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„Der Kölner Dom steht immer noch“Streit um Kreuz an der Wand nimmt bizarre Züge an – Laschet belehrt Aiwanger

Lesezeit 3 Minuten
Armin Laschet, ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, mahnt die Grünen in einer Debatte um ein Kreuz im Unions-Fraktionssaal zu mehr Toleranz.

Armin Laschet, ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, mahnt die Grünen in einer Debatte um ein Kreuz im Unions-Fraktionssaal zu mehr Toleranz. (Archivbild)

Eine Ausschusssitzung soll im Fraktionssaal der Union stattfinden. Dort aber hängt ein Kreuz an der Wand. Die Grünen beschweren sich, es hagelt Kritik.

Ein Raumwechsel im Bundestag sorgt aktuell für Diskussionen zwischen gleich mehreren Parteien. Grünen-Politiker Maik Außendorf stört sich daran, dass eine Sitzung in den CDU-Saal verlegt wird, weil dort ein Kreuz an der Wand hängt. Armin Laschet kritisiert daraufhin die Grünen. Und Hubert Aiwanger wiederum prangert daraufhin die seiner Meinung nach von den Grünen manipulierte CDU an.

Maik Außendorf (Bündnis 90/Die Grünen) möchte verhindern, dass eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages im Fraktionssaal der Union stattfindet.

Maik Außendorf (Bündnis 90/Die Grünen) möchte verhindern, dass eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages im Fraktionssaal der Union stattfindet.

Den Anfang nahm diese bizarre Entwicklung mit einer völlig unspektakulären Meldung. Eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages ist für den 6. November wegen Renovierungsarbeiten ausnahmsweise im Fraktionssaal der Union anberaumt worden. Diese vermeintlich unbedeutende erhielt durch ein Schreiben des Grünenpolitikers Maik Außendorf an die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas jedoch eine gewisse Brisanz. Außendorf klagte in dem Schreiben darüber, dass in dem anberaumten Sitzungssaal ein Kreuz – ein Bekenntnis zum Christentum – an der Wand hänge. Er bat darum, dass der Wirtschaftsausschuss des Bundestages in einen „religiös neutralen Sitzungssaal“ verlegt wird.

Grünen-Politiker Außendorf stört sich an Kreuz im Sitzungssaal

„Das sichtbare Kreuz als Symbol einer bestimmten Religionsgemeinschaft widerspricht dem Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche“, argumentiert Außendorf in dem Schreiben. Bas solle daher dafür Sorge tragen, „dass die kommende Ausschusssitzung in einem weltanschaulich und religiös neutralen Sitzungssaal stattfinden kann“.

Dass ein Kreuz an der Wand des Fraktionssaals der CDU und CSU in Berlin hängt, hat Tradition. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 2017, aufgenommen vor einer Fraktionssitzung. (Archivbild)

Dass ein Kreuz an der Wand des Fraktionssaals der CDU und CSU in Berlin hängt, hat Tradition. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 2017, aufgenommen vor einer Fraktionssitzung. (Archivbild)

Schon eine öffentliche Sitzung des Digitalausschusses habe in diesem Saal stattgefunden, bemängelte Außendorf demnach. „Erst vor Ort wurde mir, anderen Parlamentarier*innen und auch der geladenen Öffentlichkeit damals gewahr, dass dieser Raum nicht den Grundsätzen parlamentsneutraler Arbeit entspricht“, so der Politiker, der gebürtig aus Münster-Hiltrup stammt. Das Schreiben des Grünen-Politikers lässt Vertreter der Union fassungslos zurück.

CDU zeigt sich nach Brief von Grünen-Politiker empört

Der Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) erklärte gegenüber der „Rheinischen Post“: „Die Forderung des Kollegen Außendorf zeigt einmal mehr, wie es um die viel beschworene Toleranz bei einigen Grünen bestellt ist.“ Die Union stelle dem Wirtschaftsausschuss „kollegial“ den Sitzungssaal zur Verfügung und werde nun umgehend mit einer geradezu provozierenden Forderung konfrontiert. Das Kreuz sei nicht verhandelbar.

Ähnlich sieht das der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Der 63-Jährige reagierte am Dienstag, veröffentlichte den Brief des Grünen-Abgeordneten und äußerte dazu kritische Worte.

Armin Laschet fordert mehr Toleranz von Grünen

„Nur mal so: Sollte es bei den Grünen noch irgendjemanden geben, der auch nur theoretisch eine Zusammenarbeit mit der Union nicht völlig ausschließt, dann müsste er sich langsam daran gewöhnen, auch ein Kreuz in einem Raum tolerieren zu können“, so Laschet auf X. In der aktuell „gespaltenen Gesellschaft“ gäbe es „vielleicht andere Positionen, die man bekämpfen sollte, als ausgerechnet die Werte des Christentums“, so Laschet weiter.

Die mahnenden Worte des CDU-Politikers kommentierte Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Der Koalitionspartner von Markus Söder (CSU) in Bayern nutzte die Kommentarfunktion unter Laschets Post allerdings nicht dafür, Laschet beizustimmen, sondern kritisierte Union und Grüne. Solange die Union eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht kategorisch ausschließe, müssten sich CDU/CSU „langsam daran gewöhnen, auch zu tolerieren, dass ihr von den Grünen genauso am Nasenring durch die Manege gezogen werdet wie derzeit Rot und Gelb“, so Aiwanger.

Hubert Aiwanger äußert sich in Debatte – Laschet reagiert mit „Kölner Dom“-Spruch

Laschet konnte sich daraufhin eine Spitze gegen den CSU-Koalitionspartner nicht verkneifen. „Sie können sich entspannen, Herr Aiwanger“, so Laschet. „Im schwarz-grün regierten Nordrhein-Westfalen ist die CDU stabil, der Aachener und der Kölner Dom stehen immer noch und Grüne betreten sogar Räume mit Kreuzen, sogar in der Staatskanzlei.“ Zustimmung erhielt er umgehend vom Landesvorsitzenden der Grünen in NRW, Tim Achtermeyer. „Das kann ich bestätigen“, so dessen Antwort.

Wie es nach dem Brief von Maik Außendorf in der Sache an sich weitergeht, ist indes unklar. Eine Sprecherin des Bundestages betonte, Bas werde sich zu ihrer Korrespondenz nicht äußern.