Tour auf dem RheinsteigWolfgang Niedecken zeigt seine Lieblings-Wanderstrecke
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In unserer neuen Serie „Prominent unterwegs” zeigen Prominente aus Köln und Region ihre Lieblings-Wanderwege – mit Wegkarte und Rundum-Service zum Nachwandern.
In der ersten Folge wandert Wolfgang Niedecken auf dem Rheinsteig vom Linzer Marktplatz bis zum Weinort Unkel.
Dabei erzählt der BAP-Frontmann viele Kindheitserinnerungen und Geschichten. Auch die von dem Weinberg entlang des Wegs, der früher den Niedeckens gehörte.
Ein leichter Wind weht hoch vom Tal. Tief unten fließt der Rhein. Wir stehen auf dem Erpeler-Ley-Plateau, einem dunklen, knapp 200 Meter hohen Klotz aus Basalt, vor Millionen Jahren hochgedrückt aus dem Inneren der Erde. Von hier aus sieht man weit über das Land. Uns zu Füßen liegt Remagen. An den Ufern die Brückentürme der „Brücke von Remagen“.
Am 17. März 1945 war die Ludendorff-Brücke, so der offizielle Name, eingestürzt – ein heiß umkämpftes Einfallstor in den Osten des Landes, durch das in den Tagen zuvor tausende US-Soldaten Richtung Ruhrgebiet marschiert waren. Auf den Brückenköpfen auf der linken Rheinseite wehen die amerikanische und die deutsche Flagge. Hier ist heute das „Friedensmuseum Brücke von Remagen“ untergebracht, das in mehreren Ausstellungsräumen die Schrecken des Zeiten Weltkriegs dokumentiert.
Ein Leben lang vom Rhein begleitet
Vor einigen Jahren, nach einem Konzert in der Nähe, habe er das Museum auf Einladung des Museumsdirektors besucht, sagt Wolfgang Niedecken. Der BAP-Chef lehnt lässig an der Absperrung des Plateaus und schaut hinab ins Tal. „Ich hatte in einem Interview gegen das Museum gestänkert, weil ich diese Kriegsverherrlichung generell nicht mag.“ Doch in diesem Fall sei er eines Besseren belehrt worden. „Hier wird nichts beschönigt, und man erfährt eine Menge über die Geschichte der Brücke.“
Das Wasser des Rheins glitzert im Sonnenlicht und reflektiert einen blitzblauen Frühlingshimmel. Der Rhein, sagt Niedecken, habe ihn sein Leben lang begleitet. Als Kind sei er darin geschwommen, „obwohl der Fluss damals die reinste Kloake war“. Später, nach dem verheerenden Sandoz-Unfall 1986, bei dem rund 30 Tonnen Pflanzenschutzmittel freigesetzt wurden, habe er gemeinsam mit seiner jungen Familie gegen die Verschmutzung des Stroms demonstriert. Und heute schaue er aus seinem Kölner Arbeitszimmer hinaus auf den Rhein – zumindest im Winter, wenn ihm das Laub der Bäume nicht die Sicht versperre.
So war es nur folgerichtig, dass Niedecken, dessen familiäre Wurzeln in Unkel wie in Köln liegen, sich für unsere gemeinsame Wanderung den Rheinsteig ausgesucht hat, jenen legendären Fernwanderweg, der – zwischen Bonn und Wiesbaden – rund 320 Kilometer an der rechten Rheinseite entlangführt. Natürlich werden wir nur einen kleinen Teil der Strecke wandern, und wir werden den Weg von Süden nach Norden gehen: von der Erpeler Ley nach Unkel, wo Niedeckens Vater Josef 1904 geboren wurde und wo an der Bergstraße in Unkel-Scheuren das Haus der Großeltern steht.
Von Linz über die Erpeler Ley nach Unkel
Die Strecke beträgt etwas mehr als fünf Kilometer, die – stellenweise steil bergab und bergan – durch Wiesen voller Löwenzahn und lichte Laubwälder führen. Er sei kein eingefleischter Wanderer, sagt Niedecken, während wir hinüberschlendern zur „Gaststätte Bergesruh“. „Eher ein Gassi-Geher.“ Nach dem Tod von Familienhund Fusel vor einem Jahr müsse er sich bisweilen zwingen, trotzdem rauszugehen an die frische Luft. Stattdessen setzt er sich lieber täglich eine Stunde aufs Trimmrad, um fit zu bleiben für das Leben auf der Bühne.
Die neun Kilometer lange Strecke von Linz zur Erpeler Ley und dann weiter nach Unkel, die wir als Erweiterung unserer heutigen Tour allen versierten Wanderern empfehlen, ist er dennoch schon einmal gegangen: vom beschaulichen, von Fachwerkhäusern umstandenen Linzer Marktplatz hinauf zur trutzigen, vor knapp 100 Jahren wieder aufgebauten Burg Ockenfels und durch den Wald nach Kasbach. Hier, gegenüber vom Bürgerhaus, steil den Berg hoch und weiter zur Erpeler Ley, wo wir jetzt Richtung Unkel starten. Vorher werfen wir noch einen Blick auf den Zeppelin-Gedenkstein auf der Erpeler Ley, der an die „erste Fahrt eines lenkbaren Luftschiffs über den Rhein“ am 2. August 1909 erinnert.
