Die „Trump Taskforce“ der EU-Kommission bereitet sich mit einem Zweiphasenplan auf mögliche drohende US-Zölle vor.
Sorgenfalten in BrüsselIst die EU tatsächlich „für alles gewappnet“?
Als am Morgen des 9. November 2016 klar wurde, dass Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten ins Weiße Haus einziehen würde, herrschten in Brüssel Schock, Unglaube, Sprachlosigkeit. Das Ergebnis traf die EU völlig unvorbereitet. Am Morgen des 6. November 2024 hieß der Gewinner der Wahl abermals Donald Trump. Und auch wenn in Brüssel Ernüchterung zu spüren war, soll dieses Mal alles anders und vor allem besser werden – dank monatelanger Vorbereitung und einer sogenannten „Trump Taskforce“.
So tauften Diplomaten die interne Koordinationsgruppe der EU-Kommission, die sich seit Monaten vorneweg mit dem Lieblingswort des Republikaners auseinandersetzt. „Zölle“, tönte Trump bei einer Veranstaltung, sei für ihn „das schönste Wort im Wörterbuch“. Das kann man von den Europäern nicht behaupten, vielmehr hängt die Gefahr eines Handelskonflikts wie ein Damoklesschwert über der Gemeinschaft.
Von der Leyens Glückwünsche fallen eher zurückhaltend aus
Dementsprechend zurückhaltend fielen die Glückwünsche von vielen Seiten aus, meist gepaart mit hoffnungsvollen Appellen. Die EU und die USA seien „mehr als nur Verbündete“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf X. „Uns verbindet eine wahre Partnerschaft“, die 800 Millionen Bürger vereine. „Lassen Sie uns also gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda arbeiten“, so die Deutsche.
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„Es stehen uns unberechenbare und unruhige Zeiten bevor“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments Bernd Lange angesichts der Aussicht, dass die Amerikaner bald auf alle Einfuhren aus dem Ausland einen Basiszoll von zehn Prozent schlagen könnten – oder mehr. „Wenn Trump seine angekündigten Zollfantasien in die Tat umsetzt, dann werden wir ihn in die Realität zurückholen und uns wehren“, versprach der SPD-Europaabgeordnete.
Doch allzu viele Hebel stehen den Europäern nicht zur Verfügung. Etliche Europaabgeordnete verschiedener Couleur riefen am Mittwoch zwar dazu auf, „für alles gewappnet“ zu sein und „eigene, europäische Lösungen in petto“ zu haben“, formulierte es die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Sabine Verheyen (CDU). Man müsse „unabhängiger und handlungsstärker“ werden. Doch wie? „Was nicht mehr gehen wird, ist, dass wir wie ein Kaninchen auf die Schlange starren und gar nichts tun“, sagte der grüne EU-Parlamentarier Sergey Lagodinsky. Tatsächlich ist die EU jedoch größtenteils machtlos.
Um Trumps Einschüchterungsversuchen zumindest etwas entgegenzusetzen zu haben, feilen hochrangige EU-Vertreter aus von der Leyens Behörde an einem zweistufigen Plan, der vom Prinzip Zuckerbrot und Peitsche geleitet sein soll. Einerseits will die Gemeinschaft den selbsternannten „Dealmaker“ Trump mit Angeboten der Zusammenarbeit besänftigen. Man könnte ihm etwa in Energiefragen entgegenkommen, war zu vernehmen, Stichwort Flüssiggas.
EU will Stärke gegen Trump demonstrieren
Doch falls diese Strategie ins Leere führt, sei man gewillt, Europas Interessen zu verteidigen, wie der designierte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic erst vor einigen Tagen vor dem EU-Parlament betont hatte. Soll heißen: Mit der Drohung, Zusatzzölle zu verhängen, will die Union Stärke demonstrieren gegenüber Trump, der in seiner ersten Amtszeit mit voller Härte die Interessen der USA in den Mittelpunkt stellte.
Der Instrumentenkasten sei gefüllt, heißt es nun in Brüssel. Wie schon damals, als die EU von Gegenzöllen auf Harley-Davidson-Motorräder sprach und damit Produkte aus „Trump-Staaten“ anvisierte, wird nun abermals mit der Idee geliebäugelt, gezielt Produkte mit Sonderabgaben zu versehen, die vorneweg jene Bundesstaaten träfen, in denen Trump besonders viele Befürworter hat.
Schweißt der Republikaner am Ende die EU vielleicht sogar zusammen?
Einige Brüsseler Beamte hoffen auf „einen positiven Schockmoment“, durch den die zerstrittene Union gezwungen ist, ihre Spaltungen zu überwinden, ihre Verteidigung und Sicherheit sowie ihre Schlüsselindustrien wie den Technologiesektor massiv zu stärken und einen härteren Kurs gegenüber China zu fahren. „Die EU hat keine andere Wahl, als mehr Verantwortung zu übernehmen“, sagte ein Diplomat. Dazu gehört, dass die Mitgliedstaaten deutlich mehr Geld für ihre Armeen und die Ausrüstung ausgeben müssten.
„Schöner, großer, herrlicher Ozean“ zwischen den USA und EuropaDoch das dürfte ohnehin der Fall sein. Bei der Nato ließ Trump kaum eine Möglichkeit aus, die Verbündeten als Schmarotzer in Sachen Militär zu beschimpfen. Mitunter säte er gar Zweifel daran, ob die USA unter seiner Führung uneingeschränkt zur Beistandsverpflichtung stehen würden. Man dürfe nicht vergessen, so sagte der Republikaner vor Kurzem, dass die Allianz wichtiger für Europa sei als für die USA. Es liege „ein schöner, großer, herrlicher Ozean“ zwischen den Vereinigten Staaten und „einigen Problemen“ in Europa.
Umso mehr hoffen die Partner auf den „Trump-Flüsterer“ Mark Rutte. Der Niederländer übernahm gerade erst den Posten des Nato-Generalsekretärs und genießt den Ruf, gut mit Trump zu können. Zudem machten die westlichen Industriestaaten die Unterstützung für die kriegsgebeutelte Ukraine „Trump-sicher“. Ohnehin hat das Bündnis deutlich mehr in der Hand, um den künftigen US-Präsidenten im Zaum zu halten. So betonen Experten unaufhörlich, dass das Engagement in der Nato auch im US-amerikanischen Interesse liege.