Rund um den Dom gelten seit Weihnachten strenge Sicherheitsvorkehrungen.
Aktion auf dem BahnhofsvorplatzMuslime treten ein für Frieden
Samstagmittag auf dem Bahnhofsvorplatz: Zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, ob Silvester friedlich verlaufen wird. Die Stadt steht unter dem Eindruck der jüngsten Ermittlungen wegen mutmaßlich islamistischer Terroristen. Rund um den Dom gelten seit Weihnachten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Inmitten dieser Stimmung steht auf den Stufen zum Dom hin eine Gruppe von Männern, die Plakate und Banner halten mit Sätzen wie diesem: „Ich bin ein Muslim und stehe ein für eine Welt ohne Gewalt und Hass.“
Immer wieder bleiben Menschen stehen, stellen Fragen. Einige machen Fotos. Ein Mann ruft den Muslimen zu: „Leider gibt es bei euch ein paar Verrückte. Aber die gibt es bei uns auch.“ Einstimmiges Nicken auf beiden Seiten.
Gemeinsamkeiten suchen statt Spaltung zuzulassen
„Alle, die hier im Trikot stehen, gehören zum Peace Cycling Club“, erklärt Mahmood Malhi, Imam der Kölner Ahmadiyya Muslim Gemeinde. Gegründet hat er diesen Zusammenschluss, dem sich für die aktuelle Aktion noch einige weitere Gemeindemitglieder angeschlossen haben, im vergangenen September. Seither radelt die Gruppe mindestens einmal in der Woche zu unterschiedlichen Kirchengemeinden, pflegt den interreligiösen Dialog und setzt sich für Frieden ein. „Wir sind alle eine Familie. Wir sollten Gemeinsamkeiten suchen und uns nicht spalten lassen“, ist Malhis Überzeugung.
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Muslime hätten dem Koran zufolge den Auftrag, in Gefahrensituationen Gotteshäuser zu schützen, und zwar explizit auch christliche und jüdische, sagt der junge Imam: „Darin sind sich alle Gelehrten einig.“ Als Reaktion auf eine mögliche Bedrohungslage konnte er etwa 35 Jungen und Männer aus seiner Gemeinde zur Teilnahme an der Aktion gewinnen. Der Jüngste ist 13 Jahre alt, andere um 50 herum. „Unser Grundgedanke ist, durch Dialog Ängste abzubauen. Wir stehen hier, um ein Zeichen zu setzen und zu zeigen: Wer diese Kirche angreifen will, muss zuerst an uns vorbei“, sagt Malhi.
Ausgrenzung und Vorteilen etwas entgegensetzen
Zudem gehe es auch um ihre Stadt: „Wenn hier etwas Gutes passiert, sagen wir: ‚Wir sind Kölner‘, und wenn hier etwas Schlechtes passiert, tut es auch uns weh.“
Die Reaktionen seien durchweg positiv gewesen. „Ein Israeli umarmte uns, bedankte sich und sagte, er würde für Frieden beten. Und eine Pfarrerin aus Berlin sagte: ‚Das geht unter die Haut und weckt in mir den Aufruf, dass wir auch für euch da sein sollten‘“, schildert Malhi.
„Man fühlt sich als Muslim oft ausgegrenzt und in eine Schublade gesteckt“, sagt der 22-jährige Ahmed Maqsood: „Wenn ich hier mit den Jungs stehe, weiß ich, dass ich dagegen etwas bewirken kann.“
Der Islam stehe für Frieden, betonen sie alle. „Terroristen vertreten nicht die Lehre des Islam, sondern politische Interessen“, sagt Subhi Rana: „Den Begriff ‚Islam‘ sollten sie gar nicht benutzen dürfen.“