunderentnerleben genießen.

Bezahlt werden Rauschgiftspürhunde wie Finch zwar vom Bund, in der Regel verbleiben die Spürnasen aber auch nach ihrem Dienst bei ihren Hundeführern. „Gottseidank“, findet Roger. „Über die Jahre, die Ausbildung und den Dienstbetrieb schweißt man zusammen. Das ist ein Partner, der einem ans Herz wächst.“

Nach dem Schnalzen geht’s an die Koffer

Wie Roger und Finch als Team funktionieren, kann man etwa in der Gepäcksortieranlage im Flughafen Köln/Bonn erleben. Gespannt auf den Beginn des Spiels wartend, liegt der Schäferhund nahezu regungslos zu den Füßen seines Herrchens und beobachtet, wie das Gepäck der Passagiere aufgestellt wird. Erst wenn das Zeichen – ein kaum hörbares Schnalzen mit der Zunge – ertönt, springt Finch auf und macht sich daran, an alles, woran Roger seinen Zeigestock hält, zu schnüffeln. Wenn nötig auch mehrmals. Denn die Arbeit ist für Finch Hochleistungssport. „Wenn er die ganze Zeit sucht, also sehr schnell ein- und ausatmet, ist das so, als würden wir rennen.

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Drogenspürhund Finch mit seinem Herrchen, dem Zollbeamten Roger am Flughafen Köln/Bonn

Von allein hört er aber nicht auf zu suchen. Ich muss im Blick haben, wann er anfängt, unsauberer zu arbeiten“, erklärt Roger. Die Hunde seien keine Götter, sondern „Hilfsmittel wie ein Röntgengerät“. Und manchmal könne auch Finchs Supernase – mehr als 15 Gerüche kann er speichern – etwas entgehen.

Um ihm dennoch ein Erfolgserlebnis zu vermitteln – und um Finchs Leistung zu testen –, hängt Roger an einen Koffer ein kleines Schloss, das in der Nähe einer Substanz gelegen hat. Kurz darauf bleibt der Schäferhund davor stehen und signalisiert so passiv einen Fund. Das aktive Anzeigen, also durch Bellen und Kratzen, wurde bei der Ausbildung zum Rauschgiftspürhund vor ein paar Jahren eingestellt. Die Gefahr, dass Ware und Material beschädigt werden oder die Tiere mit den Substanzen in Kontakt kommen, war zu hoch.

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