Die IHK-Umfrage offenbart eine deutsche Wirtschaft in tiefer Krise, mit Bürokratie, Energieproblemen und steigenden Arbeitskosten als Hauptbelastungsfaktoren.
„Wirtschaft steckt in tiefer Krise“IHK-Umfrage zeigt Stimmungseinbruch bei den Unternehmen
„Die Deindustrialisierung ist längst im Gange“, sagte Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, am Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen zur aktuellen Konjunkturumfrage der Kammer. Die zeigt eine Wirtschaft im Stimmungstief. Sämtliche Indikatoren sind demnach noch tiefer ins Minus gerutscht.
Der Konjunkturklimaindikator, der die Situation zusammenfasst, ist um sieben Punkte auf 88,3 Punkte gesunken. Schlechtere Werte gab es nur während des Corona-Schocks 2020, so Vetterlein. Der langjährige Durchschnitt des Indikators liegt bei 107,8 Punkten. „Wir sitzen in einer ziemlich tiefen Krise“, so Vetterlein. Deutschland befände sich schon das zweite Jahr in Folge in der Rezession. Das Land habe ein Strukturproblem. Die Lage der Weltwirtschaft oder Konjunkturschwankungen taugten als Erklärungen nicht.
„Die Krise ist vor allem eine Krise der Industrie“, so Vetterlein. Bürokratische Fesseln, ungelöste Fragen bei der Energieversorgung und hohe Energiekosten, eine marode Infrastruktur, stark gestiegene Arbeitskosten und eine als industriefeindlich wahrgenommene Wirtschaftspolitik belasteten die Unternehmen.
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Müssten Anlagen ersetzt werden, geschehe das nicht in Deutschland. Hier würden die Anlagen vielmehr stillgelegt, in anderen Ländern würden neue errichtet. Die Nachbarländer hätten positive Wachstumsraten und würden Direktinvestitionen aus Deutschland anziehen, so Vetterlein.
Negativ betroffen sei auch der Handel, dem neben dem Online-Handel die schwächelnde Inlandsnachfrage zu schaffen mache. „Um aus dieser Krise zu kommen, brauchen wir wieder eine verlässliche Wirtschaftspolitik, die attraktive Rahmenbedingungen schafft und Vertrauen aufbaut“, so Vetterlein.
Die Lage
Rund 21 Prozent der Unternehmen nennen die aktuelle Geschäftslage gut, nach 24 Prozent in der Vorumfrage. Eine schlechte Lage geben 28 Prozent (Vorumfrage 23 Prozent) an. Daraus ergibt sich ein Saldo von minus 7,3 (plus 1. Der Indikator fällte um mehr als acht Punkte und liegt erstmals seit Corona wieder im negativen Bereich. „Die negativen Erwartungen der letzten Monate sind damit endgültig in der Geschäftslage vieler Unternehmen angekommen“, heißt es in der Studie.
Die Erwartungen
„Es gibt wenig Fantasie bei den Unternehmen, dass 2025 besser werden könnte“, so Vetterlein. Nur jedes zehnte Unternehmen geht nach der Studie von einer Verbesserung der Situation in den nächsten Monaten aus, 27 Prozent befürchten eine weitere Verschlechterung. Damit bleibt der Erwartungsindikator mit minus 16 Punkten (minus 10) im negativen Bereich.
Das hat Folgen. Die Investitionsneigung sinkt. 26 (24) Prozent der befragten Unternehmen planen höhere Investitionen, 34 (31) Prozent niedrigere.
Auch der Beschäftigungsindikator ist weiter auf Talfahrt. Er liegt jetzt bei minus 12 nach minus 9 bei der Vorumfrage im Frühjahr. Es gebe einen Personalabbau trotz des Fachkräftemangels, so Vetterlein. Die Unternehmen könnten die Mitarbeiter schlicht nicht mehr bezahlen. Ungelernte verlören deshalb ihre Jobs.
Die Finanzlage
47 Prozent der Unternehmen sprechen laut der Umfrage von Problemen bei der Finanzierung, jedes fünfte Unternehmen hat demnach mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. „Ein Anstieg der Insolvenzen im IHK-Bezirk Köln um 20 Prozent im ersten Halbjahr zeigt, dass die Krise inzwischen immer mehr Existenzen bedroht“, so Vetterlein.
Die Region
In Köln hat sich die Lage der Unternehmen etwas verschlechtert, bleibt aber minimal im positiven Bereich. Hier gibt es viele Dienstleister wie Banken und Versicherungen, denen es vergleichsweise gut geht. Deutlich verschlechtert hat sich die Lage der Unternehmen im Rheinisch-Bergischen sowie im Rhein-Erft-Kreis, weiter leicht verschlechtert im Oberbergischen Kreis. Hier liegt der Lage-Indikator deutlich im negativen Bereich.
Befragt wurden vom 2. bis zum 20. September 2400 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk. In die Auswertung gingen Antworten von 677 Unternehmen ein.