Wir folgen den blauen Schildern mit dem stilisierten weißen Fluss, die die Route des Rheinsteigs markieren. Ein breiter, unbefestigter Weg, auf dem man mit dem Auto bis zum Parkplatz auf der Ley fahren kann, führt hinein in den Wald. Nach rund 1000 Metern schlagen wir uns links in die Büsche und wandern auf einem schmalen Pfad leicht bergab. Auf den freigelegten Wurzeln uralter Bäume leuchtet giftgrünes Moos.„Der Rheinsteig verläuft in diesem Abschnitt über eine private Pferdekoppel“, warnt ein Schild ein paar hundert Meter weiter. Man möge die Tiere nicht füttern, bitten die Besitzer auf einem Hinweisschild. Doch die Pferde scheren sich ohnehin nicht um die drei eifrig schwatzenden Wanderer.
Pfadfinder sei er gewesen, erzählt Niedecken, während wir durch Erpel-Orsberg stapfen und dann talabwärts über die Straße Im Vogelsang. Damals, als er in Rheinbach aufs Internat ging und nur alle drei Wochen nach Hause fahren durfte. „Wir haben im Wald gecampt und am Lagerfeuer »Am Brunnen vor dem Tore« gesungen.“ Mit 14 habe er die Nase voll gehabt von der Pfadfinderei und lieber in einer Band gespielt.
Die Lust am Entdecken neuer Welten ist geblieben. „Als Kinder haben wir auf der Südbrücke gesessen und uns weggeträumt.“ Mit 20 dann die erste Fernreise mit Freunden in einem uralten VW-Bully in die Türkei, bis der Motor einen Kolbenfresser bekam. „Eine Woche haben wir auf einer Tankstelle campiert, ehe die Kiste wieder in Ordnung war.“
Nach dem Schlaganfall wurde Niedecken vorsichtig
Mehr als 40 Jahre steht Niedecken inzwischen auf der Bühne. Ende Juni wird die Tournee „Live & deutlich“ fortgesetzt mit einigen Open-Air-Konzerten. Am 27. Juni geht es los in Bad Rappenau. Das Abschlusskonzert ist am 16. August in Bonn auf dem „KunstRasen“. Ein Schlaganfall drohte dem anstrengenden Rockerleben vor acht Jahren ein Ende zu setzen. Allein die Geistesgegenwart von Ehefrau Tina, die unverzüglich den Notarzt rief, bewahrte den Musiker vor bleibenden Schäden.
„Man wird vorsichtiger nach so einer Erfahrung“, sagt Niedecken. Früher habe er davon geträumt, in einem Haus auf Kreta dem deutschen Winter zu entfliehen. Von dem Gedanken seien Tina und er abgerückt. „Wer weiß, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn wir auf Kreta gewesen wären ohne ein Krankenhaus in nächster Nähe.“
Der Weg wird schmal, es geht steil bergab. Vorsichtig setzen wir Fuß vor Fuß, bis wir an einem Wegkreuz aus dem Wald kommen. Danach halten wir uns rechts, und weiter geht es durch den Wald. Der Anstieg ist steil, eine Liegebank auf der Kuppe lädt zum Verweilen ein. Endlich stehen wir auf dem Aussichtspunkt Stux. Dort unten liegt Unkel. Niedecken deutet auf einen Kirchturm in der Ferne. Auf dem Friedhof daneben befinden sich die Gräber einiger Vorfahren. Sein Finger wandert weiter. Da irgendwo müsse das Haus der Großeltern sein. Wir werden es später besuchen. Auch Onkel Albert und Tante Lisbeth, bei denen er oft seine Ferien verbrachte, hatten im Ort ein Haus.
Niedeckens Familie kam im 16. Jahrhundert aus Nideggen in der Eifel nach Unkel am Rhein. Vater Josef, der Jüngste von sechs Geschwistern, wäre vermutlich wie seine Vorfahren Winzer geworden, wären die Weinstöcke der Familie nicht nach dem Ersten Weltkrieg der amerikanischen Reblaus zum Opfer gefallen. So ging er nach Köln, um „Hirringsbändijer“, Lebensmittelhändler zu werden. Glücklich sei der Vater in der Großstadt nicht geworden, sagt Niedecken. „Er hat sich immer zurück aufs Land gesehnt.“ Ein Jahr nur blieb Josef Niedecken in einem Dorf bei Unkel, in das er nach einem arbeitsreichen Leben zog. Dann starb er, und Ehefrau Hubertine zog zurück nach Köln.
Wir sitzen inzwischen „Beim Kleen“ am Rhein, einem Kiosk mit Selbstbedienung, der Kaffee und fabelhaften Käsekuchen im Angebot hat. Hinter uns liegen ein steiler Abstieg ins Tal und ein Rundgang durch Unkels beschauliche Altstadt.
