Aachen/Eschweiler – Kohle, Öl und Erdgas sind noch immer die Primärenergieträger unserer Wärme. Nur 15 Prozent der Haushalte in Deutschland heizten 2020 mit regenerativer Energie, beispielsweise mit Erdwärmepumpen. Dabei hat gerade die Wärme aus der Tiefe großes Potenzial für die Energiewende. Im Gegensatz zu Sonne und Wind, ist sie das ganze Jahr über verfügbar. Hier setzt eine Kooperation von RWE und der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. an. Am Standort des Braunkohlenkraftwerks Weisweiler wollen die beiden Partner Tiefengeothermie als regenerative Energiequelle gemeinsam weiterentwickeln. Am Donnerstag schlossen RWE Power-Vorstandsmitglied Dr. Lars Kulik und Fraunhofer-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Alexander Kurz die Vereinbarung und erläuterten die Ziele.
Auf dem Kraftwerksgelände Weisweiler errichtet Fraunhofer ein Reallabor für Georessourcen und dazugehöriger Anlagentechnik. Die Wertschöpfungskette der tiefen Geothermie soll dort technisch wie wirtschaftlich weiterentwickelt werden – unter anderem mit einer Erkundungsbohrung, mit einer Messstation und einem Technikum für geothermische Konversions- und Speichertechnologien. Der Standort wird Teil der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) mit sechs weiteren Standorten in NRW, Sachsen, Thüringen und Baden Württemberg.
Das Rheinische Revier ist eine Vorzugsregion für Tiefengeothermie
Mit dem Braunkohlenkraftwerk Weisweiler, das noch bis 2029 Fernwärme aus Kohle unter anderem für den Aachener Raum bereitstellt, ist der Anwendungspartner unmittelbar vor Ort. Die Projektidee wurde im Rahmen des SofortprogrammPlus der Zukunftsregion Rheinisches Revier mit dem 3. Stern ausgezeichnet.
Das Rheinische Revier ist eine Vorzugsregion für Tiefengeothermie, prominent manifestiert in den Aachener Thermalquellen. Im Untergrund werden weitere Gesteinsschichten mit großen Mengen an heißem Thermalwasser erwartet; namentlich die Massen- und Riffkalke des Devons und des Unterkarbons, also rund 350 Millionen Jahre alte Kalkgesteine. Neben dem Bau des Technikums auf dem Kraftwerksgelände wird der nächste konkrete Schritt eine bis zu 1500 Meter tiefe Erkundungsbohrung im nächsten Jahr sein, die die Partner im Rahmen des EU-Projekts DGE-ROLLOUT abteufen, wie es in der Fachsprache heißt; DGE steht für Deep Geothermal Energy. Die Bohrung bildet mit der geophysikalischen Oberflächenstation das Observatorium zur Überwachung des Untergrundes.
In noch zu planenden Schritten wird eine detaillierte, dreidimensionale, wissenschaftliche Vermessung des Untergrundes und darauf aufbauend eine Tiefenbohrung von bis zu 4000 Meter Länge unter dem Kraftwerk angestrebt, die im Erfolgsfall warmes Thermalwasser fördert und in das regionale Fernwärmenetz einspeist. Zielsetzung ist eine Verbreitung tiefengeothermischer Projekte in Nordwest-Deutschland / Europa. Gleichzeitig soll die Einrichtung als Aus- und Weiterbildungszentrum für geothermale Technologie dienen.
Forschungsthemen sollen alle Aspekte geothermaler Anlagentechnik sein: von hochtemperaturfähigen Bohrlochpumpen über marktfähige Prozesse zur Strom-, Wärme- und Kälteerzeugung bis hin zu Betriebsstrategien. Außerdem werden Verfahren zur stofflichen und zur Wärmespeicherung entwickelt.