Mindestens sieben historische Fachwerkbauten müssen in diesem Jahr im Kommerner Freilichtmuseum saniert werden, weil ein massiver Holzwurmbefall festgestellt wurde.
LVR-FreilichtmuseumSieben historische Fachwerkhäuser in Kommern sind vom Holzwurm befallen
Eigentlich kann Dr. Carsten Vorwig, Direktor des Kommerner Freilichtmuseums, mit seinem ersten Jahr in leitender Position zufrieden sein: Mehr als 200.000 Besucher wurden 2022 im Museum gezählt – so viel wie in einem guten Jahr der Vor-Coronazeit. Allein rund 50.000 Gäste kamen zum „Jahrmarkt anno dazumal“, der nach zwei Jahren Pause wieder zum traditionellen Termin rund um Ostern stattfand. „Da hat man wirklich gemerkt, dass die Leute nach Corona wieder raus und was erleben wollten“, berichtet Vorwig im Gespräch mit dieser Zeitung.
Aber 2023 ist der Wurm drin – das steht jetzt schon fest. „Es geht natürlich um den Holzwurm“, stellt Vorwig klar: Mindestens sieben historische Gebäude sind so stark befallen, dass sie in diesem Jahr saniert werden müssen. „Es besteht zwar noch keine Gefahr für die Statik der Fachwerkbauten, aber wir müssen dieses Jahr tätig werden, um Schlimmeres zu verhindern“, erklärt der Museumschef.
Bei weiteren Gebäuden müssen noch Untersuchungen abgewartet werden. „Hier ist noch nicht klar, ob es sich um einen aktiven Befall handelt“, so Vorwig. Mit nicht unerheblichen Kosten rechnet Vorwig auf jeden Fall. „Es hängt natürlich im Endeffekt von der Anzahl und der Größe der betroffenen Gebäude ab, aber wir sprechen hier von Kosten in Höhe von mehreren 100.000 Euro“, rechnet der Museumsleiter vor: „Wir haben bereits Sondermittel beantragt.“
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Fachwerkbauten werden erhitzt
Bei der Holzwurmbekämpfung kommt die sogenannte Thermomethode zum Einsatz. „Die Gebäude werden dann komplett in eine Folie eingepackt und auf rund 60 Grad erhitzt“, erklärt Vorwig. Von der Wirksamkeit der Methode ist er überzeugt: „Die Schädlinge werden durch die Hitze verlässlich abgetötet, und nach unseren Erfahrungen sind die behandelten Gebäude in der Folge auch vor einem raschen Neubefall geschützt.“ Wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte startet die Sanierung der betroffenen Gebäude.
Viel Arbeit kommt auf das Museumsteam aber nicht nur bei der Instandhaltung der Gebäude zu, sondern auch bei inhaltlichen Präsentation der Ausstellungsstücke: Hier soll der bereits im vergangenen Jahr eingeschlagene Weg fortgesetzt werden. „Das neue Ausstellungskonzept haben wir erfolgreich im Heyer Hof in der Baugruppe Niederrhein gestartet“, kann Vorwig auf positive Rückmeldungen der Besucher verweisen. Und zusätzlich zum bereits seit einigen Jahren bestehenden Audio-Guide wird aktuell an den Inhalten für einen „Media-Guide“ gearbeitet.
Hierbei sollen die Besucher weitergehende Informationen zur Ausstellung als Video über das eigene Smartphone abrufen können. „Die Glasfaser-Leitung ins Museum liegt schon“, freut sich Vorwig – im nächsten Schritt müsse dann im gesamten Museumsgelände ein freies W-LAN-Netz eingerichtet werden, das den Besuchern den Abruf der Videos ermögliche. „Wann wir damit starten können, steht aber noch nicht fest“, sagt der Museumschef.
Trafohäuschen aus Bürvenich kommt ins Museum
Neue Gebäude sind ebenfalls geplant. Die seit dem vergangenen Jahr im Freilichtmuseum tätige Steinmetzin erhält ihre eigene Werkstatt in der Baugruppe Bergisches Land. Und auf dem „Marktplatz Rheinland“, der die typische Entwicklung eines rheinischen Dorfes von der Nachkriegszeit bis in die 1980er-Jahre widerspiegeln soll, tut sich auch wieder etwas. „Wir werden in diesem Jahr ein altes Trafohäuschen aus Bürvenich ins Museum translozieren“, verrät der Museumsleiter und meint damit die Überführung des zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichteten Gebäudes nach Kommern. „Damit können wir sehr gut das Thema Elektrifizierung verdeutlichen.“ Zudem soll der Marktplatz auch eine Litfaßsäule und einen Zeitungskiosk erhalten.
Während der Transport der Trafostation noch aussteht, ist ein anderes „Häuschen“ schon auf dem Kahlenbusch angekommen: Die Sternwarte, die im November in Hilden abgebaut wurde, wird derzeit mitsamt eines alten Teleskops restauriert. „Auch das eröffnet uns neue Möglichkeiten“, freut sich Vorwig. Denn neben den bäuerlichen Lebenswelten wolle man künftig auch die ländliche bürgerliche Gesellschaft stärker im Museum thematisieren. „Das gab es ja auch auf dem Land: Textilproduzenten oder Hüttenbesitzer, die in quasi feudalen Schlössern oder Villen gelebt haben“, zählt Vorwig auf. Eine solche Villa gibt es bereits im Freilichtmuseum: Das Mannesmann-Haus in der Baugruppe Bergisches Land. „Die wollen wir künftig auch für die Besucher zugänglich machen, um diesen Themenbereich zu bespielen.“
In diesem Umfeld soll dann auch die ehemalige Schulsternwarte aus Hilden gezeigt werden. Zum Themenbereich Ökologie gehört ein neuer Landschaftsrundgang, der die Museumsbesucher ab Mai durch alle fünf Baugruppen leiten soll. Hier steht dann die Kulturlandschaft im Mittelpunkt.
„Das Freilichtmuseum war zunächst immer sehr stark auf die Architekturgeschichte des Rheinlands ausgerichtet“, erklärt Vorwig. „Aber die Hausgärten, Äcker und Streuobstwiesen sowie der angrenzende Wald hatten für die bäuerliche Gesellschaft eine elementare Bedeutung.“ Auf Info-Stelen entlang des Themenwegs werden diese Zusammenhänge erklärt.