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Björn Heuser im Interview„Ein Mitsingkonzert mit Maske kann ich mir nicht vorstellen“

Lesezeit 4 Minuten
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Björn Heuser 

  1. Björn Heuser (39) lädt seit Jahren zu seinen Mitsingkonzerten.
  2. Thorsten Moeck sprach mit ihm über Impfungen und Erwartungen.

KölnViele Menschen haben die Daten ihrer Corona-Schutzimpfungen im Kopf. Sie auch?

Nein, die genauen Daten nicht. Im Frühsommer war die Erstimpfung, Mitte Juni glaube ich.

Wenn Sie am Sonntag in der Arena spielen, haben nur geimpfte oder genesene Menschen Zutritt. Spüren Sie im Alltag die Spannungen zwischen geimpften und nicht geimpften Menschen?

Durchaus. In den sozialen Netzwerken gibt es Kritik an dieser Regelung, aber je näher das Konzert rückt, desto mehr bekomme ich auch die Akzeptanz zu spüren. Viele Menschen kommen genau deshalb, weil sie sich sicherer fühlen.

Bei einem Mitsingkonzert ist 2G ohnehin die einzige Option.

Es gab rechtlich keine andere Möglichkeit. Wir wollen das kölsche Gefühl zelebrieren, und dazu gehört das gemeinsame Singen. Ich kann mir kein Mitsingkonzert vorstellen, bei dem die Menschen eine Maske tragen müssen. Das könnte ich mir nicht vorstellen, denn ich will mit der Show das emotionale Zentrum der Menschen ansprechen. Bei meinen Konzerten im Gaffel am Dom funktioniert das übrigens auch.

Lockerungen

12.600 Besucher werden am Sonntag zu „Kölle singt“ in der Lanxess-Arena erwartet. Es gibt nur noch wenige Restkarten. Es gilt die 2G-Regel, Zutritt haben Gäste, die geimpft oder genesen sind.

Nach den Lockerungen der Corona-Schutzverordnung dürfen in der Arena jetzt wieder alle Sitzplätze belegt werden. Die Verantwortlichen werten dies als positives Signal mit Blick auf das Veranstaltungsjahr 2023. Dann sollen zahlreiche verlegte Konzerte stattfinden. (tho)

Ihr Auftritt ist das erste große Konzert in der Arena seit Beginn der Pandemie. Freuen Sie sich schon, wenn das Licht ausgeht und Sie die ersten Töne spielen?

Das wird mit Sicherheit ein hochemotionaler Moment. Wenn mein Name genannt wird und ich raus komme, ich den ersten Akkord anschlage – das wird was zwischen gewaltiger Gänsehaut und Aufbruchsgefühl in eine hoffentlich rosigere Zukunft. Vielleicht geht das auch dem ein oder anderem im Publikum so.

Sie halten mit 20 220 Besuchern den Zuschauerrekord in der Arena. Dieses Mal ist die Gästezahl auf 12 600 begrenzt. Die Bedeutung liegt dieses Mal im Premierengefühl.

Wenn man die Superlative mal beiseitelässt, muss man feststellen, dass auch 12 600 Gäste verdammt viel ist. Auch eine solche Dimension haben viele von uns seit eineinhalb Jahren nicht mehr erleben können. Ich bekomme viele Mails von Besuchern, für die das Konzert eine hohe soziale Bedeutung hat, weil sie endlich mal wieder unter Menschen kommen. Viele waren bislang vielleicht noch nicht bereit für einen Konzertbesuch. Es wird für viele Besucher ein neues erstes Mal werden. Und ich bin sehr gespannt, wie die Leute reagieren. Singen die direkt mit? Oder dauert es drei Lieder? Es gibt keine Vergleichswerte.

Haben Sie sich schon ein paar nette Worte ans Publikum überlegt?

Ich mache mir vorher meistens ein paar Gedanken über meine Ansagen. Aber am Ende sage ich dann doch spontan etwas und halte mich nicht an meine Gedanken. Ich mache das aus dem Bauch heraus. Die Zeit der Pandemie ist an keinem spurlos vorüber gegangen. Es gibt ja auch Lieder, die man jetzt ganz anders gemeinsam singt. Die „Kölle singt“-Hymne wird uraufgeführt, aber auch das Veedels-Lied, das ja im ersten Lockdown von den Menschen abends auf den Balkonen gesungen wurde. Solche Lieder haben an Bedeutung gewonnen und werden für das Gänsehaut-Erlebnis sorgen.

Gibt es Stücke, die vor dem Hintergrund der Pandemie jetzt nicht mehr passen?

Ich bin die Stücke sorgfältig durchgegangen, musste aber nichts ändern. Aber nach den Überschwemmungen im Sommer hätte ich mit Sicherheit nicht „Dat Wasser vun Kölle“ gesungen, das hätte ich schwierig gefunden. Mir geht es bei der Veranstaltung ums Publikum, daher lege ich auch auf ältere Stücke Wert wie etwa „Heidewitzka, Herr Kapitän“. Alte kölsche Klassiker. Und ich habe es mir zur Regel gemacht, dass die Lieder mindestens zehn Jahre alt sein sollten, alles andere wäre den Kollegen gegenüber unfair, deren Lieder ich covere und die auch alle keine Konzerte spielen konnten. Das wäre respektlos. Ich singe Lieder, auf die richtig Lust habe. Ansonsten setze ich auf die Reise durch die Stücke der kölschen Liedermacher und der kölschen Musikgeschichte.

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Bei „Ming eeste Fründin“ von den Bläck Fööss könnten Sie die ersten drei Worte singen und dann die Gitarre in die Ecke stellen, weil das Publikum den Rest erledigt. Ist das schön oder langweilig?

Das Lied hat tatsächlich nur drei Akkorde, ist aber musikalisch auf einem enormen Niveau. Als ehemaliger Musiklehrer könnte ich da jetzt ein Referat drüber halten. Es ist genial, wie die Bläck Fööss komplexe musikalische Lieder hinter einer vermeintlichen Einfachheit verbergen. Dieses Lied hat einen Ambitus, also einen Tonumfang, der beachtlich ist. Und langweilig wird es in der Arena nie, denn es geht nicht um die große Bühnenshow und besondere Effekte, sondern um das Gemeinschaftserlebnis. Keiner sagt vor dem Konzert: Heute gehen wir zu Björn Heuser. Es heißt immer: Heute gehen wir singen.