Die Konzernchefs Birnbaum und Krebber präsentieren ein Strategiepapier und fordern einen „Neustart“ für die Energiewende. Sie wenden sich gegen eine „administrative Bevormundung“.
Neustart für die Energiewende?Eon und RWE schmieden Lobby-Bündnis

Windräder und Überlandleitungen: Der Ausbau der Netze ist notwendig, doch die Umsetzung sorgt für Diskussionen.
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Es ist ein bemerkenswertes Bündnis der beiden größten deutsche Energiekonzerne: Kurz vor dem Start einer neuen Bundesregierung fordern die Vorstandschefs von Eon und RWE, Leonhard Birnbaum und Markus Krebber, einen Richtungswechsel in der Energiepolitik. In einem neunseitigen „Strategiepapier“ wenden sich die Manager unter anderem gegen eine „administrative Bevormundung“ und ein „überkomplexes Regelwerk“ auf dem deutschen Energiemarkt. „Die Energiewende braucht einen Neustart“, schreiben Birnbaum und Krebber.
Das Papier der beiden Essener Energiekonzerne liest sich wie eine Abrechnung mit dem scheidenden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, ohne dass der Grünen-Politiker erwähnt wird. In den vergangenen Jahren sei die Energiewende durch „Planverliebtheit“ gekennzeichnet gewesen, heißt es in dem Text von Eon und RWE. Und weiter: „Statt wie beim Gebäudeenergiegesetz Misstrauen zum Ausgangspunkt legislatorischer Arbeit der Ministerialbürokratie zu machen, muss Regierungshandeln zukünftig den Mut aufbringen, mehr Freiräume in der Anwendung zu gewähren.“
Birnbaum und Krebber kritisieren den Umbau des deutschen Energiesystems als viel zu teuer. „Die langfristigen Klimaschutzziele sollten nicht infrage gestellt werden“, heißt es in ihrem Strategiepapier. Dies gelte insbesondere für das Ziel der Europäischen Union, im Jahr 2050 klimaneutral sein zu wollen. Entscheidend sei allerdings, das Ziel „möglichst kosteneffizient“ zu erreichen, fordern Eon und RWE.
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Die beiden Chefs der größten deutschen Energiekonzerne warnen in diesem Zusammenhang vor einer „Überdimensionierung des Gesamtsystems und der Netze“. Daher müsse auch überprüft werden, ob der momentan prognostizierte Anstieg der Stromnachfrage in Deutschland realistisch sei, mahnen Birnbaum und Krebber. Bevor „teure Netzausbauentscheidungen“ getroffen werden, „die im Nachhinein vermeidbar gewesen wären“, sollten diese „kritisch hinterfragt“ werden.
„Ein solcher bedarfsgerechter Ausbau könnte den Stromkunden allein in den nächsten zehn Jahren schnell dreistellige Milliardensummen ersparen“, heißt es in dem Strategiepapier von Eon und RWE. Der Strombedarf werde schließlich von der Geschwindigkeit der Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors sowie der Industrie abhängen. „Wenn wir es geschickt anpacken, dann können wir richtig viel Geld einsparen bei der Energiewende“, sagt Eon-Chef Birnbaum im FAS-Interview.
Krebber: Energiewende so günstig wie möglich machen
Und Krebber fügt hinzu: „Uns geht es darum, die Energiewende so günstig wie möglich zu machen.“ Die Energiekosten sind ein wichtiges Thema im zurückliegenden Bundestagswahlkampf gewesen. CDU-Chef Friedrich Merz betonte, er wolle „eine andere Energiepolitik in Deutschland“.
Der Essener Energieversorger Eon betreibt bundesweit das größte Stromverteilnetz. Der Konzernnachbar RWE ist der wichtigste Stromerzeuger. RWE verfügt zudem über eine große Beteiligung an Eon.
Der RWE-Konzern wird von den Wettbewerbshütern des Bundeskartellamts aufgrund seiner Marktmacht in der Stromerzeugung seit geraumer Zeit kritisch beäugt. Im Frühjahr 2018 hatten sich die damaligen Chefs von Eon und RWE, Johannes Teyssen und Rolf Martin Schmitz, auf eine weitreichende Neuaufteilung der Geschäfte ihrer Konzerne geeinigt.
Eon und RWE fordern in ihrem Strategiepapier, in Zukunft sollten Grünstrom-Anlagen vorrangig dort gebaut werden, wo sie die geringsten Zusatzkosten insbesondere bei der Energieinfrastruktur verursachen. Die Ausbauziele für Windräder auf hoher See – unter anderen in der Nordsee – seien derzeit zu hoch, urteilen die Unternehmen. Die Essener Energiekonzerne fordern auch, Entwickler von Windanlagen auf See sollten künftig einen Baukostenzuschuss für einen Netzanschluss bezahlen. Bei neuen Energienetzen an Land sollten anstelle von Erdkabeln in Zukunft Überlandleitungen zum Einsatz kommen, um schneller und kostengünstiger bauen zu können. Unlängst war bekannt geworden, dass RWE einen Verkauf seiner Anteile am Dortmunder Stromnetzbetreiber Amprion erwägt.
Auch die Pläne für die Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland sollten nach Einschätzung der Chefs von Eon und RWE einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Der Wasserstoff-Hochlauf entwickle sich „weniger dynamisch“, als nach dem russischen Angriff auf die Ukraine erwartet worden sei, heißt es in dem Strategiepapier.