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Das Aus der AmpelDer letzte Akt in einem jämmerlichen Schauspiel

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Es ist aus: Bundeskanzler Olaf Scholz (r/SPD) und Christian Lindner (FDP), ehemaliger Bundesminister der Finanzen, nebeneinander im Schloss Bellevue.

Es ist aus: Bundeskanzler Olaf Scholz (r/SPD) und Christian Lindner (FDP), ehemaliger Bundesminister der Finanzen, nebeneinander im Schloss Bellevue.

Das donnernde Aus der Ampel-Koalition am Mittwochabend war der Höhepunkt eines auf Berliner Parkett beispiellosen Koalitions-Zerwürfnisses.

Verkehrte Welt: Während sich Donald Trump außergewöhnlich milde gestimmt in seinem Wahlsieg sonnte, ballten sich über Berlin dunkle Wolken zusammen. Um 21.15 Uhr am Mittwochabend krachte es gewaltig. Der sonst eher verhaltene Olaf Scholz faltete in aller Öffentlichkeit seinen Finanzminister zusammen. Das donnernde Aus der Ampel-Koalition am Mittwochabend war der Höhepunkt eines auf Berliner Parkett beispiellosen Koalitions-Zerwürfnisses. Beispiellos schroff, hintertrieben und respektlos.

Wobei kaum zu sagen ist, wer dabei die übelsten Tricks spielte. Lindner mit seinem Wirtschaftskonzept, auch „Scheidungspapier“ genannt, das durchaus provokante Vorschläge wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags enthielt? Oder Scholz, der bei dem Finanzminister ultimativ die das Aussetzen der Schuldenbremse durchdrücken wollte? Oder doch wieder Lindner, der Neuwahlen ins Spiel brachte? Hatten es die Liberalen darauf angelegt, den Kanzler zur Weißglut zu treiben? Oder hat Scholz ganz bewusst die Sollbruchstelle Finanzen malträtiert? Sicher ist nur: Die Rolle der reinen Unschuld gibt es in diesem Polit-Western nicht.

Dass Olaf Scholz einmal so richtig auf den Tisch gehauen hat, war der letzte Akt in diesem jämmerlichen Schauspiel. Und das war in der Sache richtig – ob von langer Hand inszeniert, wie die FDP mutmaßt, oder nicht. Mit einer Fortsetzung des Ampel-Chaos wäre die Regierung blockiert gewesen, und das in einer international hochbrisanten Krisen-Lage und gewaltigen Herausforderungen für Europa nach der US-Wahl.

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Der Bruch ist das kleinere Übel, auch wenn sich ungelöste Fragen jetzt erst einmal bis unter das Dach des Kanzleramtes türmen. Nach dem Ausstieg der FDP braucht das rot-grüne Restbündnis für Entscheidungen im Bundestag die Union. Für Friedrich Merz war deshalb gestern ein Feiertag. Er kann den Kanzler zwar nicht dazu zwingen, die Vertrauensfrage jetzt zeitnah zu stellen, aber er hat gewisse Druckmittel.

Wenn Scholz wie angekündigt seine wichtigsten Gesetzesvorhaben bis Weihnachten durch das Parlament bringen will, muss er sie für die Union bekömmlich machen. Die Aktienrente oder die Umsetzung des europäischen Asylsystems lösen bei CDU/CSU wahrscheinlich keine großen Widerstände aus. Aber so ein schönes Wählergeschenk der SPD wie ein gesetzlich verankertes stabiles Rentenniveau wird Friedrich Merz jetzt nicht einfach mit einer Schleife versehen.

Die Union wird zu Recht Forderungen an die Regierung stellen, wenn sie der fragilen Regierung unter die Arme greifen geben soll. Das dürfte spannend werden bei der Schuldenbremse. Und das schwer verdauliche Thema Haushalt hat Olaf Scholz gar nicht erst auf seine Agenda gesetzt. Es kann also nur mit einer vorläufigen Haushaltsführung weitergehen, die enge Grenzen hat.

So ein wackliges Regierungs-Provisorium ist besser heute als morgen beendet. Selbst wenn die Vertrauensfrage zeitnah gestellt werden würde, wie von Merz gefordert, wären Neuwahlen wegen Weihnachten und Jahreswechsel erst Anfang Februar realistisch. Bei dem von Scholz favorisierten Zeitplan liefe es auf Mitte März hinaus. Natürlich wäre ihm das lieber, um noch etwas ausführlicher mit dem Kanzler-Bonus den Wahlkampf zu gestalten. Aber besser wäre es nicht. Das Signal für einen Neustart muss jetzt kommen.