Reise in die VergangenheitKommerner Freilichtmuseum vermittelt mehr Informationen
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Mechernich-Kommern – Im LVR-Freilichtmuseum Kommern wird die Vermittlungsstrategie für die Besucher der historischen Gebäude komplett überarbeitet. Premiere wurde jetzt mit der Neueröffnung des Heyerhofs und der Korbmacherwerkstatt gefeiert.
„Wir wissen aus Besucherbefragungen, dass die Menschen mehr wissen wollen“, sagt Museumsleiter Dr. Carsten Vorwig. Er und sein Team sind seit einiger Zeit bemüht, das offenbar bestehende Vermittlungsdefizit an den historischen Bauten zu beseitigen und das Konzept zu überarbeiten. Ob das neue Konzept funktioniert oder noch verändert werden muss, wird sich jetzt zuerst am Heyerhof aus Korschenbroich , der aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt, zeigen.
Kleine Tafeln reichen im Freilichtmuseum nicht mehr aus
Das Gebäude in der Baugruppe Niederrhein war bisher, wie alle anderen historischen Gebäude, mit einer eher kleinen Hinweistafel am Eingang zum Gelände kurz beschrieben. Das hat sich nun mit der Wiedereröffnung geändert: An einem Pfahl sind verschiedene Texte und Bilder zum Objekt an den Seiten angebracht, Grundlegendes wird auch in Englisch erklärt. Und im Gebäude selbst werden weitere Hinweistafeln die Geschichte des Gebäudes und seiner Inneneinrichtung erzählen.
In der Baugruppe Eifel waren am Sonntag eigentlich nur wenige weitere Erläuterungen nötig: Schäfer Erich Weckwerth legte am Schafschur- und Wollaktionstag den ganzen Tag über Hand ans Mergellandschaf. Zwei Fragen allerdings kamen immer wieder auf: Hat das Schaf Schmerzen bei der Schur? Weckwerths Antwort: „Nein.“ Friert es danach? „Nein, aber es kann sich einen Sonnenbrand holen und sollte daher im Schatten weiden.“ (sli)
Motorsport
Neue oder alte Didaktik – bei den Objekten der kleinen Sonderschau „100 Jahre Motorsport in der Eifel“ des MSC Burgring Nideggen Eifel Classic , die am Sonntag auf dem Marktplatz Rheinland gezeigt wurde, ist das für die Motorsportfans unnötig. Werner Asbach aus Bergisch Gladbach zum Beispiel weiß, was er da auf dem Fußboden des historischen Ford T sieht: eine Lachgaskartusche, die zur Steigerung der Motorleistung aus dem Druckbehälter in den Ansaugtrakt des Otto-Motors eingespritzt wurde. Ergebnis war eine Art früher Turboeffekt, der bis zu 50 Prozent mehr Leistung brachte, so Asbach. Er muss es wissen: In seiner Jugend hat er mit den Kumpels selbst aus Serienfahrzeugen Tourensportwagen geschraubt. (sli)
Im Fall des Heyerhofs ist vor allem Letzteres gut nachvollziehbar, da das gesamte Inventar von Adolf Sitter zwangsversteigert werden musste. Sitter war einst der Pächters des Hofes, der dem Grafen von Ostein gehörte. Als Sitter den Pachtzahlungen einfach nicht mehr nachkam, wurde der Pachtvertrag gekündigt. „Wir haben die Versteigerungsliste des Inventars. Das ist ein Glücksfall“, so Vorwig. Daraus ersichtlich ist beispielsweise, dass es im Heyerhof noch keine Schränke, sondern nur Truhen zur Aufbewahrung gab.
Kommerner Mitarbeiter erzählen zahlreiche Details
Jennie Zimmermann weiß auch diese Details, die sie auf Wunsch den Besuchern erzählen kann. Sie ist, auch das ist Teil des neuen Vermittlungskonzeptes im Museum, „personale Vermittlerin“. Ergänzend ist sie zu den Erläuterungen auf den Texttafeln und einem geplanten Audio-Guide per Smartphone unterwegs. Zudem zeigt sie eine besondere historische handwerkliche Tätigkeit: Sie stickt. Und dabei ist sie in niederrheinische Tracht gewandet – ein Bild, wie von Jan Vermeer gemalt.
Ein Gebäude weiter – in der laufenden Nummerierung der Gebäude im Museum ist es die Nummer 58 – ist Andrea Schultz-Wild die Fachfrau für alle Besucherfragen. Die Korbmachermeisterin arbeitet in ihrer ebenfalls neu gestalteten Werkstatt. Sie braucht rund drei Stunden für die Herstellung eines Brot- oder Holzkorbs aus Weidengeflecht. Das Material kauft sie teilweise zu, teilweise kann sie es auf dem Museumsgelände ernten.
Wenige Meter von ihrem Arbeitsplatz entfernt wird im Video die Technik des Korbmachens dargestellt: Schultz-Wild klopft zum Beispiel mit dem Abschlageisen eine Schicht im Geflecht fest, bevor sie die nächste darüber anlegen kann.
Neues Konzept kostet rund 25.000 Euro
Dazu gibt es auch hier Historisches zum Handwerk, Exponate wie Werkzeuge sind zu sehen. In einen Audio-Guide werden wichtige Fragen zum Thema, die immer wieder gestellt werden, beantwortet. Dazu gibt es natürlich Körbe jeder Größe, die man wiederum an der Museumskasse kaufen kann.
Rund 25.000 Euro haben die neuen Vermittlungskonzepte im Heyerhof und in der Korbmacherwerkstatt gekostet. Zum großen Teil werden sie aus Mitteln des Bundeslandwirtschaftsministeriums und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. „Wir werden jetzt testen, wie das neue System ankommt, und, wenn nötig, noch überarbeiten, und es dann nach und nach in allen historischen Gebäuden umsetzen“, so Museumssprecher Daniel Manner.