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Leiter des Kölner Rosenmontagszug im Interview„Ich freue mich so sehr auf diesen Jubiläumszug“

Lesezeit 5 Minuten
Holger Kirsch.

Holger Kirsch.

Holger Kirsch (48) plant seit Jahren an einem Zug, der auch das Rechtsrheinische berücksichtigt. Thorsten Moeck sprach mit ihm über Höhepunkte und Hürden des Jubiläumszuges.

Als Sie 2015 Prinz waren, haben Sie in emotionalen Momenten die Mundharmonika hervorgeholt und alte kölsche Lieder gespielt. Jetzt werden Sie den Rosenmontagszug auf der Mundharmonika mit „Zo Fooss noh Kölle jon“ eröffnen. Eine Herzenssache?

Ja! Ich mag dieses Instrument bis heute einfach sehr. Ich habe es fast immer in der Hosentasche und spiele oft einfach nur zur eigenen Beruhigung für mich ganz alleine. Dass ich bei der Eröffnung des Zuges am Ottoplatz spiele, ist eher zufällig entstanden. Micky Brühls Lied ist eine kölsche Hymne – und mit der Textpassage „Op d'r Düxerbröck bliev ich stonn“ passte es zu unserer geplanten Rheinüberquerung perfekt.

Die passende Gelegenheit für eine kleine Revolution?

Ich freue mich so sehr auf diesen Jubiläumszug. Wir feiern 200 Jahre Kölner Karneval. Wenn man ein solches Ereignis nicht zum Anlass für etwas ganz Besonderes nähme, wüsste ich nicht, wann dann. Wo hat denn Stadtentwicklung in der jüngeren Vergangenheit stattgefunden? Im Rechtsrheinischen, insbesondere in Deutz. Auf der Schäl Sick leben mehr als 400 000 Menschen, die es lange mal verdient haben, mit dem Rosenmontagszug mal in den Arm genommen zu werden.

Der Karneval schlägt Brücken. Sie mögen Symbolik.

Genau, ein Zug verbindet grundsätzlich zwei Orte. Und dann überschreiten wir auch noch die für Kölnerinnen und Kölner oft unüberwindbare Hürde des Rheins. Das empfinde ich als Symbolkraft für unsere Stadt als besonders wertvoll.

Manche Karnevalisten hätten Sie an Stelle einer Umarmung lieber in den Schwitzkasten genommen. Wie sehr mussten Sie intern für den neuen Zugweg kämpfen?

Als ich 2019 Zugleiter geworden bin, war es wichtig, schon mal laut über die Idee eines Zuges durchs Rechtsrheinische nachzudenken. Das Motto „Et Hätz schleiht em Veedel“ hätte auch schon einen neuen Zugweg hergegeben, aber ich musste sehr schnell feststellen, dass die Umsetzung für alle Beteiligten viel mehr Zeit benötigt. Die damalige Version, mit dem Ziel im Rechtsrheinischen, wäre im Endeffekt einfacher gewesen. Die Kritik ist mir durchaus bewusst, der stelle ich mich auch. Ziel ist es, den 12 500 Teilnehmenden einen großartigen Tag zu schenken, darüber hinaus geht es mir als Zugleiter aber auch um andere Zielgruppen: eine Million Menschen am Straßenrand und vier bis fünf Millionen Fernsehzuschauer. Der Rosenmontagszug ist doch nach dem Dom das Aushängeschild unserer Stadt.

Grafik zum Rosenmontagszug in Köln.

Grafik zum Rosenmontagszug in Köln.

Sie verfügen als Architekt über ein ausgeprägtes plastisches Vorstellungsvermögen. Wie wird der Start des Zuges am Deutzer Bahnhof und der Deutzer Freiheit?

