Noch immer sind viele Schicksale von Soldaten, die an der Ardennenoffensive teilgenommen haben, ungeklärt.
Frank Güth berichtet in Hellenthal darüber, wie versucht wird, verschwundene Soldaten zu identifizieren.
Ein Einblick in die amerikanischen X-Files aus dem Zweiten Weltkrieg.
Hellenthal – Es sollte ein Aufbäumen der deutschen Armee sein und die Wende im Zweiten Weltkrieg bringen: Die Ardennenoffensive, die am 16. Dezember, 5.30 Uhr, am Hollerather Knie begann. Noch immer ist so manches Schicksal von Soldaten, die damals an den Kämpfen beteiligt waren, ungeklärt. Frank Güth ist seit vielen Jahren auf den Spuren der Piloten, die damals abgeschossen wurden und die bis heute noch als vermisst gelten.
Am Samstagabend informierte er im Rahmen der Ausstellung „Frieden – wir arbeiten daran“ in der Grenzlandhalle in Hellenthal in einem spannenden Vortrag über die „Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel“, die sich der Erforschung dieses Teils der Kriegsgeschichte verschrieben hat. Rund 80 Zuhörer verfolgten seine Ausführungen.
Über 330 Absturzstellen im Kreis Euskirchen dokumentiert
331 Absturzstellen seien im Kreis Euskirchen dokumentiert, berichtete er, rund ein Drittel sei unbekannt. Mindestens 30 Personen würden noch als vermisst gelten. Vor allem amerikanische Flieger seien über der Eifel abgeschossen worden, aber auch britische und deutsche. Die Statistik komplettiere ein französisches Flugzeug, das gleichzeitig der erste feindliche Flieger war, der im Kreis abstürzte. „Das war im Jahr 1939 ein französisches Aufklärungsflugzeug, das während des sogenannten Sitzkrieges vor dem deutschen Angriff unterwegs war“, so Güth.
Es sei nicht so, dass die Körper der vermissten Soldaten unentdeckt seien. „Oft sind sie einfach beerdigt worden“, erläuterte er. Deshalb sei die Informationsbeschaffung einer der wichtigsten Teile der Vereinsarbeit. Von 400 ungeklärten Schicksalen, von den Amerikanern „X-Files“ genannt, hätten in der letzten Zeit 150 mit Hilfe von DNA-Tests geklärt werden können.
Die Amerikaner seien im Krieg zwei verschiedene Arten von Einsätzen geflogen. Neben den strategischen Angriffen, die in der Regel mit viermotorigen Flugzeugen geflogen worden seien und dem Hinterland gegolten hätten, habe es die taktischen Angriffe im vorderen Bereich der Front gegeben, so Güth. In den ersten Tagen der Ardennenoffensive ab 16. Dezember 1944 habe es wenig Flugbewegungen gegeben, da das Wetter diese nicht zugelassen habe. Erst am 23. Dezember 1944 habe es aufgeklart und die US-Air Force habe ihre Luftüberlegenheit ausspielen können.
„Rund 16 000 Einsätze sind die Amerikaner mit 6500 Maschinen auf die Front und die Etappe geflogen. Dagegen standen rund 1200 Maschinen der Deutschen“, erklärte Güth. Über die Weihnachtstage habe es viele Angriffe mit hohen Verlustzahlen gegeben. Diese seien allerdings schwer nachzuvollziehen, da die Piloten teilweise auch aus den abstürzenden Maschinen ausgestiegen seien.
Überlebensrate deutscher Piloten sinkt
„Statistisch gesehen sank die durchschnittliche Überlebensrate der deutschen Piloten von rund zwölf bis 15 Einsätzen zu Beginn des Krieges auf fünf bis sieben Einsätze am Kriegsende“, erläuterte er. Das habe vor allem mit den reduzierten Ausbildungszeiten der Piloten zu tun. Gerade die unerfahrenen Fluganfänger seien ein dankbares Ziel für amerikanische Jagdflieger gewesen. Augenzeugenberichte und die Arbeit in den Archiven seien die wichtigsten Informationsquellen, so Güth. Deshalb sei es auch wichtiger, die letzten Zeitzeugen zu interviewen, als die Wracks zu bergen. „Wenn die seit 70 Jahren im Boden liegen, liegen die auch noch weitere 70 dort. Doch Zeitzeugen gibt es immer weniger“, erzählte er. Dann beschrieb er anhand mehrerer Fälle, wie die Suche in der Praxis stattfindet. Er zeigte zudem mehrere Luftfotos, die abgestürzte Flieger abbildeten. Ein Pilot, der auf einem Feld bei Nettersheim notgelandet sei, sei vierzehn Tage hinter der Front unterwegs gewesen, während er versucht habe, den Weg nach Losheim zu finden, erzählte Güth. In Blumenthal sei er schließlich gefangen genommen worden.
Schon in der Jugendzeit habe er sich für Geschichte interessiert, so Güth. Zur Suche nach vermissten Piloten sei er kurz nach der Jahrtausendwende über Axel Paul gekommen. Paul war Revierförster im Revier Ländchen, der sich mehr als 20 Jahre diesen Recherchen widmete. Mit 15 Mitstreitern wurde 2004 der Verein gegründet. „Wir wollten uns von Militaria-Sammlern abgrenzen“, betonte Güth. Und so gehen die gefundenen Gegenstände alle an das Amt für Bodendenkmalpflege des LVR, mit dem die Arbeitsgemeinschaft seit 2005 eine Kooperation hat. „Wir sondieren im Auftrag der Denkmalpflege“, sagte Güth.
Sein Hobby nehme viel Zeit in Anspruch. Forscherdrang und Freude am Entdecken seien für ihn Antrieb, erzählte er. Und die Arbeit geht nicht aus: „Wir haben in diesem Jahr wieder von zwei neuen Stellen erfahren, die bisher unbekannt waren.“