25 Jahre Kölner Freiwilligen Agentur„Etwas machen, was die Stadt verändert“
Lesezeit 5 Minuten
Köln – Drahtbürste, Farbe, Schablone. Ein Dreiklang, der für entspanntes Wandern auf gut erkennbaren Routen steht. Dass das rund um Köln möglich ist, dafür sorgen Ehrenamtliche wie Michaela Lehmann. Sie rauen die Rinde auf, weil sonst die Farbe nicht hält, malen Wanderzeichen per Schablone auf, kontrollieren die Begehbarkeit der Wege. Und das ausgesprochen gern.
30 Jahre habe sie in einem anspruchsvollen Bürojob gearbeitet, erzählt Lehmann. „Jetzt möchte ich ganz viel draußen sein. Und ich liebe das Wandern.“ Die 60-Jährige wollte sich ehrenamtlich engagieren, bekam den Tipp, sich an die Kölner Freiwilligen Agentur zu wenden.
„Da haben wir ganz in Ruhe darüber gesprochen, was mir Spaß macht. Und uns im Netz dazu jede Menge Möglichkeiten angesehen.“ Dass das Markieren von Wanderwegen auch ein Ehrenamt ist, hatte sie nicht für möglich gehalten. Jetzt ist sie für ein Revier verantwortlich, teilt sich ihre Zeit frei ein und hat Kontakt zu anderen Aktiven des Kölner Eifelvereins. „Wie gemacht für mich“, findet Lehmann ihr Ehrenamt.
„Das ist das Ziel“, sagt Ulla Eberhard. Sie ist Mitgründerin der Kölner Freiwilligen Agentur (KFA), die jetzt ihr 25-jähriges Bestehen feiert. „Und je mehr wir wissen, desto besser klappt das Match.“ Rund 550 Einsatzmöglichkeiten stehen zur Wahl, vermittelt werden Menschen aus allen Feldern der Gesellschaft, jeden Alters und mit ganz unterschiedlichen Zeitbudgets.So frei war der Zugang zum Ehrenamt nicht immer, erst in den 1990er Jahren hatte es einen Wandel in der Ehrenamtsarbeit gegeben, erinnert sich Eberhard. „Viele Menschen wollten nicht mehr in einem Verein, einer politischen Organisation oder Gemeinde fest gebunden sein, um ehrenamtlich zu helfen.“ Mit dabei war vor 25 Jahren auch Anke Ortlepp, Professorin für Nordamerikanische Geschichte an der Uni Köln: „Wir wollten Kölner Bürgerinnen und Bürger zusammenbringen, Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Um etwas zu machen, was die Stadt verändert.“
Besser auch auf jüngere Menschen zugeschnitten
Auf diesem Wege sollte das Ehrenamt auch jünger werden, und passgenauer dazu. Mit der unabhängigen Agentur wurde eine Struktur geschaffen, die alle Organisationen mit Hilfebedarf nutzen konnten und die eine große Bandbreite ehrenamtlicher Tätigkeiten eröffnet.
Der Bedarf nach Unterstützung wachse immer weiter, hat Eberhard festgestellt. Über viele kleine Schritte der vielen Aktiven werde das Ehrenamt zum „gamechanger“, es mache immer häufiger den Unterschied aus. Etwa durch die „Lesewelten“, Vorlesestunden, die die Sprachentwicklung fördern und die Bildungschancen von Kindern verbessern. Durch das Engagement in der Mülheimer Jugendeinrichtung Don Bosco Club oder durch die Unterstützung geflüchteter Menschen.
Jede Initiative, die einen Hilfebedarf anmeldet, wird von einem der 37 Mitarbeitenden besucht. Etwa die Hälfte davon arbeiten ehrenamtlich, pro Jahr werden rund 1000 Menschen vermittelt. Das geht auch ganz spontan, mit einem Kick Überraschung dabei. Denn wer sich für das Angebot „Kurz & Gut“ registriert, bekommt Mitteilungen mit Hilfegesuchen aufs Handy. #27536 Fahrdienst zu unseren Jeans-Sammelstellen, #27412 Helfer für Quizabend im Bürgerzentrum Ehrenfeld, #232698 Vertretung für Zahnarzthelferin der Malteser Migranten Medizin – wenn’s passt, wird per Klick bestätigt.
Das kann man auch kurze Zeit machen – dieser Grundgedanke gelte für alle Ehrenämter, ist Ulla Eberhard wichtig. „Man kann jederzeit sagen ’Ok, das war schön, aber jetzt versuche ich etwas Neues’.“ Oder auch nicht.
Wie Julian Bickmann, der sich ehrenamtlich im Bereich der Bürgerbeteiligung engagiert und das mit seinem Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule verbindet. Hier steht auch das Demokratierad, das sich jeder ausleihen kann. Etwa, um wie Bickmann auf der Kalker Hauptstraße mit Menschen über die geplante Umgestaltung ins Gespräch zu kommen. „Damit fängt Beteiligung an“, ist sich der 32-Jährige sicher. „Dass man erstmal erklärt, was passieren soll, die Menschen ganz in Ruhe ihre Fragen stellen können.“ Das wirke sich auch positiv auf eine Teilnahme am Beteiligungsverfahren der Stadt aus. Sein Ehrenamt will er weiter ausbauen. „Menschen dabei zu unterstützen, sich an der Entwicklung ihres Lebensumfeld zu beteiligen, das macht einfach Sinn.“ Damit kommt er einem Gründungsgedanken der KFA nah, der auch anspruchsvolle Vision für ihre Zukunft ist: Der „Bürgerstadt Köln“ neue zu Impulse geben – durch herausfordernde öffentliche Diskurse und innovative Projekte.
Ein breites Spektrum
Der Besuchsdienst DUO begleitet Menschen mit Demenz auf Spaziergängen, bietet Gesellschaftsspiele an und erzählt mit ihnen „von damals“ – oder was sonst gewünscht wird.
Die KulturPat:innen unterstützen kleine Kulturbetriebe wie Theater, Ateliers oder Kleinkunstveranstalter mit ihren betriebswirtschaftliche oder juristische Fähigkeiten.
Freiwillig im Ausland: Menschen von 17 bis 30 Jahren vermittelt die Agentur Einsätze in zehn Kölner Partnerstädten.
Mülheimer Brücken: Eine Koordinationsstelle vermittelt und unterstützt Ehrenamtliche in Projekte für Geflüchtete.
Ideengarten fürs Veedel: Als Teil des Kölner Netzwerks Bürgerengagement ist die KFA aktiv dabei, wenn es um mehr Grün und besseres soziales Miteinander etwa in Finkenberg geht.
Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden Freiwilligentage ermögliche, biete die KFA zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Für Tage mit 5 bis 300 Personen übernimmt sie Vorbereitung, Projektplanung, Auswertung und Öffentlichkeitsarbeit.
Babellos nennt sich eines von vielen Projekten für Geflüchtete. Um ihnen Orientierung und Teilhabe zu ermöglichen, werden sie von Sprachbegleiterinnen unterstützt.
Mitmachen erwünscht: Von heute bis zum 8.September gibt es neben dem Ehrenamtstag zahlreiche Infoveranstaltungen. Nähers dazu gibt es auf der Internetseite der KFA.