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IHK-Köln-Studie„Es ist Viertel nach zwölf“ – Unternehmen in der Region in der Krise

Lesezeit 4 Minuten
Die Bauindustrie in der Region ist besonders pessimistisch in Bezug auf die Geschäfte im laufenden Jahr

Es gibt weniger Baustellenschilder an den Straßen. Projekte werden etwa wegen höherer Finanzierungskosten aufgegeben. Entsprechend pessimistisch zeigt sich die Branche.

„Es ist Viertel nach zwölf“, schreibt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln über ihren aktuellen Konjunkturbericht. Im Vergleich zum Herbst tritt die Wirtschaft auf der Stelle. Die Lage hat sich leicht verbessert, die Erwartungen wurden aber weiter zurückgeschraubt.

Die Wirtschaft ist laut IHK Köln weiter in der Krise. Das zeige die aktuelle Konjunkturumfrage der Kammer, die Mitte Dezember bis Mitte Januar durchgeführt wurde. 700 Unternehmen aus dem Kammerbezirk haben sich beteiligt. „Besonders die Industrieunternehmen stehen zunehmend mit dem Rücken zu Wand, die Auslastung ihrer Produktionsanlagen sinkt immer weiter,“ so Nicole Grünewald, Präsidentin der IHK Köln. Die Kammer habe das Gefühl, dass die Politik nicht erkenne, wie ernst die Lage ist, so Grünewald weiter.

Die Lage der Wirtschaft

„Wir sind mitten in einer Wirtschaftskrise“, sagt Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein. 20 Prozent der Unternehmen würden angeben, mit Zahlungsengpässen zu kämpfen. Der Konjunkturklimaindikator, der, der sich aus Lageeinschätzungen und Zukunftserwartungen ergibt und so die Gesamtstimmung der Wirtschaft ausdrückt, liegt bei 89 Punkten. Im Vergleich um Herbst ist das eine minimale Verbesserung von 0,3 Punkten. Der Index liegt damit weit unter dem langjährigen Durchschnitt von 109,6 Punkten. Dabei weist ein Wert von 100 auf eine stagnierende Wirtschaft hin, Werte darunter auf ein Schrumpfen.

Rund 29 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre Lage als gut, rund 24 Prozent dagegen als schlecht. Der Saldo liegt bei 4,6 Punkten. Diese leicht positive Bewertung lässt sich laut IHK erster Linie auf die bessere Lage im Dienstleistungssektor zurückführen, wo der Saldo bei 17 Punkten liegt. Sowohl in der Industrie als auch im Handel wird die Lage hingegen im Saldo als negativ bewertet.

Gedämpfte Erwartungen

Die Unternehmen sind noch pessimistischer als im Herbst. Nur noch rund zehn Prozent der Unternehmen gehen von einer Verbesserung aus, rund 35 Prozent befürchten eine Verschlechterung in den kommenden Monaten. Das Saldo beträgt – 24,2 Punkte. Wirklich optimistisch ist keine Branche mehr. Selbst in der Informationswirtschaft liegt laut IHK der Erwartungsindikator nur im neutralen Bereich. Besonders negative Er wartungen gibt das Baugewerbe an. Der entsprechende Indikator liegt bei – 47,6 Punkten.

Die geschilderten Probleme sind groß. „Ein Dauerbrenner ist die überbordende Bürokratie“, sagte Vetterlein. Die Unternehmen könnten nicht schnell genug auf neue Herausforderungen reagieren. Weiteres ungelöstes Problem sei der Fachkräftemangel. Die Wirtschaft brauche mehr Arbeitskräfte, doch Mitarbeitenden aus dem Ausland anzustellen ist viel zu kompliziert, das betreffe sogar die Geflüchteten, die bereits bei uns in Deutschland sind, so Vetterlein. Grünewald weist darauf hin, dass sich die Industrie um sichere und bezahlbare Energie sorge. Man könne nicht aus allen sicheren Energieträgern gleichzeitig aussteigen – man müsse erst einmal eine Strategie haben, wie die Energie aus der Kohle durch Energie aus den Erneuerbaren realistisch ersetzt werden kann. „Wir haben eine Vertrauenskrise“, sagt Vetterlein.

Investitionen werden zurückgefahren

Die Unternehmen fahren laut der IHK Köln die Investitionen in Deutschland herunter. Sie investierten lieber iim Ausland. „Das bedeutet, dass sie nicht mehr an den Standort Deutschland glauben“, so Vetterlein. Vor allem in Europa investieren die Unternehmen nach der Umfrage. Nur 25 Prozent der Unternehmen gaben in der Umfrage an, höhere Investitionen zu planen. 35 Prozent werden nach eigenen Angaben ihre Investitionen in den kommenden zwölf Monaten reduzieren. Dabei gibt es laut Grünewald großen Bedarf wegen der anstehenden Transformation der Wirtschaft dramatisch.

Die schwache Konjunktur führt auch zu Bremsspuren am Arbeitsmarkt. Nur 15 Prozent der Unternehmen planen aktuell zusätzliche Stellen zu schaffen. Dagegen wollen 25 Prozent Personal abbauen werden. Zwischen den Branchen zeigen sich deutliche Unterschiede: In der Informationswirtschaft werden Stellen aufgebaut – in der Industrie fallen Stellen weg.

Die einzelnen Regionen

In Köln mit seinem starken Dienstleistungssektor ist die Geschäftslage etwas besser als im Durchschnitt. 31 Prozent der Unternehmen bewerten die aktuelle Lage als gut, 19 Prozent schlecht. Beim Blick in die Zukunft überwiegt aber der Pessimismus. Auch im Rhein-Erft-Kreis ist die Beurteilung der Geschäftslage überdurchschnittlich. 27 Prozent der Unternehmen bewerten die Lage als gut, 24 Prozent als schlecht. Aber nur acht Prozent der Unternehmen gehen von einer besseren Geschäftsentwicklung aus, 38 Prozent von einer schlechteren. Im Oberbergischen Kreis hat sich die Geschäftslage nicht verändert. 26 Prozent der Unternehmen melden eine gute, 31 Prozent eine schlechte Lage. Aber nur noch 10 Prozent der Unternehmen gehen von einer besseren Geschäftsentwicklung in 2024 aus, 44 Prozent von einer schlechteren. Am kritischsten sehen die Unternehmen im Rheinisch-Bergischen Kreis die aktuelle Lage. 23 Prozent bewerten die Situation als gut, 30 Prozent melden eine schlechte Lage. Auch die Erwartungen sind deutlich getrübt. Nur noch fünf Prozent der Betriebe rechnen mit einer positiven Entwicklung für das laufende Jahr. 42 Prozent mit einer schlechten.