Zum ersten Mal war der Stammtisch der Kölner Karnevalisten in der Eifel zu mit einem Vorstellabend zu Gast.
VorstellabendKarnevals-Künstler testen Sessions-Programm in Nettersheim
Karneval im Sommer? Wer der unumstößlichen Überzeugung ist, die fünfte Jahreszeit beginne erst am Elften im Elften, der ist entweder nicht auf der Höhe der Zeit oder er hat mit dem alltäglichen Karnevalsgeschäft nichts zu tun. Denn für die Bands, die Tänzer und Redner ist genauso wie für die Veranstalter und Vereine längst der Ganzjahreskarneval Realität. Schließlich beginnt schon kurz nach Aschermittwoch die Arbeit an dem neuen Programm.
Und auch Veranstaltungen wie „Jeck im Sunnesching“ beweisen, dass Fastelovendsstimmung auch bei Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt entstehen kann. „Karneval ist immer. Nach der Session ist vor der Session“, stellte Miriam Krüger, Vorsitzende der Nettersheimer „Löstige Höndche“, am Samstagabend im Nettersheimer Dorfsaal fest. Dort ging der Vorstellabend des Stammtischs Kölner Karnevalisten über die Bühne, der zum ersten Mal in der Eifel stattfand.
Karnevals-Künstler testen Programm in der Provinz, bevor es auf Kölner Bühnen geht
Viel hatten sich die Organisatoren für den Abend vorgenommen. 14 verschiedene Acts hatten eine Viertelstunde lang die Gelegenheit, ihr Programm dem Publikum vorzustellen. Zugaben waren dabei ausgeschlossen – egal, wie enthusiastisch das Publikum reagierte. Dabei ging es Schlag auf Schlag – ohne Pause kamen Redner, Tanzgruppen, Bands und Musiker auf die Bühne und zeigten während der vierstündigen Veranstaltung, was sie in den vergangenen Monaten für die neue Session ausgearbeitet hatten.
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Die Vielfalt ist Programm beim Stammtisch Kölner Karnevalisten, wie Bruno Praß, Präsident und Baas des Vereins, sagte. „Wir sind kein Karnevalsverein, wir sind eine Künstlervereinigung“, betonte er. Über 50 Mitglieder und Gruppen sind darin organisiert. Regelmäßig werden die Vorstellabende präsentiert. Sie funktionieren ähnlich wie die Vorpremiere bei einem Theaterstück: Die Künstlerinnen und Künstler haben die Gelegenheit, sich in der Provinz auszuprobieren, bevor es auf die Kölner Bühnen und zum großen Vorstellabend in den Sartory-Sälen geht, den der Stammtisch seit Jahren veranstaltet.
Rund 150 Zuschauer bei Karnevalsabend in Nettersheim
„Deshalb sollen die ersten Vorstellabende auch nicht zu nahe an Köln sein“, so Praß. Zum ersten Mal war der Stammtisch nach Nettersheim gereist, um seine Künstler zu präsentieren. Im September werden die Karnevalisten, ebenfalls zum ersten Mal, in Mackenbach bei St. Vith in Ostbelgien auftreten und auch in Oberdrees.
Dort habe sie im vergangenen Jahr die Veranstaltung besucht und gleich die entscheidenden Kontakte geknüpft, um den Stammtisch mit seinem Vorstellabend nach Nettersheim zu lotsen, berichtete Krüger. „Wir sind froh, dass sie zu uns gekommen sind“, sagte sie. Rund 150 Zuschauer sahen das ähnlich und strömten in den Dorfsaal.
Sänger für Prinzen-Proklamation engagiert
Der Vorstellabend sei eine gute Gelegenheit, Kontakte zu Künstlern zu knüpfen, die auch für kleine Vereine erschwinglich seien, die nicht über finanzkräftige Sponsoren verfügten. „Ich hätte gerne eine Gruppe mit Eifeler Mundart gehabt“, verriet Krüger. Aus den Reihen des Stammtischs habe sie für die Proklamation der neuen Tollität bereits den Sänger Timo Schwarzendahl engagiert.
