Mechernich-Kommern – Der Steinmetz übt einen der ältesten Handwerksberufe überhaupt aus: Ägyptische Pyramiden, griechische Tempel und römische Amphitheater – keines dieser monumentalen Bauwerke, die die Jahrtausende überdauert haben, wäre ohne die Arbeit von Steinmetzen und Steinbildhauern entstanden. Da war es also auch eigentlich längst überfällig, dass mit Ulrike Glaubitz eine Meisterin des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks ins Kommerner Freilichtmuseum einzieht.
Werkstatt wird noch gebaut
Wobei natürlich nicht die Handwerkerin das Museumsstück ist, sondern der Beruf: Neben Schmied, Stellmacher, Korbmacherin, Imker, Mausefallenkrämerin und den Hauswirtschafterinnen vermittelt Glaubitz seit dieser Saison die Techniken ihres alten Handwerks und erklärt den Museumsbesuchern, für was die Menschen früher ihre Arbeit benötigt haben. „Ziel ist es, das alte Handwerk begreifbar zu machen“, sagt die Steinmetzin, die im Museum ihre traditionelle Zunftkleidung trägt. Nur die Schutzbrille mit den bruchsicheren Kunststoffgläsern ist modern.
Ihre vorläufige Werkstatt hat die Handwerksmeisterin, die in Kerpen aufgewachsen ist und nun in Nideggen lebt, in der Baugruppe Bergisches Land gefunden: Im Haus aus Rhinschen-Schmidthausen hat Glaubitz ihr Geschirr, wie die Steinmetze ihr Werkzeug nennen, ausgepackt. „Es wird aber auch schon bald eine richtige Werkstatt für die Steinmetzin geben“, informiert Museumssprecher Daniel Manner. Diese wird ebenfalls „im bergischen Teil des Museums“, neben dem Haus aus Eulenbruch, entstehen.
Für Ulrike Glaubitz ist mit dem Job im Freilichtmuseum ein Traum in Erfüllung gegangen: „Ich habe nur zwei Stunden für das Schreiben der Bewerbung gebraucht, nachdem ich die Ausschreibung gesehen hatte“, erzählt die Handwerkerin. Glaubitz hat vor rund 20 Jahren mit der Arbeit als Steinmetzin begonnen. Nach der dreijährigen Ausbildung und ihrer Zeit als Gesellin entschloss sie sich zum Besuch der Meisterschule in Aschaffenburg. Seit acht Jahren ist sie mittlerweile selbstständig tätig.
Edle Steine beim Kinderferienprogramm
Die Vermittlung ihres Berufs an die nächste Handwerksgeneration macht ihr dabei besonderen Spaß: „Drei Auszubildende durfte ich bereits bis zu ihrer Gesellenprüfung begleiten“, berichtet die Meisterin.
Ob aus Clemens vielleicht auch mal ein echter Steinmetz wird? – Beim Kinder-Ferienprogramm im Freilichtmuseum macht der Schüler aus Erftstadt-Blessem zusammen mit Mutter Kirstin Witt bei der Steinmetzin Station. Für Clemens öffnet Glaubitz dann ihr Schatzkästlein: Verschiedene edle Steine befinden sich darin, zum Beispiel rosa Marmor aus Portugal. „Siehst du, wie der Stein glitzert, wenn man ihn ins Licht hält?“
Beim Ferienprogramm kommen Hammer und Meißel aber nicht zum Einsatz – zu gefährlich. Stattdessen entsteht aus dem Marmor-Bruchstück ein Anhänger mit einer geflochtenen Kette. Am Ende ebenfalls ein echtes Schmuckstück!
Reparaturarbten von Innschriften und Grabsteinen
Für Ulrike Glaubitz gibt es im Museum genug zu tun – zum Beispiel Reparaturarbeiten. Dabei arbeitet sie eng mit dem Restauratoren-Team des LVR-Museums zusammen. Fenstergewände, Relief- und Schmuckelemente, etwa Inschriften und Jahreszahlen, Tröge und vieles andere mehr: Die Einsatzmöglichkeiten im Museum sind vielfältig. Auch auf dem Friedhof hat die Handwerkerin schon vorbeigeschaut: „Vielleicht können da ja mal einige Grabinschriften restauriert werden, die kaum noch lesbar sind“, überlegt die Handwerkerin.
Museumstermin
Präzise Schläge: Die Steinmetzin fertigt ein Relief. Unter diesem Motto steht am Sonntag, 31. Juli, in der Zeit von 10 bis 17 Uhr ein Tag, bei dem die Arbeit der Handwerkerin im Mittelpunkt steht. Museumsbesucher können der Meisterin dann bei ihrer traditionellen Arbeit über die Schulter schauen. An welchen Tagen die Handwerkerin im Museum anwesend ist, wird tagesaktuell im Internet mitgeteilt. (thw)
Und obwohl es im Freilichtmuseum überwiegend Fachwerkbauten gibt, wurde n Steine auch in früheren Zeiten in der Region beim Hausbau verwendet – abhängig vom Standort des Hauses und vom Geldbeutel des Bauherren. Denn Natursteine und deren Bearbeitung waren und sind auch heute noch kostspielig. Je nach örtlicher Verfügbarkeit kamen dabei ganz unterschiedliche Steine zum Einsatz. Roter Sandstein in den Randbereichen der Eifel, Basalt in der Vulkaneifel oder Grauwacke im Bergischen Land. „Grauwacke ist ein echter Werkzeugfresser“, sagt Glaubitz – der Schmied daher der beste Freund des Steinmetzes. „Denn der verstand es, die benötigten Werkzeuge nachzuschleifen und nachzuhärten.“
Überhaupt: Der Beruf sei nichts für Feiglinge, sagt die Meisterin: „Man muss sich trauen, was wegzuschlagen, wenn es an die Arbeit geht.“ Auf die Gefahr hin, dass es vielleicht auch mal daneben geht. Das wichtigste Werkzeug für ihre Tätigkeit sei aber sowieso der Kopf. Also: Erst nachdenken, dann zuschlagen.