Mit dem historischen Deutzer Bahnhof und dem Blick auf voll besetzte Tribünen haben wir einen wunderschönen Hintergrund für die Hauptkamera des WDR. Das prägende Bild unserer Stadt ist aber natürlich der Dom und das Rheinpanorama, das wollen wir auch mit dem Zug transportieren. Deshalb wird es einen zweiten Kamerastandpunkt des WDR an der Deutzer Brücke geben – wenn ich an diese Bilder denke, wie diese gigantische Parade auf den Dom und das Altstadtpanorama zuläuft, bekomme ich beim Erzählen schon Gänsehaut. Aber mir ist auch klar, dass ein Zugleiter selten so abhängig von schönem Wetter war, wie ich es an diesem Tag sein werde.

Mit welchen Elementen werden Sie die Geschichte des Rosenmontagszugs aufleben lassen?

Es wird zehn Großfiguren geben, die eine lange Tradition haben, aber irgendwann aufgrund des Gewichts kaum zu transportieren waren. Jetzt haben wir eine neue Bauweise entwickelt – extrem leicht und fast 4,50 Meter hoch. Außerdem wird zur Einleitung eine überdimensionale Geburtstagstorte im Zug mitfahren.

Aus dem Jahr 1823 gibt es Bilder des ersten Wagens von Held Karneval, ein goldener Fisch. Diesen Wagen haben wir neu bauen lassen, die Corona-Dreigestirne werden mit ihren Familien hierauf mitfahren. Das Stichwort „Held Karneval“ soll aber auch ein dauerhaftes Projekt werden, künftig sollen Ehrenamtler dort mitfahren dürfen, Menschen von Sanitätsdiensten oder Feuerwehr, da gibt es viele. Der Große Senat, der das finanziert hat, wird sich des Themas künftig annehmen. Wir konnten nicht alle Ideen umsetzten, denn nach zwei Jahren Pandemie haben wir auch aufs Geld geachtet.

Wie groß war der Aufwand? Im Aufstellbereich am Auenweg gibt es beispielsweise keine Hausnummern wie in der Südstadt. Das erschwert die Orientierung.

Die Kommunikation mit den Gesellschaften war sehr wichtig, vorigen Mittwoch gab es ein Treffen. Dabei wurde erkannt, dass die Weitläufigkeit rund um die Messe auch Vorteile bietet. Die Pferde werden unter der Zoobrücke angeliefert, es gibt Platz zum Einreiten im Rheinpark. Aber es stimmt schon: Bislang konnte man Teilnehmenden sagen: Ihr steht am Bonner Wall 54. Am Auenweg ist das nicht so leicht, wir werden in der Nacht vor dem Zug Schilder aufstellen und Sprühkreide einsetzen.

Werden zum Jubiläum Gruppen anderer Karnevalshochburgen vertreten sein?

Wir haben viele Einladungen verschickt, aber Rosenmontag haben alle zu tun. Wir konnten eine Abordnung der Schwäbisch-alemannischen Fastnacht gewinnen, die mit mehr als 80 Menschen mitgehen wird. Das ist ein tolles Zeichen, weil wir uns gemeinsam für das immaterielle Weltkulturerbe bewerben.

In der Severinstraße dürfte der Zug ein tolles Ende finden. Mit Beleuchtung.

Ja, wir beleuchten die gesamte Severinstraße zunächst atmosphärisch, können aber im Notfall auch auf Weißlicht umstellen. Auf der Torburg wird es Illuminationen geben, das wird sehr emotional. Die einzigen Wagen, die durch die Torburg fahren, werden Prinz, Bauer und Jungfrau sein. Die übrigen Wagen biegen vorher ab.


Vier Stunden für neun Kilometer

78 Gruppen werden beim Rosenmontagszug am 20. Februar teilnehmen. Etwa 12 500 Teilnehmende haben die Gruppen angemeldet, das Interesse war deutlich größer, doch die Teilnehmerzahl wird begrenzt, damit alle Gruppen noch im Hellen das Ziel erreichen. Die ersten Gruppen sollen um 14 Uhr die Severinstorburg erreichen. Das Festkomitee wird am heutigen Dienstag das Sicherheitskonzept für den Zug vorstellen. Dazu gehören auch besondere Verkehrsführungen sowie Zugangsregelungen für Menschen, die direkt am Zugweg wohnen. (tho)