Was auch der Sinn und Zweck der Veranstaltung sei, wie Praß erklärte. „Deshalb stellen die Künstler sich und ihr Programm so früh vor der Session auch den Veranstaltern vor“, erläuterte er.
„Das ist ein Versuch“, sagte Krüger über den sommerlichen Karnevalsabend in Nettersheim. Die Leute würden am Rosenmontag kostenlos Kamelle erwarten, doch die Vereine seien schließlich auch auf Einnahmen aus Veranstaltungen angewiesen. Und so hätten es auch gerne ein paar Leute mehr im Nettersheimer Dorfsaal sein können, war an dem Abend immer wieder zu hören.
Beim Karneval geht es um mehr als laute Musik und Alkohol
„Wichtig im Karneval ist das Brauchtum“, betonte Krüger. Karneval bestehe nicht nur aus Ballermannliedern und Saufen, sondern sei Kultur, betonte sie. Von den Wagen der „Löstige Höndche“ werde während des Rosenmontagszuges beispielsweise keine laute Musik gespielt, obwohl diese bei jungen Leuten beliebt sei. Die Nettersheimer Musikvereine gingen schließlich in direkter Nähe im Zug mit, erklärte Krüger.
Nichts gegen ein paar Bier, die würden dazugehören, aber wer nur zum Saufen zu den Veranstaltungen komme, könne das genauso gut auf der heimischen Couch haben, ergänzte Präsident Rico Zimmermann. „Wichtig ist der Respekt zum Beispiel für die Redner im Programm“, sagte er.
Büttenredner lobt Eifeler Publikum
Vielen der Akteure gelang es schnell, einen Draht zum Publikum zu knüpfen. Die Tanzgruppe „Die Flöhe“ der KG „Große Allgemeine“, „Ne Schwaadlappe“, der Trompeter Lutz Kniep, der Sänger Timo Schwarzendahl, Reiner Roos, „Kappes & Co“, „Ne bonte Pitter“, „Jeck noh Note“, „Dä Knubbelisch“, „Neppeser“, „Blaue Jungs“ und die „Domstadtbande“ gestalteten einen langen, aber auch abwechslungsreichen Abend.
Sie zeigten sich anschließend zufrieden. „In der Eifel ist immer tolles Publikum“, sagte Reiner Roos, der seine Rede als „närrischer Kommissar“ immer wieder mit lokalen Anspielungen würzte. Das lag bei ihm nahe, denn er sei nicht nur Eifeler, sondern habe auch Verwandtschaft in Marmagen. Allerdings sei er dort, anders als in seinem Vortrag behauptet, nur einmal vor Jahren aufgetreten, als seine Nichte Prinzessin gewesen sei.
Marmagener engagieren nur heimische Kräfte
Was Sinn macht, denn die Vertreter der Marmagener „Löstig Jonge“ zeigten auch wenig Ehrgeiz, einen der auftretenden Künstler für ihre Sitzung zu gewinnen – bei ihnen stehen eigentlich nur Einheimische auf der Bühne. „Ich glaube, wir kommen mit den einheimischen Kräften gut zurecht, hier bin ich nur zum Vergnügen und um die Nettersheimer zu unterstützen“, sagte die Vorsitzende der „Löstig Jonge“, Marina Knoll.
Karneval im Sommer funktioniert also auch in der Eifel. „Wir trainieren sowieso das ganze Jahr, uns ist das egal“, so ein Tänzer der „Blauen Jungs“ aus Lövenich. Und auch für die Zuhörer war es oft kein Problem, von der Sonnenterrasse in den Karnevalstrubel zu wechseln. „Super, dass die das gemacht haben“, sagte der Nettersheimer Prinz Knibbi I. alias André Knips.
Doch komisch sei es schon gewesen, gab er zu. „Heute Nachmittag hatte ich noch ein Fußballspiel mit meiner Mannschaft, und dann bin ich hierher“, sagte er. Er sei aber sofort wieder im Karnevalsmodus. Auf das Prinzenornat verzichtete er aber, angesichts von Temperaturen um die 30 Grad.