„Rheinkilometer 637“, sagt Niedecken und deutet auf eine entsprechende Markierung auf der anderen Rheinseite. „Wir sind genau 50 Kilometer von der Kölner Südstadt entfernt.“
Der Wanderweg
1 Start am Linzer Marktplatz
Start für die 9 Kilometer lange Strecke von Linz nach Unkel ist der Linzer Marktplatz. Über die Mittelstraße zum Buttermarkt. Dann über die Brüderstraße sowie die Straße Grabentor zur Evangelischen Kirche. Hier treffen wir auf die Asbacher Straße und folgen ihr links. Sie geht über in die Im Bondorf Straße, der wir bis zur Straße Im Lohhol folgen. Links abbiegen, dem Straßenverlauf folgen bis zur Straße Am Mannenberg. Dort nach links schwenken, an Haus Nr. 3 nach rechts und auf einem asphaltierten, später auf einem Grasweg, steil aufwärts. Über die Tal- zur Burgstraße bis zur Burg Ockenfels.
2 Bergauf bis zum Erpeler-Ley-Plateau
Vor dem Burgtor nach rechts über eine Wiese und den Schildern des Rheinsteigs folgen, bis wir auf die Straße Auf dem Eschert stoßen. Wir biegen links auf sie ein, bis wir in den Wald gelangen und, immer den Schildern folgend, abwärts in das Ockenfelser Bachtal wandern. Nach Überqueren eines Viadukts erreichen wir Kasbach. Der Rheinsteig führt nun über den Hödenbuschweg zur Kasbachstraße, der wir rechts folgen bis zum Bürgerhaus. Links geht es zunächst auf zahlreichen Stufen hinein in den Wald und weiter bergauf bis zum Erpeler-Ley-Plateau, wo wir Rast machen und die Aussicht ins Rheintal bewundern können.
3 Über die Pferdekoppel zum Aussichtspunkt
Wir wandern einen Kilometer auf einem breiten Schotterweg Richtung Erpel-Orsberg und biegen links in einen schmalen Pfad ein. Der kurze Weg führt durch den Wald und über einen Pferdekoppel bis zum Dorfplatz von Orsberg. Hier wenden wir uns nach links, schwenken bei der Kapelle St. Joseph nach rechts und gehen die Kapellenstraße abwärts. Über Wiesenflächen geht es nur steil abwärts zu den ersten Häusern von Unkel. Hier folgen wir dem markierten Weg nach rechts aufwärts auf den Stux, dem früheren Richtplatz von Unkel. Guter Blick auf den Ort.
4 Zwei mögliche Endstationen
Der Weg führt wieder abwärts. An der letzten Weggabelung wenden wir uns nach links und gelangen nach der Überquerung der B 42 (Fußgängerbrücke) über die Bruchhausener und die Linzer Straße in das Zentrum von Unkel. Wer zum Bahnhof möchte, schwenkt nach der Unterführung bei der Bahnhofstraße nach rechts. Wer noch das Haus vom Wolfgang Niedeckens Großeltern in der Bergstraße 2 sehen will: Von der Bruchhauserer Straße rechts auf den Heisterer Weg abbiegen. An der Bahnhofstraße rechts, dann links auf die Rabenhorststraße. Weiter auf der Scheurener Straße. Rechts auf die Bergstraße einbiegen.
Informationen
Start Parkplatz auf der Erpeler Ley. Wer die Wanderung in Linz beginnt, parkt am besten am Ortsrand und startet ab dem Marktplatz.
Länge/Dauer Das Teilstück Erpeler Ley – Unkel ist ein Abschnitt der 3. Rheinsteig-Etappe (Bad Honnef – Linz): 5,4 km, ca. 1 Std. Von Linz nach Unkel sind es 9 km, versierte Wanderer schaffen die Strecke in 2,5 Std.
Anfahrt: Mit dem Pkw aus Fahrtrichtung Köln A59 Richtung Bonn, am AK Kreuz Bonn-Ost weiter auf B42 über Unkel-Heister bis Erpel, dann K 22 bis Erpeler Ley-Plateau . Wer bis Linz am Rhein fährt, bleibt noch weitere 5 km auf der B 42.
Profil Waldwege, teilweise asphaltierte Straße. Festes Schuhwerk empfohlen. Einige Streckenabschnitte, vor allem zwischen Linz und Erpeler Ley, führen steil bergauf und bergab. www.rheinsteig.de
Einkehr Auf dem Erpler Ley-Plateau Gaststätte „Bergesruh“,Tel. 02644/3324. Besonderheit: Brombeer-, Schlehen- und Heidelbeerwein. www.erpelerley-bergesruh.de
Rückkehr Vom Bahnhof Unkel mit der Regionalbahn nach Erpel oder Linz. Der Fußweg zur Erpeler Ley über die Trimborn oder die Erpeler Ley Straße beträgt 1 km. Man benötigt etwa 20 Minuten.