Was für ein Vergnügen. Die Kölschrocker von Brings und das Bonner Beethoven-Orchester präsentieren das klassische Gewand kölscher Hits beinah wie eine musikalische Selbstverständlichkeit. Sogar die Harfe trägt Karo-Hut.
Konzert am DomBeethoven-Orchester und Brings mit Rockiger und rasanter Klassik-Rallye
Besondere Anlässe erfordern zuweilen beondere Etikette. Und so haben sich die Musiker von Brings schick gemacht und betreten in schwarzen Fracks die Rundbogenbühne mit transparentem Dach auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom. Das Beethoven-Orchester Bonn hat als Overtüre bereits die Rheinische Sinfonie von Robert Schumann intoniert. Dann beginnt mit „Willkumme“ ein dichter Reigen von 17 Liedern, zwei Stunden lang, denn um Punkt 22 Uhr muss Schluss sein, so will es die Stadtordnung. Die musikalische Liaison zwischen Kölschrock und Klassik verschmilzt vor dem Dom zu einem aufregenden One-Night-Stand. Im Grunde sind es zwei Nächte, denn am Samstag folgt Auftritt Nummer zwei.
Die Atmosphäre: Als „Ritterschlag“ hatte Peter Brings den Auftritt seiner Band mit dem Klassikorchester vorab im Rundschau-Interview bezeichnet. „Ich habe richtig Fracksausen“, gesteht der Sänger gleich mehrfach. Das stimmt zumindest bis zum zweiten Lied, dann fliegt der Frack in die Katakomben und Peter Brings trägt obenrum nur noch Weste, ohne Hemd, aber mit schönen Tatoos auf den Oberarmen. Betont locker gibt sich auch das Beethoven-Orchester, dirigiert vom symphatisch-unterhaltsamen Dirk Kaftan. Die mehr als 50 Musikerinnen und Musiker hatten zuvor offenbar den Brings-Fanshop leer gekauft, sie tragen Brings-Sonnebrillen, Brings-Krawatten. Sogar die Harfe trägt einen karrierten Hut. Diese zur Schau gtragene Lockerheit passt an diesem Abend zur wilden Spielfreude des Orchesters.
Brings präsentiert neues Sessionslied
Lustiges Video: Kurz vor dem Konzert grüßen die Musiker von den LED-Leinwänden links und rechts der Bühne und spinksen in die Menge. „Kai, hast Du die Noten“, fragt ein Bandkollege. „Noten kann ich eh nicht. Aber ich habe ein paar Mal die CD gehört“, antwortet Pianist Kai Engel. Dass mit den Noten ist übrigens kein Spaß. Bis auf Schalgzeuger Christian Blüm, der Musik studiert hat, sind die Kölschrocker Autodidakten, setzen ihre Songs aus Akkorden zusammen. Jetzt mussten sie die Arrangements von Reinhard Summerer komplett auswendig lernen. Musikalisch hat sich das allemal gelohnt.
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Die Musik: „Wo sin die Kölsche“ ruft Peter Brings gleich beim zweiten Lied, der Nummer „Sulang mer noch am Lääve sin“ den 5000 Menschen auf dem Roncalliplatz zu. Damit ist klar, dass hier niemand eine Konzerthaus-Atmosphäre erwartet. Die Fans singen mit, schunkeln, klatschen. Das genießen auch die Musikerinnen und Musiker des Orchesters. Spätestens bei „Mir singe Alaaf“ kommen die klassischen Instrumente richtig zur Geltung und das Orchester wirkt perfekt eingepegelt.
Neues Sessionslied: So rchtig lange dauert es nicht mehr bis zum Sessionsbeginn am 11. November. Die Band nutzt die Gelegenheit, ihr neues Sessionslied „Romeo und Julia“ zu präsentieren, das Orchester hat derweil Pause. So richtig passt dieses Lied nicht in die Dramaturgie des Abends, es wirkt wie eine Unterbrechung der sonst stimmigen Liedfolge mit Stücken wie „Sünderlein“, „Mir singe Alaaf“ und natürlich „Halleluja“. Die meisten Songs hatten Band und Orchester bereits für das gemeinsame Album „Alles tutti“ während der Corona-Pandemie eingespielt.
Die Höhepunkte: Als sich die Dunkelheit über die Stadt legt, werden tanzende Lichtpunkte auf die Fassaden von Römisch-Germanischem-Museum und Dom-Hotel projiziert. Stimmungsvoller geht es kaum. Herrlich verspielt kommt das klassische Intro der Superjeilenzick daher, immer wieder tauchen in den forschen Streicherpassagen der ein paar Takte des Refrains auf. Auch das Intro vom Kölsche Jung gerät zur turbulenten Spritztour des Orchesters - so als würde man einen Sportwagen in den roten Drehzahlenbereich jagen. Bei Polka gibt es kein Halten mehr. Ein Vergnügen.
Das Fazit: Das musikalische Experiment ist aufgegangen. Was auf dem Album zuweilen recht konstruiert wirkt, entfaltet live auf der großen Bühne seine volle musikalische Pracht.
Die Stimmen: Dirk Kaftan, Dirigent des Beethoven-Orchesters: „Diese Power, die vom Publikum kommt, kennen wir im Orchester nicht. Aber die Musikerinnen und Musiker haben das geliebt und gelebt. Ich fand es toll, wie sie dieses Zusammenspiel gefeiert haben.“
Christian Blüm, Schlagzeuger von Brings: „Der Höhepunkt unserer inzwischen sechsjährigen Zusammenarbeit. Es ist eine ganz besondere Energie, die hier entsteht. Alle Beteiligten sind sich mit großem Respekt begegnet."