Viele offene FragenWie es nun mit dem Impfstoff von Biontech und Pfizer weitergeht
Köln – Das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmahersteller Pfizer haben am Montag das erste Zwischenergebnis ihrer Impfstoff-Prüfung veröffentlicht. Die ersten Auswertungen scheinen vielversprechend, doch viele Fragen bleiben offen. Was ist bekannt über die Studie und die Ergebnisse? Was ist noch unklar? Ein Überblick.
In welcher Phase befindet sich die Entwicklung des Impfstoffes?
Die klinische Zulassungs-Studie des Impfstoffs BNT162b2 befindet sich seit Juli in der dritten und letzten Phase. Seitdem sind 43 500 Probanden Teil der Studie. Eine Hälfte bekommt den neuen Impfstoff verabreicht, die andere ein wirkungsloses Placebo. Die Impfung erfolgt in zwei Schritten im Abstand von drei Wochen. Um die Wirkung des Impfstoffes zu beurteilen, wird die Zahl der Covid-Erkrankungen bei den Geimpften mit der Zahl der Erkrankungen in der Placebogruppe verglichen.
Was für Ergebnisse sind bereits bekannt?
Laut Hersteller Biontech und Pfizer bietet der Impfstoff einen 90-prozentigen Schutz vor Covid-19. Bei den rund 43 500 Probanden traten insgesamt 94 symptomatische Covid-19-Erkrankungen auf. Fast alle Erkrankungen traten dabei bei den Probanden auf, die das wirkungslose Placebo verabreicht bekamen. Symptomlose Infektionen erfasst die Untersuchung nicht. Sicherheitsrelevante Nebenwirkungen gäbe es laut des Unternehmens nicht. Der Schutz soll 28 Tage nach der Impfung erreicht sein.
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Was bedeuten die Ergebnisse?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte eine Wirksamkeit von mindestens 50 Prozent als Zielwert für eine mögliche Zulassung empfohlen. Auch die US-Arzneimittelbehörde FDA stuft Impfstoffe als effektiv ein, die 50 Prozent der Erkrankungen verhindern. Der Wert für die Grippeschutzimpfung liegt beispielsweise nur knapp über diesem Richtwert. Experten hatten für eine Impfung gegen Covid-19 auf eine Wirksamkeit von über 70 Prozent gehofft. Ein 90-prozentiger Schutz wäre also ein großer Erfolg. Noch steht aber der Konjunktiv vor dem Erfolg. Denn der Wert beruht lediglich auf der Mitteilung des Unternehmens. Die genauen Daten hat Biontech noch nicht veröffentlicht. Das wäre nötig, damit Experten die Studie bewerten können.
Was für Kritikpunkte gibt es?
Ohne genaue Daten bleiben viele Fragen offen. Etwa, wie die Fallzahlen in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen verteilt sind. Ohne diese Daten ist es unmöglich zu beurteilen, ob der Impfstoff etwa in Risikogruppen genauso effektiv ist wie bei anderen Bevölkerungsgruppen. Unter anderem merkten Kritiker an, dass Testpersonen mit eher milderen Symptomen als gleichwertige Fälle gezählt wurden. Ob der Impfstoff schwere Krankheitsverläufe ebenso gut vorbeugt wie leichte Symptome, ist nicht klar. Unklar ist zudem, inwieweit der Impfstoff auch symptomlose Infektionen verhindert. Das erschwert die Beurteilung, ob der Impfstoff nur individuell schützen kann, oder die Infektionswelle tatsächlich eindämmen kann. Auch eine Einschätzung zur Dauer des Impfschutzes ist noch nicht möglich.
Sind 94 Fälle genug, um die Wirkung zu bewerten?
Generell lässt sich für wissenschaftliche Studien sagen: Je geringer die Zahl der Probanden, desto größeren Einfluss hat der Zufall auf das Ergebnis. Auf der anderen Seite gilt jedoch: Je wirksamer ein Impfstoff ist, desto schneller kann eine Studie dies auch sichtbar machen – auch mit noch geringen Fallzahlen. Biontech teilte mit: „Während der noch fortlaufenden Studie kann es zu Schwankungen beim Wert für die Impfstoff-Wirksamkeit kommen.“ Dass der Wirkstoff aber deutlich weniger wirksam ist, als es das Unternehmen behauptet, gilt als unwahrscheinlich.
Wie geht es weiter?
Die Firmen Pfizer und Biontech schließen die Studie laut ihrem Studien-Protokoll ab, nachdem bei den Probanden 164 symptomatische Corona-Fälle aufgetreten sind – höchstens 53 davon unter den Geimpften. Bereits in der kommenden Woche wollen die Unternehmen einen Zulassungs-Antrag des Impfstoffes in den USA stellen. Parallel läuft ein Verfahren für die EU. Wann der Impfstoff verfügbar sein wird, ist offen. Experten gehen davon aus, dass es im ersten Quartal 2021 soweit sein könnte.