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Neue Schau in DomschatzkammerDas wurde unter den Fundamenten des Kölner Doms gefunden

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Kriegerische Grabbeigaben der Merowinger

Kriegerische Grabbeigaben der Merowinger

Der Dom fußt auf dem prallen Leben. Bei Ausgrabungen wurden erstaunliche Sachen gefunden, die teils nun erstmals zu sehen sind.

Die einen waren allzeit bereit zum Kampf. Der Helm und die Stichwaffe noch im Grab zum Greifen nah. Die anderen schmauchten lieber gemütlich ihr Tabakspfeichen und genossen einen guten Tropfen. Und dann gab es noch die, die sich vom Leben abwandten, ihren altersmüden Blick durch ein geschliffenes Glas richteten, um weiterhin hinter schweren Folianten der Welt den Rücken zukehren zu können. Es ist die pralle Vielfalt des Menschlichen Seins, auf dem der Dom fußt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die Ausgrabungen

1946 begannen die Ausgrabungen unter dem monumentalen Bau. Die Fülle der Funde wuchs seit dem zu einem Meer an Zeitzeugnissen heran. Nun gibt es erstmals so etwas wie einen handlichen Kompass zum durchkreuzen dieses Ozeans. Der langjährige Domarchäologe Ulrich Back hat kurz vor seinem Ruhestand sein Lebenswerk vollendet: „Archäologie im Kölner Dom“, heißt das Buch. Begleitet wird es von einer kleinen, aber feinen Ausstellung in der Domschatzkammer.

Ein Gesimsstein aus dem „Alten Dom“

Wie es so ist auf dem Meer: Je tiefer man hineinfährt, desto tiefer findet man es vor. So erging es auch dem Vater der Domgrabungen, Otto Doppelfeld. Ein Nummerierungssystem ließ er sich für all die Artefakte einfallen, die das Erdreich unter dem Dom preisgab. „Doch es entstand eine Fülle an Zahlen, die sich nicht mehr händeln ließ“, berichtet Ulrich Back. Zwar hat die Digitalisierung geholfen, die mittlerweile rund 260.000 Fundstücke zu ordnen. Auch gibt es Studienbände, mit deren Hilfe sich Interessierte auf die Spuren der Spurensucher vom Dom machen können. „Doch bisher fehlte eine umfassende und kompakte Darstellung der gesamten Baugeschichte des Doms und seiner Vorgängerbauten von der Römerzeit bis in die Gegenwart, in die sämtliche bisherigen archäologischen Forschungsergebnisse einfließen“, sagt Dombaumeister Peter Füssenich.

Schlanke Lösung für große Lücke

Ulrich Back hat die Lücke nun geschlossen. Und mit seinem 250-Seiten-Werk hat er eine schlanke Lösung für diese Herkules-Aufgabe gefunden. „Ein Werk sowohl für den interessierten Laien wie auch den Wissenschaftler“, findet Füssenich. Im Sinne des Autors kann er sein Urteil noch verschlanken: „Einfach ein wunderschönes Buch.“

Einen guten Tropfen trinken und ein Tabakspfeifchen schmauchen - auch im Dom war man dem Genuss nicht abgeneigt.

Wer die 250 Seiten nicht überblicken will, der kann sich einen überschaubaren Einblick in der kleinen Ausstellung der Dom-Schatzkammer verschaffen. Viele der dort ausgestellten Fundstücke sind erstmal in der Öffentlichkeit zu sehen und decken ganze Epochen ab: von den frührömischen Matronen-Fragmenten, über die Grabbeigaben der Merowinger bis hin zu der Flasche Wein aus dem Sakristeikeller, gekeltert in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nein, kein Messwein, sondern aus dem damals am Dom ansässigen Weinhandel. Die ausgegrabenen Pfeifen können viel erzählen aus den Anfängen des Tabakgenusses. Ihre erst niederländische und dann rheinische Herkunft sind ein Lehrstück über „Strafzölle“. Brillen stammen von den aufkommenden „Optikern“ in Domnähe, Fußbodenfragmente stammen aus dem karolingischen „Alten Dom“.

Ein Bild erinnert an die Anfänge

Haben Helm und Waffen das Zeug zum Publikumsliebling, so ist der Gesimsstein aus dem „Alten Dom“, der Liebling von Dr. Leonie Becks, Leiterin der Domschatzkammer. Sein Palmettendekor, seine Lotusblüten bringen die Fachfrau zum Schwärmen. Und wer den Blick über den Stein hinaus ganz leicht hebt, der schaut unweigerlich auf ein bescheiden im Hintergrund hängendes Bild. Es zeigt die ersten Ausgrabungsarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg – als Otto Doppelfeld „ins Meer stach“.

Buch: Ulrich Back: Archäologie im Kölner Dom. Forschungsergebnisse zu seiner Vor- und Baugeschichte. ISBN 978-3-9823582-4-6 Preis: 56 Euro. Ausstellung: Die Domschatzkammer öffnet täglich von 10 bis 18 Uhr.Heilig Abend, 1. Weihnachtsfeiertag, Silvester und Neujahr ist geschlossen. Der Eintritt kostet 6 Euro, ermäßigt 3 Euro, die Familienkarte 12 Euro.