Düsseldorf – Die Verbraucherzentrale NRW hat drei Grundversorger wegen einer Aufspaltung der Energietarife für Neu- und Bestandskunden abgemahnt. Die Verbraucherschützer forderten die Unternehmen Rheinenergie in Köln, Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser auf, die Neukundentarife zurückzunehmen. Ansonsten behält sich die Verbraucherzentrale eine Klage vor. Wegen der zuletzt stark gestiegenen Strom- und Gaspreise nahmen zahlreiche Anbieter von ihren neuen Kunden mehr Geld als von den alten.
Neue Tarife für Neukunden sind weitaus teurer
Viele Grundversorger, also die Energieanbieter mit den meisten Kunden in einer Region, haben zuletzt neue Tarife für Neukunden eingeführt. Hintergrund war die Liefereinstellung durch Energiediscounter, wodurch viele Kunden in die sogenannte Ersatzversorgung durch den örtlichen Grundversorger fielen. Diese sind verpflichtet, Kunden bei Wegfall des bisherigen Lieferanten zunächst weiter mit Strom und Gas zu versorgen, müssen die Energie aber nach Verbandsangaben zu aktuell extrem hohen Preisen zukaufen.
Ein Großteil der Grundversorger verlange von neuen Kunden Preise, die um ein Vielfaches höher lägen als die des Kundenstamms, bemängelte die Verbraucherzentrale. Dies sei eine Ungleichbehandlung, die gegen Vorschriften des Energierechts verstoße. Parallel zu den Abmahnungen riefen die Verbraucherschützer die beim NRW-Wirtschaftsministerium angesiedelte Energiekartellbehörde NRW zum Handeln auf. Die Benachteiligung von Verbrauchern, die ohne Verschulden in die Grundversorgung zurückfielen, sei rechtswidrig und widerspreche dem Schutzzweck der Grundversorgung. Man werde mit allen juristischen Mitteln gegen diese Benachteiligung vorgehen, „die nur auf Grundlage eines willkürlich festgelegten Stichtags erfolgt“. Die Verbraucherzentrale NRW berichtete von einer Stichprobe, bei der die Tarife von 23 Anbietern in NRW unter die Lupe genommen wurden. Davon hätten 18 Unternehmen einen Neukundentarif für die Stromgrundversorgung mit teils drastischen Preisen eingeführt. Die Kunden von Anbietern, die auf eine Tarifspaltung verzichteten, zahlten dagegen durchschnittlich nur 34 Cent pro Kilowattstunde (Kwh).
Energieanbieter nehmen Vorgehen „fehl am Platz“
Rheinenergie und Wuppertaler Stadtwerke wiesen die Vorwürfe zurück. „Wir sehen uns in unserem Vorgehen ebenso ausdrücklich von der Landeskartellbehörde NRW gedeckt, die im November klargestellt hat, dass nichts gegen eine Aufteilung der Grundversorgungspreise spräche, wie wir sie vorgenommen haben“ schrieb der Kölner Konzern in einer Mitteilung. „Wir halten das Vorgehen der Verbraucherzentrale uns gegenüber für absolut fehl am Platz.“
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Rheinenergie kritisierte , dass der Konzern als Grundversorger Fangnetze für Kunden aufspanne, die „durch das rücksichtslose Marktgebaren anderer Marktteilnehmer auf die Ersatzversorgung angewiesen sind. Stromio und Co. sind nicht insolvent, sondern haben einfach ihre betriebswirtschaftlichen Risiken bei uns, den Grundversorgern, abgeladen und Kunden einfach herausgeworfen“, so Rheinenergie. Die Verbraucherzentrale verlange nun, dass „wir alle unsere Kunden dafür bezahlen lassen, dass sich diese Stromvertriebler kundenfeindlich verhalten haben“. Rheinenergie hatte am Mittwoch angekündigt, die zwischenzeitig von Neukunden in der Grundversorgung verlangten 72,8 Cent pro Kwh ab dem heutigen Freitag wieder auf 54,09 Cent abzusenken. Für Neukunden zum Beispiel im Wahltarif Fair Ökostrom 12 verlangt der Konzern nun 47,84 Cent, bei 24 Monaten Vertrag 41,86 Cent. Altkunden zahlen deutlich weniger. (dpa/sas)
Kartellamt kritisiert Preise
In der Debatte um die Einführung von deutlich höheren Tarifen für neue Strom- und Gaskunden durch viele Grundversorger hat Kartellamtspräsident Andreas Mundt von „missbräuchlich überhöhten Mondpreisen“ gesprochen. Er sehe die Praxis der Tarifspreizung kritisch, „auch wenn ein gewisser Preisunterschied angesichts der derzeitigen Verwerfungen am Markt und der sehr hohen Beschaffungskosten gerechtfertigt sein könnte“, sagte Mundt. Es gehe vor allem um das richtige Maß. (EB)