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Corona-KriseVeranstalter Kölner Weihnachtsmärkte warten auf Vorgaben

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Stahlpoller sichern den Weihnachtsmarkt am Dom seit 2017 gegen Anschläge. Kommen dieses Jahr Einlasskontrollen?

Köln – Bei schweißtreibenden 30 Grad im Schatten ist der Gedanke an Glühwein weit weg. Nicht so für die Betreiber der Kölner Weihnachtsmärkte. Im Sommer stecken sie in der heißen Phase der Vorbereitungen – normalerweise. Hätte es die Corona-Pandemie nicht gegeben, würden die Märkte am 23. November eröffnen. Das ist in 98 Tagen. Ob es so kommt, steht in den Sternen.

Obwohl die Zeit immer knapper wird, hängen die Veranstalter in der Luft. Noch immer ist unklar, ob und zu welchen Bedingungen das Land NRW Weihnachtsmärkte erlauben wird. „Es wird langsam eng“, sagt Hans Flock von der City Projekt Veranstaltungsgesellschaft, die den „Markt der Engel“ am Neumarkt betreibt. Etwa sechs Millionen Gäste besuchten vor Corona jedes Jahr die Kölner Weihnachtsmärkte – in etwa so viele wie beim Münchner Oktoberfest. Während die „Wiesn“ bereits am 21. April abgesagt wurden, hoffen die Veranstalter in Köln, dass die Märkte trotz Corona stattfinden können – wenn auch mit Einschränkungen.

Großveranstaltungen bis 31. Oktober untersagt

Doch angesichts steigender Infektionszahlen lässt NRW vorerst keine Lockerungen zu. Volksfeste und Großveranstaltungen sind bis 31. Oktober untersagt und Spezialmärkte, zu denen Weihnachtsmärkte gehören, nur auf Basis eines besonderen Hygienekonzepts zulässig. Die Stadt Köln will sich derzeit nicht äußern. Ob die Märkte stattfinden können, hänge vom Infektionsgeschehen ab.

Die Betreiber der vier größten Märkte (Dom, Heumarkt, Neumarkt, Rudolfsplatz) haben dem Ordnungsamt bereits Ideen für den Umgang mit Corona vorgestellt. Ihr Konzept sieht weniger Stände, mehr Abstand, Verzicht aufs Bühnenprogramm, mehr Sicherheitspersonal sowie Zugangskontrollen vor. Die Idee: Besucher sollen sich vorab per Internet registrieren lassen, ihren Namen, Vornamen, Mailadresse und Telefonnummer angeben. Dann bekommen sie einen QR-Code auf ihr Smartphone oder als Ausdruck, mit dem sie an speziellen Schleusen mit Drehgitter Einlass erhalten.

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Hände desinfizieren gehört zum Sicherheitscheck, der an den „Safe Gate“-Schleusen vor Einlass durchgeführt wird.

Ein Team um Heino Holzemer von der Agentur „Matrix Event + Safety“ aus Kerpen (Eifel), die schon Sicherheitskonzepte für die Kölner Lichter, die Gamescom und andere Events entwickelt hat, hat dafür ein neues System namens „Safe Gate“ konzipiert (siehe Infokasten).

Automatisierte Einlasskontrolle am „Safe Gate“

6 Sekunden pro Besucher soll der Sicherheitscheck an den Einlass-Schleusen dauern, die die Firma „Matrix Event + Safety“ in den vergangenen Monaten entwickelt hat. Die Gäste zeigen zunächst ihren QR-Code, den sie nach der Vorabregistrierung erhalten haben. Dann erfolgteine kontaktlose Handdesinfektion. Anschließend misst ein Sensor kontaktlos die Körpertemperatur, und eine Kamera erfasst, ob der Besucher eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt.

Werden alle Kriterien erfüllt, leuchtet ein grünes Licht auf, und man kann den Markt durch ein Drehgitter betreten. „Unser System ist auf 450 Besucher pro Stunde ausgelegt und somit auch für Konzerthallen, Fußballstadien und ähnliches geeignet“, sagt Holzemer. Durch Auslasskontrollen wisse man jederzeit, wie viele Besucher da sind.Wird es zu voll, schalten die Einlass-Schleusen auf Rot, so lasse sich der Besucherzustrom steuern. „Wird im Nachhinein ein Corona-Fall bekannt, können wir genau dokumentieren, wer sich zeitgleich mit einer infizierten Person auf dem Markt aufgehalten hat. Dann können betroffene Personen umgehend kontaktiert und dem Gesundheitsamt gemeldet werden.“

2 bis vier Wochen werden die Daten laut Holzemer gespeichert und danach gelöscht, alles laufe streng nach EU-Datenschutzvorgaben. Die Registrierung könnten Busunternehmer im Vorfeld durchführen. Für Besucher ohne Internetzugang soll es vor Ort eine Anmeldemöglichkeit geben.

Nachteil des Systems: Es erkennt infizierte Personen nicht, wenn sie kein Fieber haben. Und es kostet viel Geld. Ab 12 000 Euro ist eine Schleuse für Innenräume zu haben, die Outdoor-Variante mit zwei Eingängen beginnt bei 30 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Sicherheitspersonal, das die Abläufe kontrolliert. Mit Leasingmodellen und Lösungen, bei denen eine Gebühr pro Besucher fällig wird, will Holzemer die Geräte erschwinglicher machen. Vergleichbares gebe es auf dem Markt derzeit nicht. Obwohl man das „Safe Gate“ praktisch gerade erst erfunden habe, sei es kein Problem, bis Mitte November ausreichende Stückzahlen herzustellen und zu liefern. (fu)

Budenzauber und Weihnachtsambiente nur nach Registrierung und Sicherheitscheck – passt das zusammen? „Wer will schon gern auf einen eingezäunten Weihnachtsmarkt?“, meint Florian Hecker, Sprecher der Essener Stadtmarketinggesellschaft EMG. Sie will auch dieses Jahr in der Ruhrmetropole wieder einen der größten Weihnachtsmärkte in NRW veranstalten und plant ohne Zäune und Einlasskontrollen. In der großzügigen Essener Innenstadt ließen sich die Buden mit genügend Abstand aufstellen.

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„Das Wichtigste ist, dass sich bei uns niemand infiziert“, sagt Monika Flocke von der Kölner Weihnachtsgesellschaft, die den Markt am Dom veranstaltet. Man warte auf genaue Vorgaben vom Land. „Ende August brauchen wir Klarheit.“ Man habe „alles, was möglich war, geplant und vorbereitet“, betont Hans Flock. Klar sei schon jetzt: „Das werden nicht die Weihnachtsmärkte sein, wie wir sie kennen. Ohne Bühnen mit weihnachtlichem Programm, dafür mit viel Abstand zwischen den Buden wird die Atmosphäre nicht dieselbe sein.“ Bei einer Absage drohe vielen Standbetreibern die Pleite und ein finanzieller Schaden für Köln. Jeder Gast gebe an den Buden im Schnitt 12 Euro aus, plus weitere knapp 22 Euro in Handel und Gastronomie.

Kölntourismus schätzt den Umsatz durch Weihnachtsmärkte auf rund 300 Millionen Euro. Man hoffe, dass sie stattfinden können – „selbstverständlich unter Corona-konformen Bedingungen und für ein kleineres Publikum als üblich“, so Geschäftsführer Jürgen Amann. „Gerade im Hinblick auf Hotellerie, Gastronomie und Handel wäre es ein wichtiges Zeichen.“